Erneut Aktionsplan gefordert
1.302 Fälle von Rassismus 2023 gemeldet

1.302 rassistische Vorfälle gingen 2023 bei der Anti-Rassismus-Beratungsstellte (ZARA), wobei die Rückläufigkeit mit Vorsicht zu betrachten ist. Zahlreiche Proteste richteten sich gegen Rechtsextreme und Rassismus. | Foto: 6044247
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  • 1.302 rassistische Vorfälle gingen 2023 bei der Anti-Rassismus-Beratungsstellte (ZARA), wobei die Rückläufigkeit mit Vorsicht zu betrachten ist. Zahlreiche Proteste richteten sich gegen Rechtsextreme und Rassismus.
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1.302 rassistische Vorfälle wurden der Anti-Rassismus-Beratungsstellte (ZARA) im Jahr 2023 gemeldet. Das sind fast 200 weniger als im Vorjahr, liege aber auch daran, dass man so überlastet sei, dass die Stelle mehrere Wochen geschlossen werden musste. Zu dieser Zeit werde dann auch weniger gemeldet, betont ZARA-Geschäftsführerin Rita Isiba.

ÖSTERREICH. Die Dunkelziffer dürfte also weit höher als 1.302 Fälle sein. Daher wurde unter anderem erneut ein nationaler Aktionsplan gefordert. Im grün-türkisen Regierungsprogramm ist dieser sogar vorgesehen. Wie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) deutlich machte, werde sich die Umsetzung vor den Wahlen im Herbst aber nicht mehr ausgehen. Man habe aber ein paar Projekte umgesetzt und "einiges auf den Weg gebracht", so der Minister. ZARA erhoffe sich zumindest Unterstützung von Privatpersonen und Unternehmen zu bekommen, "Wenn wir schon nicht die Unterstützung aus der Politik haben", so Isiba.

Zeugen melden öfter als Betroffene

Für Isiba mache der Bericht einmal mehr deutlich, "wie tief verwurzelt Rassismus in vielen Lebensbereichen in Österreich noch ist". Den größten Aufholbedarf gebe es im Bildungssystem, Gesundheitssystem und bei Begegnungen mit der Polizei. ZARA beriet in 1.708 Meldungen von Rassismus persönlich. 702 Mal mussten rechtliche Maßnahmen und andere Interventionen in die Wege geleitet werden. 

In 78 Prozent der Fälle meldeten Augenzeuginnen oder Augenzeugen die Vorfälle, aber auch Betroffene wenden sich immer wieder an die Beratungsstelle. Die meisten Fälle finden mit 58 Prozent im Internet statt. Viele Meldungen würden aber gar nicht so klar in die Offline- oder Online-Welt passen bzw. überschneiden sich. So etwa die Meldung einer Schwarzen Frau und Mutter, die von einer Online-Dating-Bekanntschaft rassistisch und sexistisch beleidigt und bedroht wurde. Nachdem die Frau ein zweites Date abgelehnt hatte, bombardierte der Online-Kontakt sie mit Nachrichten und drohte etwa mit einem sexuellen Übergriff auf ihre Tochter. Da die beiden die einzigen Schwarzen Personen in einem überschaubaren Dorf waren, wendete sich die Betroffene wegen einer realen Gefahr an ZARA. 

Der Übergang zwischen Rassismus in der Offline-Welt und in der Online-Welt ist oft fließend. | Foto: Symbolfoto: Pixabay
  • Der Übergang zwischen Rassismus in der Offline-Welt und in der Online-Welt ist oft fließend.
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Formale Meldungen von Polizeigewalt selten

Knapp 16 Prozent der Vorfälle ereignen sich im öffentlichen Raum, elf Prozent "Güter und Dienstleistungen", 8,4 Prozent in staatlichen Behörden und Institutionen, 4,5 Prozent bei der Polizei, 1,6 Prozent in Politik und Medien und 0,4 Prozent aus der Arbeitswelt. Die aus der Arbeitswelt vorliegenden Meldungen dürften geringer als in der Realität sein, da diese in der Regel bei der Arbeiterkammer oder Gleichbehandlungsanwaltschaft eingebracht werden. In nur vier von 58 Fällen von rassistischer Polizeigewalt wurden formale Beschwerden eingereicht.

Seit Jänner arbeitet die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibedienstete. Wegen der noch kurzen Laufzeit könne man hierzu noch nicht viel sagen. Ihre Existenz sei ein "wichtiger Schritt", auch wenn es immer wieder Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit gab.

Über die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibedienstete gebe es noch keine Daten, dennoch wurde die Unabhängigkeit regelmäßig angezweifelt. | Foto: BRS
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Ressourcen und Aktionsplan fehlen

Es brauche vor allem intensive Beratung, wobei der Bedarf die Ressourcen klar übersteigt, weiß Leiterin der Beratungsstellen, Fiorentina Azizi-Hacker: "Es wird nicht so viel gemeldet, wenn die ZARA-Beratungsstelle acht Wochen schließen muss, um die vorliegenden Meldungen zu bearbeiten." Dadurch lasse sich auch der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, als 1.479 Meldungen einginge, erklären. "Um wirklich etwas gegen Rassismus zu tun, müssen unsere Ressourcen aufgestockt werden. Wir sind auf Förderungen und Spenden angewiesen", so Isiba.

Zum noch ausstehenden Aktionsplan gegen Rassismus ließ Rauch auf APA-Nachfrage auch wissen, dass man sich von ÖVP-Integrations- und Frauenministerin Susanne Raab "bei der Erstellung und Koordinierung deutlich mehr Tempo" wünsche. Die Ressorts in Händen der Grünen hätten "ihre Hausaufgaben gemacht und in ihren Verantwortungsbereichen bereits wichtige Maßnahmen gesetzt". Nun sei die ÖVP am Zug.

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