Shoah-Gedenken
IKG-Präsident Deutsch will mit der FPÖ nichts zu tun haben

- Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde will mit der FPÖ und dem freiheitlichen Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz nichts zu tun haben.
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Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) gedenkt am Freitag den Opfern der Novemberpogrome. Nicht eingeladen sind FPÖ und Nationalratspräsident Walter Rosenkranz. Für den IKG-Präsidenten Oskar Deutsch ist ein Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen und einem Nationalratspräsidenten, "der ein deutschnationaler schlagender Burschenschafter ist", nicht denkbar.
ÖSTERREICH. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) gedenkt heute mit Vertretern von Regierung und Nationalrat bei der Shoah-Namensmauer im Ostarrichipark den Opfern der Novemberprogrome. Die FPÖ wurde nicht dazu eingeladen. "Wir wollen mit Politikern der FPÖ nichts zu tun haben", kommentierte Deutsch am Freitag gegenüber "Ö1" den Ausschluss der Freiheitlichen. Der Kultusrat habe einstimmig den "Cordon Sanitaire" gegenüber der FPÖ und explizit auch gegen Walter Rosenkranz beschlossen, erklärte der IKG-Präsident [Anm.: Der Begriff "Cordon Sanitaire" bezeichnet in der Politik den Beschluss, mit bestimmten Parteien nicht zusammenzuarbeiten].
"Rosenkranz hat dort nichts zu suchen"
Damit wird also auch der blaue Nationalratspräsident nicht am Gedenken teilnehmen. Er wird indes beim Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah am Judenplatz in Wien einen Kranz niederlegen. "Was Herr Rosenkranz vor den Kameras tut, ist seine Sache. Was er dann im Keller macht, ist eine zweite Sache", so Deutsch.
Der IKG-Präsident sieht auch ein Problem darin, dass Rosenkranz als Nationalratspräsident dem Nationalfonds für NS-Opfer und dem Fonds für die jüdischen Friedhöfe vorsitzt. Deutsch erklärte dazu, er könne dort künftig nicht mehr dabei sein, wenn Rosenkranz, "der ein deutschnationaler schlagender Burschenschaftler ist", die Leitung habe. Das gelte auch für den Simon-Wiesenthal-Preis gegen Antisemitismus, der vom Nationalrat 2020 beschlossen wurde. Die FPÖ habe damals dagegen gestimmt, "also hat er [Rosenkranz, Anm.] dort nichts zu suchen", so Deutsch.
Österreich gedenkt Opfern der Novemberpogrome
Mit den Novemberpogromen wurde die Vertreibung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten radikalisiert und systematisiert. In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 startete das NS-Regime Gewaltmaßnahmen gegen jüdische Menschen in ganz Österreich und Deutschland. Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet, Friedhöfe geschändet, Synagogen zunächst geplündert und anschließend in Brand gesteckt. Hunderte Jüdinnen und Juden wurden ermordet, tausende in Konzentrationslager verschleppt. Am heutigen Freitag jähren sich die Novemberpogrome von 1938 zum 86. Mal.
Deutlicher Anstieg von antisemitischen Vorfällen
Erst vergangene Woche veröffentlichte die IKG ihren aktuellen Antisemitismus-Bericht. Darin wurde ein deutlicher Anstieg an antisemitischen Vorfällen im ersten Halbjahr 2024 erfasst: So gingen von 1. Jänner bis 30. Juni 2024 insgesamt 808 Meldungen ein. Dies entspricht einer Zunahme um 159,8 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023. Deutsch warnte angesichts dessen vor einem Gewöhnungseffekt: "Leider ist die Lage weiterhin bedrohlich und ununterbrochen bedrückend. Was nicht geschehen darf, ist, dass man sich an den grassierenden Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen gewöhnt."




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