Expertin zu Chat GPT
Künstliche Intelligenz erobert das Klassenzimmer

Wie kann Unterricht in einer Welt mit künstlicher Intelligenz funktionieren? | Foto: Shutterstock/ BlurryMe
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Der mit künstlicher Intelligenz gespeiste Textgenerator Chat GPT sorgt derzeit vielerorts für Diskussionen. Im Mittelpunkt dieser Debatte steht die Frage: Wie kann Schule damit umgehen, dass Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben von einem Programm schreiben lassen können? Bildungspsychologin Christiane Spiel hat im Interview mit MeinBezirk.at ihre Einschätzung gegeben. 

ÖSTERREICH. Chat GPT, der Textgenerator mit einer künstlichen Intelligenz, schlägt derzeit hohe Wellen - wir haben berichtet. Während sehr viele Menschen die Vorteile hinter dem Textgenerator sehen, werden auch mehrere kritische Stimmen laut. Besonders in der Bildung tut sich ein Problem auf: Viele Schülerinnen und Schüler nutzen Chat GPT, um damit ihre Hausaufgaben zu schreiben. Es reicht oft nur noch ein Knopfdruck, um einen Aufsatz fertig zu haben. Benötigt es daher ein Verbot von Chat GPT an Schulen, oder sollen sich Lehrpläne und Lehrkräfte an die neue Situation anpassen? MeinBezirk.at hat Bildungspsychologin Christiane Spiel, Professorin an der Universität Wien, gefragt, wie Unterricht in einer Welt mit künstlicher Intelligenz aussehen kann.

Proaktiv in den Unterricht aufnehmen

Spiel appelliert dafür, Programme wie Chat GPT nicht zu verbieten. Stattdessen findet sie es wichtig, den Umgang damit zu lernen und die zur Verfügung stehende Technik bestmöglich zu nutzen. "Es wird noch mehr solche Programme geben", so die Psychologin. "Daher bin ich dafür, dass man sie proaktiv in den Unterricht aufnimmt." 

Die künstliche Intelligenz, die Hausaufgaben schreibt

Natürlich sei es auch wichtig, sich Gedanken zum konkreten Umgang zu machen, die Vorteile zu nutzen, aber auch die Gefahren im Auge zu behalten. "Wenn das Programm einen Text produziert, dann kann nur eine Expertin oder ein Experte beurteilen, ob dieser auch richtig ist", so Spiel. "Eine Schülerin oder ein Schüler kann das gar nicht beurteilen."

Beurteilung der Glaubwürdigkeit lernen

Da man den „Wahrheitsgehalt“ nicht beurteilen könne, sei es wichtig, aktiv im Unterricht zu lernen, wie man die Glaubwürdigkeit eines Textes selbst beurteilen kann. So könne man den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe stellen, Elemente aus den produzierten Texten herauszunehmen und diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Auch die Quellen des Textes sollten eingefordert und kritisch hinterfragt werden.

"Ganz wichtig ist daher auch zu fragen: Woher bezieht dieser Text seine Quellen? Und wenn die Informationen zum großen Teil aus Social Media oder aus Internetquellen kommen, dann ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass er zuverlässig ist. Doch wenn die Informationen aus wissenschaftlichen Studien in anerkannten Journals oder aus Lehrbüchern stammen, dann erhöht sich diese Wahrscheinlichkeit."

Laut Bildungspsychologin Christiane Spiel sollte Chat GPT in der Schule angenommen und proaktiv genutzt werden, statt es zu verbieten. | Foto: Gerhard Smolke
  • Laut Bildungspsychologin Christiane Spiel sollte Chat GPT in der Schule angenommen und proaktiv genutzt werden, statt es zu verbieten.
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Mit Blick auf die großen Herausforderungen, mit der die Welt konfrontiert sind, könnte ein Programm wie Chat GPT eine große Entlastung sein. Die Basisinformationen könnten - sofern sie stimmen - geliefert werden, statt dass sie mühsam gesucht werden müssen. Und auf Basis dieser Informationen könnten komplexe Themen behandelt und Lösungen gefunden werden. Schülerinnen und Schüler sollten dabei in Teams arbeiten, und jede und jeder seine und ihre Interessen und Kompetenzen einbringen.

"Denn für die Bearbeitung herausfordernder Probleme ist es notwendig, dass jeder/r etwas anderes beiträgt. Daher sollte die Schule auch Interessen und Begabungen der Schülerinnen und Schüler fördern. Menschen lernen lieber und erfolgreicher, wenn sie etwas interessiert."

Lehrkräfte entlasten

Natürlich seien auch Lehrkräfte mit neuen Herausforderungen konfrontiert, da sie im Bereich der künstlichen Intelligenz bisher nicht entsprechend ausgebildet wurden. Daher sei es auch notwendig, die Ausbildung in diese Richtung zu lenken. Dafür sollten auch Expertinnen und Experten auf dem Gebiet mit ins Boot geholt werden. Darin sieht Spiel auch die Möglichkeit, dass Lehrkräfte durch Chat GPT und ähnliche Programme entlastet werden könnten, und so mehr Kapazitäten hätten, Schülerinnen und Schüler entsprechend zu fördern.

Künstliche Intelligenz wie Chat GPT könne laut Spiel von Nutzen für Schule und Unterricht sein. Denn das bloße Abschreiben von Informationen sei nicht hilfreich und würde nicht beim Lernen helfen. Stattdessen solle man den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass man ihnen mehr zutraut. Das würde sie auch dazu motivieren, über komplexe Lösungen nachzudenken und so für die Zukunft zu lernen. 

"Ich halte es für wichtig, über die sinnvolle Nutzung von Chat GPT nachzudenken und Schülerinnen und Schüler bei den Überlegungen dazu einzubinden. Die Einbindung von Schülerinnen und Schüler in die Diskussion von Problemen ist generell wichtig. Mit Blick auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen für die jungen Menschen, muss die Schule ihnen auch Selbstvertrauen und Mut vermitteln. Denn nur wenn ich Selbstvertrauen und Mut habe, dann traue ich mir auch zu, dass ich mit diesen Herausforderungen umgehen kann."

Wie sollte Schule mit Chat GPT umgehen?

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