Frauenministerin Holzleitner
Aus für Steuer auf Verhütungsmittel ab 2026

Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner: Ein Nationaler Aktionsplan bedeutet, dass die unterschiedlichen Ministerien beteiligt sind, und es einen Schulterschluss der gesamten Regierung im Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gibt.  | Foto: Valentina Marinelic
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Die SPÖ-Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner will mit verschiedenen Maßnahmen den Schutz von Frauen stärken, aber auch ihre Gleichstellung innerhalb der Gesellschaft fördern. Wie das geschehen soll, erklärte sie im Gespräch mit MeinBezirk.

ÖSTERREICH. Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen (NAP) setzt Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner auf einen ressortübergreifenden Schulterschluss der Bundesregierung mit konkreten Maßnahmen wie einem Verbot unaufgeforderter Penisbilder, mehr Schutz bei Femizid-Gefahr, Aufklärung zu KO-Tropfen und einer besseren Datenlage. Zudem sind Schritte zur Gleichstellung geplant – etwa steuerfreie Verhütungsmittel ab 2026, gerechtere Aufteilung der Sorgearbeit, Förderung von Frauen in MINT-Berufen und der Ausbau der Gendermedizin. 

MeinBezirk: Mit dem Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen (NAP) soll ein Schulterschluss der Bundesregierung mit Wissenschaft und NGO sein. Künftig wird es etwa verboten sein, Penis-Bilder unaufgefordert zu versenden. In Deutschland kostet das 12.500 Euro, wie ein Urteil kürzlich zeigte. Wie teuer wird es bei uns sein?
Eva-Maria Holzleitner: Über den Dick-Pic-Paragraphen wird schon lange diskutiert. Ein entsprechender Vorschlag mit einem Rahmen von bis zu einem halben Jahr Strafe oder 360 Tagsätze wurde jetzt zur Begutachtung ans Parlament geschickt. Es braucht eine klare gesetzliche Grundlage, die wir nun geschaffen haben.

Sind im NAP auch Maßnahmen gegen Femizide vorgesehen?
Im Regierungsprogramm ist lediglich von „verbesserter statistischer Erfassung und Prävention von Hassverbrechen und Femiziden“ die Rede…

Ein Nationaler Aktionsplan bedeutet, dass die unterschiedlichen Ministerien beteiligt sind, und es einen Schulterschluss der gesamten Regierung im Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gibt. Nach dem Startschuss Ende April beginnen die Arbeitsgruppen zu arbeiten, in die alle Ministerien in unterschiedlichen Themengruppen eingebunden werden. Das beginnt in der Bildung, wo der zuständige Minister Wiederkehr im Präventionsbereich einiges verankern will, bis hin zur Prüfung einer elektronischen Fußfessel. Auch die Datenlage ist ein Thema. Im Regierungsprogramm haben wir uns darauf geeinigt, dass es eine klare Definition braucht, was ein Femizid ist und was nicht.

Sollen potenzielle Gewalttäter Fußfessel bekommen? Andere Länder haben dies schon umgesetzt…
In verschiedenen Ländern gibt es bereits Maßnahmen wie Fußfesseln und digitale Tracking-Systeme, um Gewaltprävention zu verbessern. In Spanien wird beispielsweise die Fußfessel eingesetzt, während in der Schweiz digitale Tracking-Monitore verwendet werden. In Österreich stehen wir im Austausch mit Gewaltschutzzentren, die eine umfassende Expertise in Bezug auf Hochrisikofälle haben. Gemeinsam wurde klargestellt, dass in besonders gefährlichen Fällen, in denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Täter das Opfer ermordet, eine Untersuchungshaft verhängt werden kann. Aktuell besteht also die Möglichkeit einer Wegweisung oder einer Untersuchungshaft. Die Lücke zwischen diesen beiden Maßnahmen soll die Überwachung via Fußfessel schließen. Diese ist also als zusätzliche Präventionsmaßnahme zu sehen.

Immer wieder werden Frauen ‚KO-Tropfen“ im Getränk verabreicht. Information ist hier besonders wichtig. Was plant die Regierung dafür zu tun?
Kampagnen und Informationsaktionen, wie die kürzlich gestartete Initiative in Wien, sind wesentliche Instrumente, um das Bewusstsein zu schärfen, besonders bei jungen Frauen. Ziel ist es, ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem Frauen ohne Sorgen feiern können. Die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und der Polizei spielt eine Schlüsselrolle, da diese als wichtige Partner im Aktutfall fungieren.

Soll die Wehrpflicht für Frauen eingeführt werden?
Hier ist die Antwort eindeutig: Nein. Aufgrund der bereits bestehenden Unterbrechungen im Lebenslauf von Frauen durch Karenzzeiten und Pflegearbeit wäre eine Wehrpflicht für Frauen eine weitere Lücke im Lebenslauf. Sie würde zu mehr, statt weniger Ungleichheit führen. Diese Ansicht wird auch von einer breiten politischen Mehrheit unterstützt.

Die jüngste Zeitverwendungsstudie zeigt, dass Männer trotz mehr Erwerbsarbeit von Frauen kaum mehr unbezahlte Sorgearbeit leisten als noch in den 1980er-Jahren. In keinem anderen EU-Land ist die Beteiligung der Väter an der Kleinkindbetreuung so gering wie in Österreich. Nur ein Prozent der Väter geht sechs Monate oder länger in Karenz. Jede zweite Frau arbeitet Teilzeit, sind die Kinder jünger als 15 Jahre, sind es sogar 70 Prozent. Werden Sie das ändern?
Wir sind in guter Abstimmung mit den Frauen- und Mädchenberatungsstellen, die in Österreich in jedem Bezirk verankert sind. Wir wollen im Rahmen von Projekten genau das Thema Mental Load ansprechen.

Sind bewusstseinsbildende Maßnahmen alles, was geplant ist?
Es gibt internationale Modelle wie die skandinavischen Länder, wo die Karenzzeit gesetzlich verpflichtend gleichberechtigt zwischen den Elternteilen aufgeteilt wird. Auch die Anerkennung und finanzielle Wertschätzung von Pflegearbeit und anderen unbezahlten Arbeiten sind zentrale Themen. Gerade in Krisenzeiten, in denen gespart werden muss, muss darauf geachtet werden, dass diese Last nur auf den Schultern der Frauen liegt. Unterstützungsmaßnahmen wie „Essen auf Rädern“ oder andere Pflegeangebote sollten weiterhin gefördert werden.

Reicht es aus, auf die niedrige Quote von Frauen in MINT-Fächern zu verweisen oder müsste die Frauenpolitik nicht auch viel aktiver gegen strukturelle Ungleichheiten in der Arbeitswelt und im Bildungssystem vorgehen?
Es braucht unbedingt beides. Frauen in Bereichen wie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) müssen stärker gefördert werden. Aber auch die Berufe, in denen Frauen bereits verstärkt tätig sind, wie in der Pflege und Elementarpädagogik, müssen entsprechend wertgeschätzt werden. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder Negativbeispiele gesehen, wie ein Algorithmus, der Mädchen die klassischen Frauenberufe vorgeschlagen hat und für die Ausbildung und Buben die klassischen Buben- oder Männerberufe. Wenn Frauen gleichberechtigt mit am Programmiertisch sitzen, kann so etwas nicht passieren. Ein Thema im Nationalen Aktionsplan soll auch Schutz von Frauen gegen Gewalt am Arbeitsplatz sein. Wir sehen, dass Frauen, die in MINT-Berufen bereits Fuß gefasst haben, teilweise wieder aus dem Job rausgehen, weil sie mit unterschiedlichen Diskriminierungen und strukturellen Problemen konfrontiert sind. Das müssen wir verhindern.

Holzleitner: Es gibt internationale Modelle wie die skandinavischen Länder, wo die Karenzzeit gesetzlich verpflichtend gleichberechtigt zwischen den Elternteilen aufgeteilt wird.  | Foto: Valentina Marinelic
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Es gibt ja eine Idee zur Einrichtung eines Gleichstellungsrats, der so ähnlich wie der Fiskalrat den Einfluss von Gesetz und Maßnahmen auf die Gleichberechtigung der Geschlechter in Österreich vorwärtsbringt. Wie schätzen Sie das ein?
Die Schaffung einer solchen Institution erachte ich als sinnvolle Maßnahme, um die Umsetzung von Gleichstellungszielen zu überwachen und voranzutreiben. Wir sind mit den Initiatorinnen im Austausch, weil ich ihre Expertise sehr schätze.

Sie sind auch Wissenschaftsministerin. Als solche haben Sie US-Forschern Österreich als „sicheren Hafen“ angeboten. Expats fühlen sich fast nirgends so wenig willkommen wie in Österreich, wie das aktuelle Expat City Ranking zeigt. Bei der „Willkommenskultur" liegen wir auf dem letzten Platz. Ämter und Behörden dürfen nur in der Amtssprache Deutsch kommunizieren. Wie kann man Expats besser einbinden und welche Rolle soll künftig das Business Immigration Office spielen?
Im Rahmen des Perspektiven-Pakets wurde deutlich, dass eine zentrale Plattform notwendig ist, um das Angebot Österreichs übersichtlich zu koordinieren. Anstatt Menschen durch zahlreiche Stellen zu jagen, soll ein „One-Stop-Shop“- von Euraxess diese Informationen bündeln. Diese Plattform präsentiert auch das Perspektiven-Paket für US-Forscherinnen und -Forscher und bietet eine einmalige Chance, diese Fachkräfte nach Österreich zu holen. Verschiedene Institutionen wie Universitäten und die Österreichische Akademie der Wissenschaften spielen dabei eine wichtige Rolle, um eine bestmögliche Unterstützung für Forscherinnen und Forscher bei den bürokratischen Prozessen zu gewährleisten.

In der Gendermedizin wissen wir längst, dass Frauen nicht nur biologisch anders auf Krankheiten reagieren, sondern auch durch ihren Lebensstil zunehmend gefährdet sind – etwa beim Rauchen oder Alkoholkonsum. Warum wird trotz dieser Erkenntnisse immer noch viel zu wenig geschlechterspezifisch geforscht, diagnostiziert und therapiert?
Deshalb wurde im Regierungsprogramm ein Schwerpunkt auf die Frauengesundheit gelegt, einschließlich der Schaffung einer Stiftungsprofessur im Bereich der Gendermedizin. Wir sind in Österreich sehr gut im Tabuisieren von Themen wie Sexualaufklärung, Verhütung, Menopause. Da kann die Politik Antworten geben, und das machen wir.

In Wien soll die „rote Box“ ausgerollt werden. Ist das auch ein Thema bundesweit?
Die rote Box ist super. Auf Bundesebene werden wir eine Steuerbefreiung von Menstruationsartikeln und Verhütungsmitteln umsetzen. Viele Frauen können sich zb eine Spirale, die auf einen Schlag 500 Euro kostet, schlicht nicht leisten. Verhütung sollte aber nie vom Geldbörserl abhängen. Die Steuerbefreiung für Menstruationsartikel und Verhütungsmittel soll mit Jänner 2026 in Kraft treten.

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