Sondersitzung ÖVP-Korruptionsaffäre
SPÖ fordert erneut Neuwahlen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verteidigte die ÖVP in der Sondersitzung des Nationalrats. Die FPÖ brachte einen Antrag auf Verassungsänderung ein, die SPÖ will einen Rücktritt der Regierung. | Foto: APA Picturedesk
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  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verteidigte die ÖVP in der Sondersitzung des Nationalrats. Die FPÖ brachte einen Antrag auf Verassungsänderung ein, die SPÖ will einen Rücktritt der Regierung.
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Die SPÖ hat am Mittwoch einen Dringlichen Antrag zum Thema "ÖVP-Korruption beenden statt aussitzen. Sofortmaßnahmen zur Stärkung der Transparenz, Aufklärung, Anstand sowie Neuwahlen als einzigen Weg." eingebracht. Bundeskanzler Karl Nehammer sagte in seiner Rede, man werde die Sorgen der Menschen ernst nehmen, aber die Justiz habe jetzt die Ermittlungen zu führen. Die Regierung müsse ein Land durch die Krise führen. Diese Kompetenz macht die SPÖ der Regierung streitig.

ÖSTERREICH. Auf ein gemeinsames Verlangen von SPÖ und FPÖ hin trat der Nationalrat am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammen. Die Sozialdemokrat:innen richteten dabei an Bundeskanzler Karl Nehammer den Dringlichen Antrag, "ÖVP-Korruption beenden, statt aussitzen", in dem Sofortmaßnahmen zur Stärkung von Transparenz bei Postenbesetzungen und dem Umgang mit Steuergeld sowie Neuwahlen gefordert werden. Auslöser der Initiative waren inkriminierende Aussagen von Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und Chef der Bundesbeteiligungsgesellschaft ÖBAG. Schmid hatte bei seinen Einvernahmen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ehemalige und aktive ÖVP-Politiker der Anstiftung zum Amtsmissbrauch und der missbräuchlichen Verwendung von Steuergeld bezichtigt. 

Konkret forderte die SPÖ Regierungsvorlagen, um Mandatskauf und Kandidatenbestechung strafbar zu machen, verschärfte Korruptionsstrafbestimmungen für Spitzenpolitiker mit längeren Verjährungsfristen, Informationsfreiheit sowie einen weisungsfreien und unabhängigen Bundesstaatsanwalt.

"Wir sind nicht so!"

Nehammer bekannte sich dazu, Korruption in Österreich nicht tolerieren zu wollen. Er wies allerdings darauf hin, Urteile in diesem Zusammenhang hätten die unabhängigen Gerichte zu fällen. Der Fokus der Regierung müsse nun bei den Sorgen der Menschen liegen, sagte Nehammer, nachdem er sich und seine Partei von den Vorwürfen der Korruption distanziert hat: "Ich bin nicht so und wir sind nicht so". Und weiter: ""Korruption hat in Österreich definitiv keinen Platz".

International herrsche Sorge davor, dass der Krieg in der Ukraine größer werde, mahnte der Bundeskanzler. Es bahne sich eine Migrationsausbreitung durch die Grenzen Europas an. Auch Klimakrise, Pandemie und Inflation, sowie mögliche Terroranschläge, müssen bekämpft werden.

Korruption bezeichnete Nehammer als "Gift", welches das Vertrauen der Menschen zerstöre. Man werde weiter Korruptionsbekämpfung vorantreiben, genauso wie man die Teuerung weiter bekämpfen werde, um Familien, genauso wie Pensionistinnen und Pensionisten zu entlasten, etwa über die Strompreisbremse.

Nehammer wies den Vorwurf zurück, man sei untätig. 1066 Gesetze habe die Regierung dank Mehrheit im Parlament bereits umgesetzt. Und der Bundeskanzler appellierte in seiner 20-minütigen Rede auch an die Einheit der Parteien.

"Demokratiepolitische Krise"

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sprach zuvor von einer „demokratiepolitischen Krise“ – man sei schon viel zu lang mit einer Regierung konfrontiert, die eine zusätzliche Krise ins Land gebracht habe. Die meisten Menschen in Österreich wüssten, was Anstand bedeute, so Leichtfried. Politische Parteien sollten sich dessen auch im Klaren sein, sagte er in Richtung ÖVP. Das gelte nicht nur fürs Strafrecht, Anstand beginne schon früher. Postenbesetzungen würden unabhängig von Qualifikation immer noch politisch gesteuert. Die erfolgte Reform des Parteiengesetzes habe man der ÖVP erst nach massivem Protest und ihrem zwischenzeitlichen Versuch, Mechanismen zur Parteienfinanzierung "still und heimlich" zu legalisieren, abgerungen. 

Rendi-Wagner rief Regierung zum Rücktritt auf

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte das Misstrauen der Bevölkerung auch durch eine "noch nie da gewesenen Schamlosigkeit". Schwere strafrechtliche Vorwürfe stünden im Raum. Die Kanzlerpartei würde mehr Energie dafür verwenden, ihre Haut zu retten, als das Land durch die Krise zu führen. Es sei untragbar, dass in einer Zeit der größten Inflation seit 70 Jahren eine handlungsunfähige Regierung am Ruder sei. Die Probleme der ÖVP seien inzwischen die Probleme des Landes geworden. Die Grünen würden tatenlos zusehen, anstatt die Reißleine zu ziehen und diesem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu setzen, sondern dieser ÖVP weiter die Mauer zu machen, während sie sich in einem Korruptionssumpf befinden würden. Krise alleine sei kein Instrument, um Wahlen abzuhalten, wie man in Dänemark sehe. Im Interesse der Menschen des Landes appellierte Rendi-Wagner an die Regierung den Weg frei zum achen für eine Regierung, die das Vertrauen der menschen hat und die Krisen zu meistern.

Das Antikorruptionspaket beinhaltet unter anderem das Informationsfreiheitsgesetz, den weisungsfreien Bundesstaatsanwalt und mehrere Transparenzgesetze, etwa das Medientransparenzgesetz.

FPÖ fordert Verfassungsänderung

Die FPÖ – ihr Chef Herbert Kickl sprach im Parlament gegenüber der ÖVP von einer "moralischen Verwahrlosung" sowie von "Lug und Trug und Heuchelei" – brachte vorab eine Forderung in den Nationalrat: Die Partei will Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Nationalratspräsidenten abwählen können. Doch dafür müsste erst die Verfassung geändert werden. Weder im U-Ausschuss noch im Nationalrat sehen die Geschäftsordnungen eine solche Abwahl vor. Da Sobotka seiner "moralischen Verantwortlichkeit" nicht nachkomme, "benötigt der Nationalrat rechtliche Mittel, um sein Ansehen zu schützen", so die FPÖ.

"Intervention des Nationalratspräsidenten hat es nie gegeben!"

"Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen. Dieses Zitat von Helmut Qualtinger kann auf die politische Entrüstung im Hohen Haus und der öffentlichen Medienlandschaft abgewandelt werden. Denn es ist eine große Entrüstung, die auf das Einvernahmeprotokoll von Thomas Schmid gefolgt ist. Eine Sondersitzung, ein Antrag für Neuwahlen, ein Misstrauensantrag wurden einzig auf Emotionen gegründet und nicht auf den Fakten, die zunehmend negiert werden. Denn tatsächlich haben wir im Einvernahmeprotokoll von Thomas Schmid viel Altes und nur wenig Neues gelesen. Und das, was neu war, war falsch – wie zum Beispiel eine Intervention des Nationalratspräsidenten, die es nie gegeben hat, in einem Steuerverfahren, das es auch nie gegeben hat. Das ist leider die Basis, auf die in diesem Haus und darüber hinaus Urteile gegründet werden", kritisiert der Generalsekretär der Volkspartei, Nationalratsabgeordneter Christian Stocker. 

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