Kritik an Ministerin Köstinger
"Notfallteams" sollen gegen Wölfe vorgehen

In der dicht besiedelten Süd- und Weststeiermark wird es für Wölfe zunehmend schwierig, ein Revier zu finden. | Foto: Ralph Frank
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Seit Beginn der Almsaison 2021 sind Landwirte mit zunehmenden Wolfsrissen konfrontiert. Daher unterstützt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger die Landwirte mit "Notfallteams", die auch für die "Entnahme einzelner Problemwölfe" verantwortlich sein sollen, um die Tiere unschädlich zu machen. Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert die aktuelle "Forderung nach Abschuss von Wölfen" in Österreich und empfiehlt, das Hirtenwesen wieder zu beleben.

ÖSTERREICH. Vor allem die Bundesländer Tirol und Salzburg sind laut Landwirtschaftsministerium stark von Wolfsrissen betroffen, zuletzt auch die Steiermark und Kärnten. Insgesamt wurden demnach heuer schon mehr als 200 Tiere, hauptsächlich Schafe, von Wölfen gerissen. Zum Vergleich: In der gesamten Almsaison 2020 waren es knapp 300 nachgewiesene Risse.

"Die Wölfe bedrohen die heimische Alm- und Weidewirtschaft, aber auch die touristische Nutzung dieser Naturlandschaften", heißt es in einer aktuellen Aussendung von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Für sie ist klar: "Wenn Almbäuerinnen und Almbauern ihre Tiere frühzeitig wieder ins Tal bringen müssen und die Gefahr besteht, dass Wanderwege gesperrt werden müssen, dann ist es Zeit, zu handeln!" Der vielzitierte Herdenschutz sei aufgrund des steilen und unwegsamen Geländes und aufgrund der meist kleinen Betriebsstrukturen vielerorts nicht möglich bzw. mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden.

Zäune und Schäferhunde nicht praktikabel genug

Problematisch sei insbesondere das Zäunen von Almen. "Errichtete Zäune bieten keinen vollständigen Schutz der Herden, sie werden häufig von Wölfen einfach übersprungen", so die Landwirtschaftsministerin in der Aussendung. Auch sei der Einsatz von Herdenschutzhunden in den touristisch genutzten Regionen Österreichs ebenfalls keine praktikable Option. Daher sei "die Entnahme einzelner Problemwölfe" (also der Abschuss, Anm.) rechtlich durchaus möglich. Mit Hilfe von DNA-Proben sei nachweisbar, wenn ein und derselbe Wolf für mehrere Risse verantwortlich ist.

Notfallteams sollen Landwirten helfen

In der Praxis zeige sich, dass die von den zuständigen Behörden im Einzelfall erteilten Bescheide häufig unmittelbar beeinsprucht und eine Entnahme damit verunmöglicht werde. Diese Verfahren sollen deutlich beschleunigt und im Sinne der Almwirtschaft vereinfacht werden. Das vom Landwirtschaftsministerium initiierte "Österreichzentrum Wolf, Bär, Luchs" unterstützt die betroffenen Almbauern nach einem Rissereignis mit sogenannten "Notfallteams". Dabei geht es um die Bergung von toten und verletzten Tieren, das Zusammentreiben der versprengten Tiere, die Errichtung eines Nachtpferchs etc. Die Notfallteams sind meist binnen kürzester Zeit vor Ort.

"Wolf ist streng geschützte Art"

Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert die aktuelle Forderung von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger nach Abschuss von Wölfen in Österreich: „Der Wolf ist eine streng geschützte Art und wichtiger Bestandteil einer intakten Natur. Anstatt rechtswidrige Abschüsse zu fordern, muss der betroffenen Almwirtschaft durch eine Herdenschutz-Offensive geholfen werden. Die wird von der Politik seit Jahren auf die lange Bank geschoben, was vollkommen unverantwortlich ist“, sagt WWF-Artenschutzexperte Arno Aschauer.

Hirtenwesen soll wiederbelebt werden

„Anstatt Stimmung gegen europaweit geschützte Tiere zu machen, muss die Landwirtschaftsministerin ihre Hausaufgaben als Politikerin erledigen. Besonders dringend wären bundesweit abgestimmte Herdenschutz-Programme und eine Wiederbelebung des Hirtenwesens nach Vorbild der Schweiz.“ Richtig angewendeter Herdenschutz sorge dafür, dass Wölfe von Beginn an Weidetiere meiden und Wildtiere im Wald erbeuten. „Mit der im österreichweiten Managementplan verankerten Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden muss schnellstmöglich begonnen werden. Die Wiederbelebung des Hirtenwesens ist auch im Sinne des Tierschutzes, da Schafe damit besser vor Unwetter, Krankheiten oder Abstürzen geschützt werden können – genau das sind die häufigsten Todesursachen“, sagt WWF-Experte Arno Aschauer.

Parallel dazu brauche es mehr sachliche Beratung von Bäuerinnen und Bauern sowie ausreichend dotierte Fördertöpfe für Präventionsmaßnahmen – und zwar nach Vorbild anderer Nachbarländer, die mit weit größeren Wolfs-Populationen leben. „Vorhandene EU-Fördertöpfe müssen viel stärker als bisher ausgeschöpft werden, um die Landwirtschaft im Aufbau von Schutzmaßnahmen zu unterstützen“, fordert Aschauer. 

Anblick gerissener Tiere psychologisch belastend

Bundesministerin Köstinger: 

„Die heimische Alm- und Weidewirtschaft ist akut gefährdet! Die Meldungen von Wolfsrissen häufen sich. Das ist nicht nur für Almbauern, sondern auch für die touristische Nutzung von Almen und Wanderwegen ein Problem. Wenn jetzt nicht gehandelt und Problemwölfe entnommen werden, werden die heimischen Almen bald nicht mehr bewirtschaftet werden.“

Die Wölfe hätten alleine in den letzten Wochen rund 200 Tiere gerissen, so die Ministerin. Der Anblick gerissener Tiere sei– neben dem wirtschaftlichen Schaden – auch psychisch sehr belastend für die betroffenen Almbauern.

"Wölfe sind Raubtiere"

„Die friedliche Koexistenz von Wölfen und Almwirtschaft ist eine Illusion. Wölfe sind Raubtiere, die oft wahllos zuschlagen und Almvieh reißen. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, Problemwölfe zu entnehmen. Diese müssen konsequent genutzt werden, um Almvieh – und auch Menschenleben – zu schütze", so die Ministerin. Sie warnt davor, zu warten, , bis der erste Mensch durch einen Problemwolf verletzt wird oder zu Schaden kommt. "Dass dieses Bedrohungspotential besteht, zeigen Angriffe in anderen Ländern.“

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