Schülerinnen trotz Protest abgeschoben
Kogler hält Abschiebung für "unmenschlich und unverantwortlich"

Die Abschiebungen seien nicht zwingend notwendig gewesen, betont Vizekanzler Werner Kogler (Die Grünen) am Donnerstag. | Foto: BKA/Wenzel
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Nach der Abschiebung von drei Schülerinnen in der Nacht auf Donnerstag nach Georgien bzw. Armenien hagelt es Kritik. Für Vizekanzler Werner Kogler sind Abschiebung der Schulkinder "unmenschlich und unverantwortlich". 

ÖSTERREICH. "Dass heute in den Morgenstunden gut integrierte Mädchen abgeschoben wurden, ist unmenschlich und unverantwortlich. Ich frage mich auch, warum man sich für die Prüfung nicht mehr Zeit genommen hat", erklärte Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler am Donnerstag.  Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verteidigte das Vorgehen hingegen. 

Kogler erklärte in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA am Donnerstag, es habe Gespräche mit der ÖVP vor der erfolgten Abschiebung gegeben: "Klubobfrau Maurer, Minister Anschober und ich haben gestern intensiven Kontakt mit dem Innenminister gehabt. Minister Nehammer hat mir gestern in einem unserer Telefonate eine gründliche Prüfung der einzelnen Fälle zugesagt."

Kogler: Abschiebung nicht zwingend notwendig

Die Fälle seien zwar auf Basis der österreichischen Gesetze ausjudiziert, die erfolgten Abschiebungen seien aber nicht zwingend notwendig gewesen, betonte Kogler. "Wenn aber der Innenminister in den konkreten Fällen jetzt behauptet, er kann in dieser Rechtslage nicht anders handeln, dann kann ich nur sagen: Es gibt keine zwingende rechtliche Verpflichtung zur Abschiebung von Schulkindern, die hier in Österreich aufgewachsen sind und gut integriert sind. Das gilt besonders in Zeiten einer Pandemie."

Es bestehe eine "politische Verpflichtung zur Menschlichkeit", so Kogler. "Diese Menschlichkeit sind wir den Mädchen schuldig, die heute mit polizeilicher Härte abgeschoben wurden, diese Menschlichkeit sind wir aber auch unserem ganzen Land schuldig." Behaupte Nehammer, er könne angesichts der Rechtslage nicht anders handeln, "dann muss diese Rechtslage überprüft werden". Die bestehenden Gesetze seien in der Vergangenheit ohne Zustimmung der Grünen beschlossen worden, betonte Kogler. "Sie zu ändern, braucht Mehrheiten, um die wir uns seit unserer Gründung bemühen. Die sind aber derzeit im Nationalrat nicht gegeben."

SPÖ empört, FPÖ hat Verständnis für Abschiebung

Auch SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner zeigte sich am Donnerstag empört: "Als Mutter macht es mich fassungslos, dass gut integrierte Kinder aus ihrem Leben gerissen und in ein fremdes Land abgeschoben werden", schrieb sie  auf Twitter.

SP-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sprach von einem "zutiefst zynischer und unmenschlicher Akt", mit dem "vom größten Regierungsversagen im Corona-Management und vom Versagen in der Terror-Bekämpfung" abgelenkt werden solle. " Man hätte diesen Familien "im Sinne des Kindswohls" humanitäres Bleiberecht geben müssen. "Fassungslos" zeigte sich auch SPÖ-Gemeinderat und Bundesvorsitzender der Österreichischen Kinderfreunde, Christian Oxonitsch.

FPÖ-Obmann Norbert Hofer zeigte Verständnis für die nächtliche Abschiebung der Schülerinnen und ihrer Familien : "So schwierig solche Maßnahmen auch immer sind, aber in einem Rechtsstaat muss klar sein, wenn es kein Recht auf einen Aufenthalt in Österreich gibt, dann muss man auch diese Maßnahmen setzen." Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte verkürzte Asylverfahren bei "chancenlosen Fällen".

Kritik aus der Wiener Stadtregierung

Die rot-pinke Stadtregierung forderten im Gemeinderat die türkis-grüne Bundesregierung via Resolutionsantrag auf, "sich zum humanitären Bleiberecht zu bekennen und diese grausamen Abschiebungen zurückzunehmen". Die Wiener Grünen unterstützen den Appell. "Gerade auch - aber nicht nur - in einer Zeit der Pandemie mit einer hohen psychischen Grundbelastung für Kinder und Jugendliche stellen diese nächtlichen Abschiebungen einen extremen Härtefall dar, denn die besonders gut integrierten und schutzbedürftigen Personen werden einem hohen psychischen und physischen Gesundheitsrisiko ausgesetzt", heißt es im Antragstext.

Kundgebung gegen Abschiebung

Zu einer Kundgebung gegen unmenschliche Abschiebepraktiken rufen am Donnerstag die SPÖ-Frauen, SJ, JG sowie aks auf. „Wir können nicht weiter zusehen, wie unser Land weiter orbanisiert und entmenschlicht wird“, so SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Ruth Manninger per Aussendung. Die Polizeigewalt gegen die – vor allem jugendlichen – Demonstranten sei gestern Nacht vor dem Abschiebezentrum in Wien-Simmering völlig überbordend gewesen.

JG-Vorsitzende Claudia O´Brien nannte die Vorfälle ein "Totalversagen von Innenminister Nehammer" und forderte den Rücktritt des Innenministers. Die Kundgebung „Abschiebungen stoppen – Nehammer muss weg“ wird heute, Donnerstag um 19.30 Uhr in Wien am Minoritenplatz stattfinden. 

Schülerinnen der Stubenbastei und HLW 10 wurden abgeschoben
Die Abschiebungen seien nicht zwingend notwendig gewesen, betont Vizekanzler Werner Kogler (Die Grünen) am Donnerstag. | Foto: BKA/Wenzel
Noch am Mittwoch versammelten sich MitschülerInnen vor der Zinnergasse 29. | Foto: SPÖ Innere Stadt

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