Doch kein Aus für das Amtsgeheimnis?
Allermeisten Gemeinden ausgenommen

Ein Arbeitsentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz sorgt für Kritik. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wollte diesen aber vorerst nicht kommentieren. | Foto: Florian Schrötter/bka
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  • Ein Arbeitsentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz sorgt für Kritik. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wollte diesen aber vorerst nicht kommentieren.
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Das sogenannte Informationsfreiheitsgesetz sollte das Amtsgeheimnis abschaffen und Gemeinden dazu verpflichten, bestimmte Informationen mit den Bürgerinnen und Bürgern zu teilen. Allerdings: Ein nun publik gewordener Arbeitsentwurf für das Gesetz sieht vor, dass die allermeisten Gemeinden von der Informationspflicht ausgenommen sind. "Mogelpackung", heißt es von Kritikern: Mit einem solchen Gesetz würde Österreich weiter Schlusslicht beim Thema Transparenz bleiben.

ÖSTERREICH. Was der Bürgermeister einer Gemeinde vor hat, sollen auch die ansässigen Bewohnerinnen und Bewohner wissen – etwa wenn es um umstrittene Bauprojekte geht. Das sogenannte Informationsfreiheitsgesetz – vor mehr als zweieinhalb von der türkis-grünen Bundesregierung angekündigt – sollte für eine solche Transparenz sorgen. Damit sollten die Gemeinden verpflichtet werden, gewisse Informationen mit den Bürgerinnen und Bürgern zu teilen.

Das Vorhaben stieß allerdings von Anfang an auf heftigen Widerstand aus Ländern und Gemeinden. Zu wenig Personal und zu viel Verwaltungsaufwand, hieß es dort. Eine Umsetzung gegen den Widerstand der eigenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist gerade für die ÖVP schwierig. Diese Tatsache hat nun offenbar zu einem fragwürdigen Kompromiss geführt. Ein neuer Entwurf sieht nämlich vor, dass die allermeisten Gemeinden von der Informationspflicht ausgenommen sind, wie das "Ö1-Morgenjournal" am Mittwoch berichtete.

2.006 Gemeinden ausgenommen

Demnach heißt es in einem Arbeitsentwurf zum Gesetz (Stand Juni 2023): "Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sind nicht zur Veröffentlichung verpflichtet. Sie können solche Informationen nach Maßgabe dieser Bestimmungen veröffentlichen." Das würde bedeutet, 2.006 Gemeinden mit mehr als 4,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wären von der Informationspflicht ausgenommen. Übrig blieben lediglich 87 Gemeinden, die alle für die Öffentlichkeit relevanten Informationen von sich aus veröffentlichen müssten.

Kritik an Entwurf: "Muss für alle Gemeinden gelten" 

Für Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit ist klar: Die Veröffentlichungspflicht – von Aufträgen bis zu Gutachten – muss für alle Gemeinden gelten. Von der Einwohnergrenze hält er nichts: "Signifikante Teile der Bevölkerung könnten auf lokaler Ebene die Entscheidungsträger damit schlechter kontrollieren, als das dann in größeren Städten möglich wäre, und hätten weniger Zugang zu Informationen." Damit würde Österreich weiter Schlusslicht beim Thema Transparenz bleiben, meinte Huter gegenüber "Ö1".

Verfassungsjurist ortet "Mogelpackung"

Auch Heinz Mayer, Verfassungsjurist und Unterstützer des Antikorruptionsvolksbegehrens, sieht in dem Entwurf eine Augenauswischerei. "Das ist ein Zeichen, dass man eigentlich die Verschwiegenheit nicht abschaffen will. Das ist die heilige Kuh, und die will man pflegen, weil man offenbar sich damit sehr gut eingerichtet hat. Es ist für mich eigentlich ein Rückzugsgefecht."

Denn die meisten Gemeinden in Österreich sind eben sehr klein. Sogar wenn nur Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern ausgenommen wären, würde die Veröffentlichungspflicht für 1.819 Gemeinden nicht gelten. Mayer findet: Besser gar kein Informationsfreiheitsgesetz als eines mit so vielen Ausnahmen: "Es ist besser, man lässt das Thema liegen und gesteht sich ein: 'Es geht nicht. Wir scheitern an diesem Thema.' Das wäre ehrlich. Aber das, was da jetzt probiert wird, das ist eine Mogelpackung nach der anderen."

Kein Kommentar von Verfassungsministerin

Im Büro von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wollte man den Arbeitsentwurf und die Grenze gegenüber dem ORF-Radio nicht kommentieren. Stattdessen wurde einmal mehr betont, dass die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ein "wahrer Paradigmenwechsel" sei – "und wie die Verfassungsministerin und der Vizekanzler ausgeführt haben, befindet man sich bei der Erarbeitung eines neuen Entwurfs in den letzten Zügen".

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