Ibiza-U-Ausschuss
Kurz lähmt Befragung mit Verzögerungstaktik

- Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Ibiza-U-Ausschuss mit seiner Vertrauensperson, dem ÖVP-Anwalt und Verfassungsrichter Werner Suppan.
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Ernüchterung nach der Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Ibiza-U-Ausschuss: Zwei Parteien kamen nicht einmal an die Reihe, neue Erkanntnisse gab es kaum.
ÖSTERREICH. Am Donnerstag war Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum zweiten Mal als Auskunftsperson vor den Ibiza-U-Ausschuss geladen. Anders als bei seinem ersten Auftritt im Sommer 2020 konnte er sich diesmal öfter an Sachverhalte erinnern, dafür entschlug sich der Kanzler mehrmals und setzte generell auf eine ausschweifende Verzögerungstaktik.
Spiel auf Zeit
Der ÖVP-Abgeordnete Klaus Fürlinger wusste seine sechs Minuten Fragezeit – im Sinne der Partei – gut zu nutzen. Er stellte Kurz kurze, allgemeine Fragen, auf die der Kanzler sehr ausschweifend antwortete. Mit seinen Ausführungen, die zum Teil nicht einmal mehr wirklich etwas mit dem Untersuchungsgegenstand des Ausschusses oder den Fragen zu tun hatte, spielte er offenbar auf Zeit.
Denn ehe die nächste Fraktion ihre Fragen anbringen konnte, waren mehr als anderthalb Stunden für die Fragen der ÖVP drauf gegangen. Inklusive der zu Beginn üblichen Fragen des Verfahrensrichters war somit mehr als die Hälfte der maximalen Fragezeit von vier Stunden vergangen. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) ließ seine Parteifreunde gewähren und griff nicht ein. Er schlief während der Ausführungen des Kanzlers sogar kurz ein.
Keine Fragen von Neos und Grünen
Die SPÖ konnte danach noch Fragen stellen, danach war die FPÖ an der Reihe, wurde aber unterbrochen. Die maximale Fragezeit war zu diesem Zeitpunkt zu Ende – aufgrund der Antworten und von der ÖVP angestoßenen Geschäftsordnungsdebatten. Das Nachsehen hatten Neos und Grüne. Sie konnten keine einzige Frage stellen.
Neue Erkenntnisse zur "mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung", so lautet der Untersuchungsgegenstand, lieferte die Befragung nicht. Es habe keine illegalen Spenden an die ÖVP gegeben, betonte Kurz. Und wer solche annähme, müsse ohnehin "ein fester Trottel" sein. Überhaupt würde niemand der Volkspartei spenden und eine Gegenleistung erwarten. Im Gegenteil hätten die Spender einen Nachteil: Sie würden dadurch in die Öffentlichkeit gerückt. Selbst wisse er nicht einmal, wieder Kontostand der ÖVP aussehe.

- Wolfgang Sobotka, der Vorsitzende, nickte während den Ausführungen des Bundeskanzlers ein.
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Entschlagungen
Der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer wollte Kurz zu den "Kirchen-Chats" befragen. Zur Erinnerung: Im März 2019 hatte die Kirche die Asyl-Politik der ÖVP-FPÖ-Regierung kritisiert. Mit einem "Steuerprivilegien-Check" sollte daraufhin auch "die Kirche massiv hinterfragt" werden, wie Thomas Schmid, der damalige Generalsekretär im ÖVP-geführten Finanzministerium im Vorfeld eines Treffens im März 2019 schrieb. Vor dem vermeintlichen Treffen mit dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, wies Kurz Schmid an, das Tempo zu erhöhen: "Ja super. Bitte Vollgas geben." Schmid berichtete Kurz via WhatsApp, wie das Treffen mit Schipka verlaufen war. "Also Schipka war fertig! (...) Er war zunächst rot, dann blass, dann zittrig. Er bot mir Schnaps an, den ich in der Fastenzeit ablehnte, weil Fastenzeit. Waren aber freundlich und sachlich."
Auf die Fragen zu diesem Vorgang antwortete Kurz nicht, sondern entschlug sich der Aussage. Diese Tür hatte ihm eine neue anonyme Anzeige eröffnet. In dieser wird Kurz die "Nötigung eines Kirchenvertreters" vorgeworfen. Die ÖVP erachtet die Anzeige als substanzlos.
Der nächste Befragungstag ist der 15. Juli. Dann wird Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache Rede und Antwort stehen.
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