Wirtschaftsministerin Schramböck plant Digitalisierungs-Offensive in der Lehre

"Die Chancen, einen tollen Job mit Karrieremöglichkeiten zu bekommen, sind in einigen Bereichen mit einer Lehre höher als mit der AHS-Matura." | Foto: Arnold Burghardt
5Bilder
  • "Die Chancen, einen tollen Job mit Karrieremöglichkeiten zu bekommen, sind in einigen Bereichen mit einer Lehre höher als mit der AHS-Matura."
  • Foto: Arnold Burghardt
  • hochgeladen von Wolfgang Unterhuber

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck erläutert im Gespräch mit Chefredakteur Wolfgang Unterhuber die Zukunft der Lehrausbildung.

Im Vorjahr haben österreichweit knapp 30.000 Jugendliche eine Lehre in ausbildenden Betrieben begonnen. Das war ein Plus von 4,1 Prozent. Wie läuft es heuer?
Schramböck : Bisher sieht es so aus, dass wir wieder rund 30.000 Lehranfänger haben. Das ist ein gutes Signal für die Betriebe und den Fachkräftemarkt in Österreich.

Wie erklären Sie den Jugendlichen und deren Eltern, warum sie eine Lehre machen sollen?
Die Chancen, einen tollen Job mit Karrieremöglichkeiten zu bekommen, sind in einigen Bereichen mit einer Lehre höher als mit der AHS-Matura. Das ist der große Unterschied zu früher. Bis ein Student heute ins Berufsleben eintritt, hat der Lehrling in derselben Zeit schon bis zu 200.000 Euro verdient. Und heute kann man es als Lehrling bis zum Vorstand in großen Konzernen bringen.

Und man kann ja auch nach der Matura eine Lehre machen.
In Österreich machen das erst 2,5 Prozent der Jugendlichen. In Deutschland sind es 29 Prozent. Das wollen wir verstärken. Ein Beispiel: Wer nach der Matura eine Lehre im Bereich Applikationsentwickler/Coding, dem weiterentwickelten Berufsfeld der Informatik, absolviert, bekommt fast garantiert einen Job. Und das sind coole Jobs, wie etwa in der Spiele-Industrie.

Es heißt aber oft, die 15-Jährigen können nicht einmal richtig Schreiben und Lesen.
In manchen Fällen muss man Grundkenntnisse sicher nachholen. Dazu gibt es Programme, die wir mit dem AMS aufgesetzt haben. Ich empfehle Lehrlingsbetrieben, sich dazu bei ihrem AMS zu erkundigen. Aus eigener Erfahrung in der Wirtschaft weiß ich aber auch, dass man jungen Leuten eine Chance geben und ihre Talente entdecken muss.

Wie sieht es mit den überbetrieblichen Lehrstätten aus?
Wir haben zwölftausend offene Lehrstellen und zugleich etwa acht bis zehntausend Jugendliche in der überbetrieblichen Lehrausbildung, von der aber jährlich nur rund 300 Personen in Betrieben unterkommen. Da besteht Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass man drei Jahre in einer überbetrieblichen Ausbildung ist und in dieser Zeit keine Unternehmen von innen gesehen hat.

Was ist das Ziel?
Die Lehrlinge in der überbetrieblichen Ausbildung müssen sich jedes Jahr bewerben und sie müssen Praktika in den Unternehmen machen.

Kommen wir zur dualen Ausbildung. Wie sieht in Zukunft die Kombination von Berufsschule und Praxis aus?
Wir werden die duale Ausbildung stärken. Wir testen gerade eine zweijährige duale Akademie nach der Matura. Mit Fokus auf die Praxis und reduzierter Theorie, weil die Maturanten ja schon schulisches Vorwissen mitbringen. Und wir müssen alle rund zweihundert Lehrberufe überarbeiten. Jeder Handwerksberuf muss künftig digitale Inhalte haben.

Was haben ein Maurer oder ein Dachdecker mit Digitalisierung zu tun?
Beim Maurer geht es um Building Information Management. Viele Bauunternehmen konstruieren heute neue Gebäude in einem digitalen Modell. Das muss in die Ausbildung einfließen. Und die Dachdeckerausbildung wurde überhaupt seit 1972 nicht mehr verändert.

Ist die Digitalisierung aber nicht auch eine Herausforderung für die Ausbildner?
In den Betrieben gibt es schon sehr viel digitales Know-How, das jetzt auch in den Berufsschulen vermittelt werden muss.

Nach wie vor ein Problem ist, dass jungen Frauen meist nur Friseurin, Verkäuferin oder Bürokraft werden wollen. Wie wollen Sie das lösen?
Die genannten Berufe sind wichtig. Aber wir werden das Fachkräftethema nicht lösen, wenn wir uns nur auf die jungen Männer von 16 bis 20 konzentrieren. Wir müssen mehr Frauen in die Fachkräfteausbildung bringen. Wir investieren dazu auch fünf Millionen Euro in ein spezielles Programm.

Sie haben im Juli einen großen Lehrlingsgipfel veranstaltet und waren unlängst auch in Asien. Was ist Ihre Lehre daraus?
Wir müssen unseren Horizont erweitern. Lehre nach Matura oder Studium nach einer Lehre: das muss alles leichter werden. Und wir müssen eine positive Einstellung zur Digitalisierung entwickeln und sie bei aller Vorsicht als Chance und nicht nur als Bedrohung sehen.

Danke für das Gespräch.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.