1 Mrd. Euro
Pflegereform bringt Verbesserungen für Angehörige und Pfleger

- Sozialminister Johannes Rauch betont, dass mit dem Pflegepaket Maßnahmen gegen den schon seit Jahren bestehenden Pflegenotstand getroffen werden.
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Die Pflegereform wurde am Donnerstag vom Nationalrat in weiten Teilen beschlossen. Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch betont, dass mit dem Pflegepaket Maßnahmen gegen den schon seit Jahren bestehenden Pflegenotstand getroffen werden.
ÖSTERREICH. Diese Woche gab der Nationalrat grünes Licht für das Pflegepaket mit 20 Maßnahmen und einem Finanzierungsvolumen von einer Milliarde Euro. Gemeinsam mit den Ländern werden zudem Rahmenbedingungen für die 24-Stunden-Pflege vorbereitet.
120.000 diplomierte Pflegekräfte werden die Gesetzesänderungen zu Gute kommen, insgesamt profitierten rund 200.000 Personen davon, hieß es.
Vorgesehen sind bei der Pflegereform unter anderem eine Ausweitung der Befugnisse von Pflegeassistentinnen und Pflegefachassistentinnen, ein Pflegebonus für Angehörige in Höhe von 1.500 Euro pro Jahr sowie eine Erhöhung des Demenz-Zuschlags beim Pflegegeld.
Pflegebonus für Angehörige
Voraussetzung für die 1.500 Euro Pflegebonus ist der Bezug von Pflegegeld zumindest in Stufe vier. Wer nahe Angehörige zu Hause pflegt, wird den Bonus ab 2023 erhalten. Die Beschlussfassung zum Angehörigenbonus erfolgt im Herbst. Der Bonus für pflegende Angehörige wird zudem ab 1.1. 2023 auf Pensionistinnen und Pensionisten ausgeweitet.
Zur Entlastung pflegender Angehöriger wird auch der Rechtsanspruch auf Pflegekarenz verbessert. Können pflegende Angehörige aufgrund von Krankheit, Urlaub oder sonstigen Gründen die Pflege nicht selbst übernehmen, werden sie für die Ersatzpflege früher als bisher finanzielle Unterstützung erhalten. Auch werden pflegende Angehörige bei den Kosten für Kurse unterstützt, das Angebot für kostenlose Angehörigengespräche wird ausgeweitet und die 24-Stunden-Betreuung verbessert. Konkret erhalten Angehörige, die pflegen, künftig neben dem Bonus auch Möglichkeiten für Gespräche mit Psychologinnen und den erleichterten Zugang zur Ersatzpflege.
Darüber hinaus wird die erhöhte Familienbeihilfe nicht mehr auf das Pflegegeld angerechnet, das bringt für 45.000 Menschen 60 Euro pro Monat mehr.
Gehaltserhöhungen und Zuschüsse für die Pflegeausbildung
Für Gehaltserhöhungen beim Pflegepersonal, inklusive Heimhilfen und Behindertenbetreuer, erhalten die Länder 520 Millionen Euro, sowie 225 Millionen Euro für Ausbildungszuschüsse.
Wer seine Erstausbildung in einem Pflegeberuf macht, erhält einen Ausbildungszuschuss von zumindest 600 Euro pro Monat. Personen, die über das AMS an einer geförderten Pflegeausbildung teilnehmen, erhalten ab September 2023 ein Pflegestipendium von zumindest 1.400 Euro pro Monat. Neben der schulischen Ausbildung im Bereich Pflege, auch in landwirtschaftlichen Fachschulen, wird es als Modellversuch eine Pflegelehre geben. So soll die Ausbildung in Zukunft deutlich attraktiver werden. Die Ausbildungsoffensive ist für nächstes Jahr vorgesehen, wobei Schulversuche zur Pflege in das Regelschulwesen überführt würden.
Ab dem 43. Lebensjahr gibt es eine zusätzliche Urlaubswoche. Zur Attraktivierung des Pflegeberufs werde es mehr "Durchlässigkeit" mit besseren Aufstiegsmöglichkeiten geben, hieß es.
Österreich benötigt weiter ausländische Pflegekräfte
Hinsichtlich Personalbedarf räumte Minister Rauch ein, Österreich werde weiterhin ausländische Pflegekräfte benötigen. Die Zuwanderung von ausgebildeten Fachkräften wird erleichtert, sodass sie einfacher eine Arbeitserlaubnis erhalten.
Persönliche Assistenz: Pilotprojekt soll 2023 starten
Nach dem Stand der Umsetzung für eine bundesweit einheitliche Regelung zur Persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen und der Schaffung eines One-Stop-Shops für diesen Bereich erkundigte sich ÖVP-Abgeordnete Kira Grünberg. Ihrer Meinung nach sollte es für den privaten wie für den beruflichen Bereich eine einheitliche Anlaufstelle für Unterstützungsangebote geben. Auf Grundlage von Bedarfserhebungen in den Ländern und Abstimmungen zu "Harmonisierungsmöglichkeiten" arbeite sein Ministerium derzeit "einzelne Eckpunkte" für einen One-Stop-Shop zur persönlichen Assistenz aus, erläuterte Rauch. Der Beginn des Pilotprojekts sollte spätestens 2023 erfolgen.
Hinsichtlich des Taschengelds für Menschen mit Behinderung in Werkstätten wies er auf eigene Erfahrungen aus diesem Bereich hin. Aus diesem Grund engagiere er sich stark dafür, gleichwertige Tätigkeiten von Menschen mit und ohne Behinderung auch gleichwertig bezahlt zu wissen. Allerdings liege hier die Zuständigkeit nicht beim Bund. Ungeachtet dessen wolle er bei den kommenden Budgetverhandlung den Fokus auf diesen Punkt im Nationalen Aktionsplan zur Inklusion legen.
Kritik am Pflegepaket
Die Oppositionsparteien vermissen weiterhin nachhaltige Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen und Ausbildung in der Pflege. Und auch bei den Seniorenvertreterinnen und -vertretern gibt es Kritikpunkte.
Besonderen Handlungsbedarf sieht Ingrid Korosec, Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes bei der 24-Stunden-Betreuung. „Dieser Bereich muss viel stärker ausgebaut und gefördert werden, damit ein ausreichendes und leistbares Angebot verfügbar ist. Der Großteil betreuungsbedürftiger Menschen will den Lebensabend in den eigenen vier Wänden verbringen. 24-Stunden-Betreuung ist dafür eine entscheidende Unterstützung“, so Korosec.
„Die Pflege im Familienverband spart dem Staat insgesamt drei Milliarden Euro jährlich und ist die günstigste Versorgungsform, für die sich pflegebedürftige Menschen entscheiden können, wenn es überhaupt gesundheitlich möglich ist“, so Frauen- und Seniorensprecherin Rosa Ecker. Der Angehörigenbonus ab der Pflegestufe vier sei aus Sicht der FPÖ „eine Verhöhnung für alle pflegenden Angehörigen, denn die Pflegestufe vier bedeutet, permanent verfügbar sein zu müssen. Eine Unterbringung in einer Einrichtung dazu wäre im Vergleich kostenlos“, sprach sich Ecker dafür aus, dass es auch für die Pflegestufen eins bis drei diesen Bonus geben müsse.
Zudem sei es nötig, die mobilen Dienste zu stärken und auszubauen. Auch längst überfällig sei es aus freiheitlicher Sicht, das Angebot der Übergangspflege zu verbessern.
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