Auswirkungen der Corona-Krise
Unfälle sind das zweithöchste Todesrisiko für Kinder

Klein- und Vorschulkinder gelten als sogenannte `Weltentdecker. Die Anzahl der im Haushalt entstandenen Verletzungen bei Kindern unter sechs Jahren stieg 2020 deutlich an. | Foto: ÖRK /Jork Weismann
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  • Klein- und Vorschulkinder gelten als sogenannte `Weltentdecker. Die Anzahl der im Haushalt entstandenen Verletzungen bei Kindern unter sechs Jahren stieg 2020 deutlich an.
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Nach Krebserkrankungen sind Unfälle das zweithöchste Todesrisiko für Kinder. Wie sich die verordneten Ausgangsbeschränkungen 2020 auf Kinderunfälle ausgewirkt haben, untersuchten das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) und das Klinikum Donaustadt in Wien.

ÖSTERREICH. Während grundsätzlich die Zahl der behandelten Unfälle im Krankenhaus zurück ging, ist der Anteil der schweren Verletzungen ähnlich wie in den Jahren zuvor als sehr hoch einzustufen. Mehr Kopfverletzungen, Verbrühungen und verschluckte Fremdkörper gehören zu den Verletzungsarten. So zeigt sich, dass sich der Anteil der Kopfverletzungen an den Unfallverletzungen von 44 Prozent im Jahr 2019 auf 55 Prozent im März und April 2020 erhöht (+27 Prozent ) hat (bei Mädchen betrug die Steigerung sogar 47 Prozent).

Laut Untersuchung wurden in den beiden ersten Wochen des Lockdowns ab dem 16. März 2020 um 60 Prozent weniger Kinder nach einem Unfall behandelt als sonst. Darunter waren vor allem Kinder ab dem dritten Lebensjahr, bei Kleinkindern unter einem Jahr gab es kaum eine Veränderung. Im April stiegen die Zahlen wieder leicht an. Das habe sich im besonderem Maße aufgestaut. "Im Zuge der pandemiebezogenen Regelungen sind besonders bei den Vorschulkindern die Unfälle im Wohnbereich nummerisch in den Vordergrund getreten. Es ist bekannt, dass Klein- und Vorschulkinder als sogenannte `Weltentdecker` vermehrt im häuslichen Umfeld unfallgefährdet sind. Neben der natürlichen hohen Neugier, gepaart mit ungenügender oder keiner Erfahrung, spielt der große Bewegungsdrang eine wesentliche Rolle", analysiert Alexander Rokitansky, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendchirurgie am Klinikum Donaustadt.

Dass Familien mit leichten Verletzungen weniger oft ins Spital kamen, hänge damit zusammen, dass viele Eltern aus Angst vor Ansteckungen zugewartet oder problematischerweise gar Laienbehandlungen an ihren Kindern durchgeführt hätten, vermutet Rokitansky.

Mediziner zeigten sich erschrocken über die mangelhafte Erstversorgung durch die Eltern. So wurden kleine Patienten ins Krankenhaus gebracht, deren Wunden mit Kaffeesud, Zahnpasta, Tabak oder Henna versucht wurden zu versorgen.  | Foto: Landjugend Salzburg
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Unfallrisiken nach Ausgehbeschränkungen 

Der Mediziner empfiehlt im Sinne der Unfallverhütung jetzt Herdschutzgitter, Tür- und Fenstersicherungen zu installieren, kleine Gegenstände nur im höheren unerreichbaren Bereich zu platzieren und das Wegräumen von kleinen Batterien und Magneten. Wichtig sei auch, sich gerade gegen Ende der Ausgangsbeschränkungen mit drohenden Unfallrisiken für Kinder auseinanderzusetzen: „Mit dem Ende der pandemie-bezogenen Ausgangsbeschränkungen besteht die Gefahr eines ungestümen Auslebens des Bewegungsdranges. Die sportliche Betätigung wird dann gerne mit besonderem Elan angegangen und das mit mangelnder Übung, die durch das wochenlange bewegungseingeschränkte Leben eingetreten ist. Hier ist die besonders intensive Aufsicht der Bezugspersonen über einen Zeitraum von etwa 4 Wochen nach dem „lock down“ gefragt". Hier gilt es beispielsweise beim Dreirad, Roller oder Fahrrad auf große weiche Endplatten der Lenkergriffe zu achten.

Kaffeesud, Zahnpasta und Henna

Zwischen 2015 bis 2019 sind mehr als eine halbe Million Kinder verunfallt und 105 daran gestorben, sagte KFV-Obmann, Othmar Thann. Neben Krankheiten wie Krebs würden Unfälle zu den größten Gesundheitsrisiken für Kinder zählen. Dennoch fühle sich niemand auf Bundes- oder Landesebene zuständig, Kinderunfälle in den Griff zu bekommen. "In den letzten zehn Jahren wurde nichts Konkretes dagegen unternommen. Unfälle sind kein Naturgesetz, sie sind vermeidbar", sagte Thann. In Sachen Erste Hilfe Ausbildung brauche es ebenfalls Nachholbedarf. So berichtet der KFV-Obmann von Eltern, die ihre verunfallten Kinder mit Kaffeesud, Zahnpasta, Tabak oder Henna behandelt haben, bevor sie ein Krankenhaus aufsuchten.

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