Offener Brief
Gipfel zur Unterbringung von Flüchtlingen gefordert

Bereits während der großen Flüchtlingskrise 2015 sorgten Zelte auf dem Areal der Erstaufnahmestelle in Thalham für Aufregung. | Foto: Helmut Klein/Archiv
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  • Bereits während der großen Flüchtlingskrise 2015 sorgten Zelte auf dem Areal der Erstaufnahmestelle in Thalham für Aufregung.
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Mehrere Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) und Vereine haben anlässlich der aktuellen Flüchtlingskrise einen offenen Brief zur Unterbringungskrise an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung geschrieben. Konkret geht es um das "Ping-Pong-Spiel" der Grundversorgungseinrichtungen des Bundes mit den zuständigen Ländern und eine Forderung für einen Krisengipfel. 

ÖSTERREICH. Angesichts der Tatsache, dass Geflüchtete in Österreich teilweise wieder in Zelten hausen müssen, fordern Amnesty International (AI), asylkoordination, Caritas, Diakonie, Doro Blancke, I-Haus, ÖRK, Samariterbund, SOS Kinderdorf, SOS Mitmensch, tralalobe, Volkshilfe mit Appell für Unterbringungsgipfel in einem offnen Brief die Bundesregierung auf, einen Krisengipfel zu organisieren. Denn die Verteilung von aktuell 5.700 geflüchteten Menschen auf die Bundesländer sei für ein Land wie Österreich leicht zu lösen. 

In dem Schreiben heißt es konkret:

"Diese menschenunwürdige Unterbringung ist auch absolut vermeidbar. Die Zahl der Asyl-werber*innen, die sich in Österreich in Grundversorgung befindet, ist – da viele Antragsteller*innen Österreich binnen weniger Tage Richtung anderer Zielländer verlassen - auch weiterhin relativ stabil. Allerdings kam es im Laufe des heurigen Jahres zu einer erheblichen Verschiebung der Unterbringung in Richtung der Grundversorgungs-einrichtungen des Bundes".

Es handle sich bei der Krise um keine Flüchtlingskrise, sondern eine "unnötige Unterbringungskrise", die auf dem Rücken von Schutzsuchenden ausgetragen werde. "Unnötig deshalb, weil zwischen Bund und Ländern klar und verbindlich vereinbart ist, wie die Verteilung der Schutzsuchenden verlaufen soll." So habe der Bund bis zur Zulassung des Asylverfahrens in Österreich die Menschen unterzubringen und zu versorgen. Ab dann haben sich die Länder verpflichtet, diese Aufgabe entsprechend einer vereinbarten Quote binnen zwei Wochen zu übernehmen. Tatsächlich erfüllen aber nur Burgenland und Wien die vereinbarten Quoten.

Trotz mehrfacher Warnungen, auch vonseiten der Hilfsorganisationen, kam es zu einem Flaschenhals und in Folge zu einer absehbaren Überlastung der Grundversorgungsquartiere des Bundes. "Es ist höchst an der Zeit, dieses Problem aus der Welt zu schaffen", so die Verfasser des Briefes.

Dringender Appell für Unterbringungsgipfel

Die Organisationen appellieren daher an das Innenministerium, ehestmöglich zu einem Unterbringungsgipfel zu laden. Dabei sollen alle an der Unterbringung und Versorgung beteiligten Akteure (Bundesregierung, Landeshauptleute, Städte- und Gemeindebund, Bundespolizeidirektion, Flüchtlingskoordinator, UNHCR, Asylkoordination und die Hilfs- und Trägerorganisationen) gemeinsam konstruktiv über die Herausforderungen diskutieren und zu Lösungen und konkreten Maßnahmen kommen. Ziel sei es, eine nachhaltige Reform des Grundversorgungssystems umzusetzen. Man stehe bereit, sich im Rahmen der Möglichkeiten einzubringen.

Erste Lösungsansätze liegen am Tisch

Erst vor wenigen Wochen haben die Hilfsorganisationen einen konkreten Sieben-Punkte Sofortmaßnahmen-Plan zur Bekämpfung der Unterbringungskrise in der Grundversorgung vorgeschlagen. Diese würden kurzfristig den Druck aus dem Grundversorgungssystem nehmen und auf lange Sicht ein System etablieren, das die Menschenrechte von Geflüchteten schützt. Um neue organisierte Flüchtlingsquartiere zu schaffen, und bestehende weiterführen zu können, brauche es ausreichend Ressourcen und Kostenwahrheit. Nötig sei auch der Einsatz von prioritären Verfahren für Menschen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit, um den derzeitigen Flaschenhals in der Unterbringung aufzulösen.

Private Quartiergeber benötigen wiederum finanzielle Unterstützung. Dass Privatpersonen und Gemeinden den Staat bei Erfüllung seiner ureigenen Aufgaben unterstützen, müsse finanziell und organisatorisch abgegolten werden. Auch eine nachhaltige Lösung für die Überführung subsidiär Schutzberechtigter und aus der Ukraine Vertriebener ins Sozialhilfesystem sei nötig. Kinder und Jugendliche sollten gesondert bzw. geeignet untergebracht werden.

Fakten zum Thema:

In den ersten acht Monaten des Jahres sind in Österreich mehr als 56.000 Asylanträge gestellt worden, allein im August waren es 14.240, das sind mehr als im stärksten Monat 2015.
Neben Syrien und Afghanistan kommen derzeit auch viele Menschen aus Indien. Doch anders als 2015 haben nicht innerhalb weniger Tage Tausende Menschen die Grenze überquert. Derzeit benötigen auch deutlich weniger einen längerfristigen Platz in einer Asylunterkunft, weil viele nach kurzer Zeit weiterreisen. Von den 90.000 Personen, die sich aktuell in der Grundversorgung befinden, kommen außerdem 58.000 aus der Ukraine. Viele davon sind bei privaten Familien untergebracht. Aber trotzdem schafft der Staat es offenbar nicht, all jenen, die einen Platz brauchen, auch einen zur Verfügung zu stellen.

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