Neue Vorwürfe
Wirbel um Rainer Seele vor OMV-Hauptversammlung

Am Freitag wird darüber entschieden, ob Ex-OMV-Chef Rainer Seele aufgrund milliardenschwerer Russland-Verluste entlastet werden soll. | Foto: OMV
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Der Kleinanlegerverband hat angekündigt, Ex-OMV-Chef Rainer Seele wegen der milliardenschweren Russland-Verluste die Entlastung bei der Hauptversammlung am Freitag zu verweigern. Spannend bleibt, wie die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) abstimmen wird.

ÖSTERREICH. Seele steht in der Kritik, weil er in den Jahren 2015 bis 2021 als damaliger OMV-Chef ganz auf Russland für Gaslieferungen gesetzt hatte und Vorschläge seiner Vorgänge die Bezugsquellen zu diversifizieren nicht beachtete. 80 Prozent des in Österreich genutzten Gas kommen aus Russland.

IVA gegen Seeles Entlastung

Der Interessenverband für Anleger (IVA) will auf der kommenden Hauptversammlung des Wiener Öl-, Gas- und Chemiekonzerns gegen die Entlastung des Managers stimmen, wie der Aktionärsvertreter am Dienstag mitteilte. „Einige Seele-Aktionen waren in der roten Zone. Erst jetzt erkennt man die Tragweite. Hier muss für Transparenz gesorgt werden – wenn nötig mit einer Sonderprüfung oder einer Strafanzeige“, so IVA-Chef Florian Beckermann und fügte hinzu, dass dabei die Unschuldsvermutung gelte. Eine öffentliche Reaktion von Seele auf die Vorwürfe gibt es nicht.

Fehlende Ausstiegsklausel

Mehrere Punkte stehen in der Kritik: Unter die Verantwortung des Ex-OMV-Chefs würden etwa die Milliardenabschreibungen aus dem Pipelineprojekt „Nord Stream 2“ sowie einem russischen Gasfeld fallen. Zudem fordert der IVA die Prüfung der „jahrzehntelangen Gaslieferverträge mit Russland ohne Ausstiegsklausel“ sowie ein Sponsoring für den russischen Fußballclub Zenit St. Petersburg in der Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro. Auf Anfrage von Reuters sagte Beckermann: 

„Die genannten Verträge sind ex post zu untersuchen. Hier geht es uns im Wesentlichen darum, angesichts der geopolitischen Änderungen und Zweifel an der Compliance absolute Klarheit über das korrekte Zustandekommen dieser Verträge zu gewinnen.“

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Zwei Milliarden Euro an Belastungen

Insgesamt musste die OMV Belastungen von zwei Milliarden Euro verkraften. Diese Russland-Abschreibungen fallen in das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Eine Milliarde als Folge der gescheiterten „Nord Stream 2“, bei dem die OMV als Finanzpartner beteiligt war. Eine weitere Milliarde an Belastungen aus einer Teilhabe am russischen Gasfeld Juschno Russkoje.

Brisante "Dossier"-Recherche

Laut Recherchen des Magazins "Dossier" gab es eine millionenschwere Sondervereinbarung mit dem ehemaligen Chef der Compliance, Robert Eichler, die Vorstand und Aufsichtsrat verschwiegen worden sein soll. Beckermann sprach von einem „schwerwiegenden Verdacht“, der „dringend aufgeklärt“ werden müsse. Am Tag vor der Hauptversammlung publizierte „Dossier“, welches Seele in der Vergangenheit wiederholt kritisierte, neue Vorwürfe.

Die Unternehmensrechtlerin Susanne Kalss, die in einem Rechtsgutachten vom 8. Juli 2021 an Seeles Arbeit nichts auszusetzen hatte, teilte dem „Dossier“ mit: „Das Gutachten würde ich sofort zurückziehen, wenn die OMV AG mich fragen würde.“ Auch der Arbeitsrechtler Franz Marhold würde Seele keine Rückendeckung mehr geben: „Bei den gesellschaftsrechtlichen Folgerungen und der weiteren Vorgangsweise schließe ich mich Frau Professor Kalss an“, sagte er dem „Dossier“.

Recherchen des Magazin "Dossier" deckten millionenschwere Sondervereinbarung mit dem ehemaligen Chef der Compliance, Robert Eichler, auf. | Foto:  Weingartner-Foto / picturedesk.com
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Kalss sieht Sorgfaltspflicht als verletzt

Im Nachhinein fühle sich WU-Professorin Kalss "instrumentalisiert und missbraucht", offenbarte sie "Dossier". Sie habe darauf vertraut, dass ihr sämtliche für die Beurteilung der Rechtsfrage maßgeblichen Informationen übermittelt werden. „Ich fühle mich getäuscht.“ Sonst wäre sie nach eigenen Angaben in ihrem Gutachten zu einem anderen Ergebnis gekommen. Klare Worte von Kalss zu Seele folgten:

„Mit dem heutigen Wissen und Kenntnisstand würde ich sagen, dass der damalige Vorstandsvorsitzende seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Da sind die Grenzen des Aktienrechts überschritten worden.“

ÖBAG-Vorstandsdirektorin Edith Hlawati wollte dem „Dossier“ gegenüber nicht auf den Inhalt der Vorwürfe eingehen. „Ich habe Vertrauen in die bisherige Arbeit des Aufsichtsrates, der eine Prüfung eingeleitet hat“, so Hlawati laut „Dossier“. Diese Prüfung laufe aktuell noch. Von der OMV gebe es derzeit auch noch keine Stellung.

ÖBAG-Chefin bald Teil des Aufsichtsrats?

Die Aktionärsversammlung tagt am Freitag in virtueller Form. Auf der Agenda stehen auch Wahlen in den Aufsichtsrat. Unter anderem soll ÖBAG-Chefin Hlawati in das Kontrollgremium einziehen. Die ÖBAG verwaltet die Staatsbeteiligung an der OMV von 31,5 Prozent.

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