Nach Tod von Dr. Lisa-Maria Kellermayr
Ruf nach Hilfe bei Hass im Netz
Mittlerweile ist fast eine Woche vergangen, seitdem die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr tot in ihrer Praxis in Seewalchen aufgefunden wurde. In den Monaten zuvor hat sie immer wieder Morddrohung und Hassnachrichten bekommen. Trotz ihrer Bitte um Hilfe zeigten sich die zuständigen Behörden wenig kooperativ. Jetzt wird der Ruf nach mehr Hilfe bei Hass im Netz lauter - für die Ärztin leider zu spät.
ÖSTERREICH. Die Österreichische Ärztekammer fordert nun, dass Hass im Netz nicht mehr als Kavaliersdelikt hingenommen werden darf. Täterinnen und Täter müssen konsequent verfolgt werden. Sie fordern schärfere Gesetze, höhere Strafen und eine allgemeine Bewusstseinsänderung. Außerdem sollen in der Ärztekammer auch interne Konflikte aufgearbeitet werden, berichtet "Der Standard". Ein ranghoher Mitarbeiter der Österreichischen Ärztekammer hat in einem Interview gesagt, dass die Kassenstelle in Seewalchen schnell nachbesetzt werden könne, sollte die Ärztin wirklich nicht wieder aufsperren.
Ärztekammer-Mitarbeiter will Stelle in Seewalchen schnell nachbesetzen
In mehreren Bundesländern bietet die Ärztekammer nun Kurse zum Thema Deeskalation an. In Wien sind diese ständig ausgebucht. Dasselbe Bild zeigt sich in Salzburg. In der Steiermark wurde eine Anti-Mobbing-Burn-out-Supervisionsstelle eingerichtet. In Wien setzt man auf die Ombudsstelle für Mobbing, Gewalt, Sexismus und Rassismus für Ärztinnen und Ärzte.
Grünen kritisieren die Behörden
Von der Bundesregierung hat es zunächst keine Reaktion auf den Tod der Ärztin gegeben. Erst fünf Tage danach hat sich Bundeskanzler Karl Nehammer zu Wort gemeldet und dem Umfeld der Ärztin sein Beileid ausgesprochen. Nun sei es wichtig, die Täter auszuforschen, so Nehammer. Grünen Klubchefin Sigrid Maurer hat am Mittwoch im ZIB2-Interview ihr Mitgefühl ausgesprochen. Gleichzeitig kritisiert sie aber die zuständigen Behörden. „Es ist erschütternd für mich, dass Frau Kellermayr von den zuständigen Behörden keine oder zu wenig Unterstützung erfahren hat“, sagt Maurer im Interview.
Behörden in Oberösterreich angezeigt
Der ehemalige Chefredakteur und Geschäftsführer der Onlinezeitung ZackZack, Thomas Walach, hat nun Anzeige gegen die Beamten der zuständigen Landespolizeidirektion Oberösterreich und die Staatsanwaltschaft Wels eingebracht. Er wirft den Behörden Missbrauch der Amtsgewalt vor. Diese hätten nicht gehandelt, weil die Mails über das sogenannte Darknet versendet worden seien. Einer Hackerin aus Deutschland ist es aber mit einer einfachen Onlinesuche gelungen, zwei mögliche Täter auszuforschen. "Dass die oberösterreichischen Strafverfolgungsbehörden über weniger Mittel zur Bekämpfung von Cyberkriminalität verfügen als Privatpersonen, scheint nicht lebensnah", so Walach.
Kellermayr war nicht die Einzige
Auch andere Personen, die seit dem Beginn der Pandemie in der Öffentlichkeit stehen, haben sich mittlerweile zum Thema Hass im Netz geäußert. Virologin Dorothee von Laer sagt etwa, dass sie zeitweise nur mehr mit einer Perücke nach draußen gehen konnte. Auch sie berichtet von Hassnachrichten und Drohungen. Und auch Hans-Peter Hutter, Hygieneexperte an der MedUni Wien, erzählt von Drohungen durch Impfgegner und Querdenker.
Obduktion bestätigt Suizid
Lisa-Maria Kellermayr hatte sich für die Corona-Impfung starkgemacht. Die Folge waren Hassnachrichten und teilweise sehr detaillierte Morddrohungen. Außerdem ist es in ihrer Praxis in Seewalchen immer wieder zu Zwischenfällen mit Impfgegnern gekommen. Kellermayr hat daraufhin Tausende Euro in Sicherheitssysteme und einen bewaffneten Security investiert. Letztlich konnte sie die Kosten aber nicht mehr tragen und musste ihre Ordination schließen. Am 29. Juli wurde die Ärztin dort tot aufgefunden. Ein vorläufiges Obduktionsergebnis hat bestätigt, dass Fremdverschulden ausgeschlossen werden kann.
Eigentlich war eine Obduktion nicht geplant. Angehörige der Toten haben diese aber gefordert, um den Fall lückenlos aufzuklären. Das schriftliche Gutachten der chemisch-toxikologischen Ergebnisse ist noch ausständig - Tod durch Fremdeinwirkung wird aber auch weiterhin ausgeschlossen.
Hilfe im Krisenfall
Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.
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