Finanzminister Brunner
"Das Thema Inflation macht uns große Sorgen"

Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit Maria Jelenko, Chefredakteurin der RegionalMedien Austria: "Wir haben ein Entlastungspaket von etwa 1,7 Milliarden Euro geschnürt, das besonders jene entlastet, die steigende Preise am meisten spüren." | Foto: Markus Spitzauer
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  • Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit Maria Jelenko, Chefredakteurin der RegionalMedien Austria: "Wir haben ein Entlastungspaket von etwa 1,7 Milliarden Euro geschnürt, das besonders jene entlastet, die steigende Preise am meisten spüren."
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Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit den RegionalMedien Austria über  den künftigen Umgang mit der Vergabe von Studien und Inseraten, die geplante Steuerreform, Rückzahlung von Förderungen, und  Initiativen der Bundesregierung, um die Inflation bei der Bevölkerung abzufedern.

RegionalMedien Austria: Die Inflation soll heuer laut Experten über vier Prozent betragen. Welche Maßnahmen gegen die Teuerungswelle der Energiekosten setzen Sie, über die Steuerreform hinaus?
Magnus Brunner: Das Thema Inflation macht uns große Sorgen, das wird auch international intensiv beobachtet. Der größter Treiber dabei sind die Energiepreise. Die Inflation selbst kann nicht in Österreich geregelt werden, sondern hängt stark von der geopolitischen Situation ab, etwa der Russland-Ukraine-Krise. Die EZB (Europäische Zentralbank, Anm.) kann über gewisse Maßnahmen der nationalen Inflation entgegenwirken. In Österreich können wir gegensteuern, etwa über die Steuerreform und den CO2-Preis mit dem Steigerungspfad bis 2025. Dabei gibt es die Klausel, dass, wenn die Energiepreise über 12,5 Prozent steigen, wir die CO2-Preissteigerung um 50 Prozent absenken.

Das ist aber für Familien im urbanen Raum ohne Auto relativ egal, wenn sie die Heizkosten nicht bezahlen kann...
Ja das stimmt. Der Ökostromförderbeitrag und die Ökostrompauschale auf der Stromrechnung wurden bereits jetzt auf null gesetzt. Das bringt jedem Haushalt etwa 100 Euro im Jahr. Davon profitieren auch die Unternehmen. Beim Heizkostenzuschuss, der von den jeweiligen Bundesländern ausbezahlt wird, haben wir nochmals einen Topf von 22 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Viele Menschen stehen aufgrund der steigenden Energiepreise vor einer finanziellen Herausforderung. Deshalb haben wir ein Entlastungspaket von etwa 1,7 Milliarden Euro geschnürt, das besonders jene entlastet, die steigende Preise am meisten spüren. Eine Alleinerzieherin in Vorarlberg kann dadurch inklusive Heizkostenzuschuss mit bis zu 810 Euro unterstützt werden. Allein der Energiekostenausgleich von 150 Euro pro Haushalt spart den Österreichern 600 Millionen Euro. 

Stichwort "Tierstudien": Sie haben angekündigt, dass Sie Vergabeprozesse stärker durchleuchten und neu aufsetzen wollen. Was genau haben Sie geplant? Soll die Bundesbeschaffungsagentur stärker in die Pflicht genommen werden?
Laut einem internen Revisionsbericht geht es um Strukturprobleme im Finanzministerium, aber es wurde auch mit Steuergeldern umgegangen, wie es nicht meinem Verständnis entspricht, Stichwort Inserate und die Vergabe von Studien über eine private Medienagentur, die zwar günstiger war, aber weniger transparent. Das soll künftig wieder über die Bundesbeschaffung gemacht werden, damit es eine einheitliche Regelung gib, die auch eingehalten wird. Wir wollen auch die Anzahl der Inserate zurückfahren und aufs Notwendigste beschränken. Zudem haben wir alle Studien des Finanzministeriums veröffentlicht und auch dem U- Ausschuss zur Verfügung gestellt. 

Im Zuge der Ökosozialen Steuerreform wird ab Mitte 2022 der erste Schritt der CO2-Bepreisung eingeführt, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Ist die Bepreisung hoch genug für einen Lenkungseffekt?
Über die Höhe des Preises wurde viel diskutiert. Die deutschen Nachbarn sind mit einem niedrigeren Preis gestartet und liegen nun bei 30 Euro. Es macht also Sinn, diesen Weg mit den Deutschen Hand in Hand zu gehen. Zweitens müssen wir die Lebensrealitäten der Menschen besonders in den Regionen berücksichtigen und dürfen sie nicht überfordern. Eine Staffelung bis 2025 gibt eine gewisse Sicherheit für Unternehmen und jeden Einzelnen. Ab 2025 werden wir zudem in einen europäischen Emissionshandelsmarkt einsteigen, sobald es diesen gibt. Ich denke also, der Preis ist hoch genug und hat einen Lenkungseffekt, wenn man die Begleitmaßnahmen, wie Ausbau der Infrastruktur, mit berücksichtigt.

Ist die Infrastruktur denn schon ausgereift genug, man denke an so manche ländliche Regionen…?
Wir haben ein riesiges Infrastrukturprojekt auf Schiene gebracht, bei dem genau der ländliche Raum entsprechend unterstützt bzw. die Infrastruktur ausgebaut wird. Da werden in den nächsten Jahren viele Millionen Euro fließen. Ein weiterer Grund sind die Produkt-Angebote, Stichwort Klimaticket. Bei der CO2- Bepreisung haben wir ja zusätzlich den regionalen Klimabonus eingeführt, um eben in jenen Regionen, in denen die Infrastruktur nicht ausreichend ausgebaut ist, einen höhen Bonus zurückgeben zu können. Wir sprechen hier beispielsweise von 200 Euro in Regionen wie dem Waldviertel und 100 Euro in besser ausgebauten Regionen.

Ist die Verknüpfung der Postleitzahl an den Regionalausgleich nicht rechtlich bedenklich? Da soll es ja noch eine höchstgerichtliche Entscheidung geben.
Diese Daten hat die Statistik Austria aufgrund von sachlichen Überlegungen berechnet. Dabei spielt ja nicht nur die Infrastruktur allein eine Rolle, sondern die Distanz zum nächsten Arzt, zur nächsten Apotheke. Es gibt da und dort noch Abgrenzungsprobleme, aber vom Prinzip her ist der Gedanke, dass wir Menschen, die keine U-Bahn- oder Straßenbahnstation vor der Tür haben und somit mehr aufs Auto angewiesen sind, mehr entlasten, schon der richtige Ansatz. Ich bin zuversichtlich, dass dieser vor dem Höchstgericht halten wird.

Wie wird die Auszahlung des regionalen Klimabonus erfolgen? Muss man einen Antrag stellen und ab wann startet dann die Auszahlung?
Die Bonuszahlungen werden über das Umweltministerium abgewickelt, den Antrag muss man nicht selbst stellen, man bekommt ihn automatisch ausbezahlt. Start der Auszahlungen wird vermutlich Mitte des Jahres sein. Die Richtlinien werden im Moment noch vom Umweltministerium ausgearbeitet.

Da kommt ja auch ein organisatorisch gigantischer Aufwand auf die Behörde zu, dazu stellt sich die Frage der Zugriffsrechte der Kontodaten der Bürger…
Datenschutz muss man immer sehr ernst nehmen. Für diese Abwicklung sind Daten aus verschiedenen Quellen notwendig - vom Finanzministerium und der Sozialversicherung. Ich bin zuversichtlich, dass es hier Lösungen geben wird. Und natürlich muss der administrative Aufwand so gering wie möglich gehalten werden.

Angehoben werden soll im Zuge der ökosozialen Steuerreform auch der Sozialversicherungsbonus. Stellt die Erhöhung nicht einen weiteren Anreiz für ohnehin schon problematische Teilzeitbeschäftigungen dar, wo der Anteil vor allem bei Frauen besonders hoch ist?
Von der Erhöhung des Sozialversicherungsbonus und der Pensionistenabsatzbeträge soll die Bevölkerung direkt profitieren. Es geht da vor allem um Geringverdiener, die etwas von der Steuerreform haben sollen. Das war uns sehr wichtig. Wir haben bereits im ersten Schritt vor eineinhalb Jahren die niedrigste Einkommenssteuerstufe gesenkt, nun kommen die zweite und dritte Stufe dazu. Damit Menschen, die keine Einkommenssteuer zahlen, bei dieser Entlastungsmaßnahme nicht durch die Finger schauen, haben wird diesen Bonus bewusst in den Sozialversicherungsbereich gelegt.

Für Investitionen soll es nun eine Neuauflage geben. Gibt es in Österreich nicht insgesamt eine gewisse „Überförderung“, wie etwa das Momentum-Institut kritisiert?
Statt einer Investitionsprämie, die insbesondere für Ökologisierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen ausgezahlt wurde, kommt ein Investitionsfreibetrag, das sind beides Anreize für Unternehmen, zu investieren. Die Prämie wurde extrem gut angenommen und war eine wirkliche Erfolgsgeschichte. Die Hilfsmaßnahmen, die zu Pandemie-Beginn schnell aufgesetzt wurden, damit den Unternehmen rasch geholfen werden konnte, wie der Umsatzersatz, waren am Anfang notwendig. Als man aber draufgekommen ist, dass es nicht das beste Instrument ist, hat man es angepasst. Jetzt gibt es Ausfallbonus und Verlustersatz. Es kann in dem einen oder anderen Monat in Einzelfällen zu Überförderungen gekommen sein, aber wenn man den gesamten Krisen-Zeitraum betrachtet, dann gleicht es sich wieder aus. Wir passen die Hilfsmaßnahmen laufend an die Praxis an. Fakt ist: Es wurden Insolvenzwellen verhindert und Arbeitsplätze gerettet, und es war wichtig, schnell zu helfen.

Bei Verstößen gegen CoV-Maßnahmen durch Betriebe soll künftig durch das Covid-19-Compliance-Gesetz die Behörde automatisch das Finanzministerium informieren, der Betrieb muss eine Förderung zurückzahlen. In welchem Ausmaß muss das geschehen und ab wann?
Erstens: Zu Unrecht erhaltene Hilfsmaßnahmen und Unterstützungen müssen zurückbezahlt werden. Dazu fordern wir Unternehmen auch auf, und dafür fallen keine Strafen an. Weit über 1.000 Unternehmen haben bereits – ohne Aufforderung – rund 20 Millionen Euro freiwillig zurückgezahlt, weil sie zu viel an Förderungen beantragt haben. Etwas anderes ist, wenn man sich nicht an die Covid-Regeln hält. Dann müssen Förderungen künftig rückerstattet werden. Da wird eine automatische Schnittstelle zwischen der Bezirksverwaltungsbehörde, die bei Maßnahmenverstößen einen Bescheid auszustellen hat, und der COFAG (COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, Anm.) eingerichtet, damit der Datenabtausch funktioniert. Die COFAG wird dann eine Rückforderung stellen.

Wenn etwa ein Wirtshaus nicht die Sperrstunde einhält, muss es dann den gesamten Förderbetrag zurückzahlen?
Das gesamte Ausmaß für den Monat, in dem die Übertretung stattgefunden hat, ab Inkrafttreten der Regelung und wenn es einen entsprechenden Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde gibt.

Klimabonus soll CO2-Bepreisung ausgleichen

Die Einführung der CO2-Bepreisung ab 1. Juli soll eine signifikante Reduktion der Treibhausgasemissionen erwirken. Als Ausgleich wird ein "regionaler Klimabonus" eingeführt. Die Höhe orientiert sich an der Wohngemeinde und ist heuer mit 100, 133, 167 und 200 Euro gestaffelt. Der Sockelbetrag von 100 Euro dient der Deckung der Mehrkosten bei Wohnen/Heizen und Konsum. Der darüber hinausgehende Regionalausgleich soll zur Deckung eines erhöhten Mobilitätsbedarfes bei geringerer Verfügbarkeit von Öffis und Infrastruktureinrichtungen dienen.

Wie Bevölkerung gegen Inflation gerüstet wird
Finanzminister Magnus Brunner im Gespräch mit Maria Jelenko, Chefredakteurin der RegionalMedien Austria: "Wir haben ein Entlastungspaket von etwa 1,7 Milliarden Euro geschnürt, das besonders jene entlastet, die steigende Preise am meisten spüren." | Foto: Markus Spitzauer
Brunner: "Wir haben ein riesiges Infrastrukturprojekt auf Schiene gebracht, bei dem genau der ländliche Raum entsprechend unterstützt bzw. die Infrastruktur ausgebaut wird." | Foto: Markus Spitzauer
Finanzminister Brunner über die ökosoziale Steuerreform | Foto: Markus Spitzauer

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