Marktmacht, Intransparenz
Taskforce stellt Energieanbietern mieses Zeugnis aus

Ausgangspunkt der Untersuchungen war, dass die Energiepreise durch den Ukraine-Krieg in die Höhe geschnellt, nach Absinken der Großhandelspreise dann aber nicht an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wurden. | Foto: Shutterstock
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  • Ausgangspunkt der Untersuchungen war, dass die Energiepreise durch den Ukraine-Krieg in die Höhe geschnellt, nach Absinken der Großhandelspreise dann aber nicht an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wurden.
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Ein Zwischenbericht der im Jänner gegründeten Taskforce zur Untersuchung der Situation auf den Strom- und Gasmärkten wurde am Dienstag von der Bundeswettbewerbsbehörde  (BWB) und E-Control präsentiert. Dabei wurde den Energieanbietern kein gutes Zeugnis attestiert.

ÖSTERREICH. Der 100-seitige Zwischenbericht der Taskforce - präsentiert von BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch und Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch – umfasst mehrere Bereiche.

Ausgangspunkt war, dass die Energiepreise durch den Ukraine-Krieg in die Höhe geschnellt, nach Absinken der Großhandelspreise dann aber nicht an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wurden. Die Anzahl der Beschwerden und Anfragen bei der E-Control als auch bei der Bundeswettbewerbsbehörde hatten daraufhin massiv zugenommen. Insbesondere die großen Preisunterschiede zwischen Alt- und Neukundenverträgen und das unterschiedliche Angebotsverhalten vieler Lieferanten führte zu großem Unmut. Es habe Hinweise gegeben, dass ein Korrektiv des Wettbewerbs fehlte. Daher hat die Wettbewerbsbehörde gemeinsam mit der E-Control die Untersuchung eingeleitet, erklärte Harsdorf-Borsch das Zustandekommen der Taskforce. 

Konzentration in Netzgebieten

Die Taskforce stellte im untersuchten Zeitraum eine sehr hohe Marktkonzentration in Österreich fest. Die Marktanteile der größten Energieanbieter liegen bei teils über 90 Prozent.

In der Region Ost etwa ist der Marktanteil des größten Anbieters, der LEV, mit rund 72 Prozent noch am geringsten, im Burgenland hält die LEV 92,4 Prozent, in Niederösterreich 91,1 Prozent.
Im Westen ist jedoch die größte Konzentration feststellbar.

Wechselverhalten der Kunden

Die Taskforce stellte ein reduziertes Wechsel- und Angebotsverhalten in der Krise fest:
Am Stichtag 1.12.2022 haben nur noch neun Energieanbieter Angebote gestellt, alle anderen Anbieter waren nicht mehr aktiv. Die zehn größten Anbieter sind österreichweit ab Oktober 2022 von dem Markt verschwunden. Festgestellt wurden sieben Marktaustritte von Anbietern, womit ein Lieferstop für Kundinnen und Kunden erfolgte. Auch gab es eine Insolvenz, sowie zwei Markteintritte. Der Großteil der Lieferanten stellte keine österreichweiten Angebote mehr.

Angebotsverhalten 

Für Strom gab es keine Produktangebote im Tarifkalkulator mehr: "Der Wettbewerb ist zum Erliegen gekommen", so Urbantschitsch. Waren im Juni 2021 im Schnitt noch 145 Angebote am Markt, waren es im Oktober 2022 nur noch 20. Viele Produkte wurden im Herbst 2022 zu überproportional hohen Preisen angeboten. Das führte zu einem reduzierten Wechsel- und Angebotsverhalten in der Krise. Bei Strom waren es nur 2,2 Prozent, die gewechselt haben, bei Gas vier Prozent. 

Preisweitergabe bei Strom und Gas

Die Taskforce hat auch analysiert, wie hypothetische Beschaffungsstrategien anhand der Großhandelspreise von Strom in den Unternehmen aussehen. Die Preise für Bestandskundinnen und -kunden blieben weitgehend unter oder im Rahmen der fiktiven Beschaffungskosten. Bei Gas hingegen befanden sich die Preise für Bestandskundinnen und -kunden weitgehend unter oder im Rahmen der fiktiven Beschaffungskosten. Im Laufe der Zeit erhöhten dann einige Versorger die Preise allerdings über die fiktiven Beschaffungskosten hinaus.

Die Preisweitergabe für Neukunden stieg bereits Mitte 2022 stark an, parallel zum Großhandel. Währen die Preise am Großhandelsmarkt signifikant zurückgingen, geschahen Anpassungen im Frühjahr 2023 nur äußerst zögerlich. Die meisten größeren Unternehmen traten offenbar noch nicht oder jedenfalls kaum unmittelbar in einen Preiswettbewerb ein.

Ungleichbehandlung von Kundinnen und Kunden

Vielfach differenzierende und unter Umständen diskriminierende Behandlungen wurden festgestellt, und zwar nach regionalen Aspekten, KundInnengruppen, oder Marken bzw. Vertriebswegen. "Wenn man das Pech hatte, einen neuen Vertrag zu brauchen, weil man etwa übersiedelt ist, dann musste man extrem hohe Preise in Kauf nehmen", verdeutlichte Urbantschitsch die Lage.

Entwicklungen in Zusammenhang mit Stromkostenzuschuss

Für einzelne Lieferanten stellte die Taskforce eine zeitliche Nähe zwischen Stromkostenzuschuss und den jeweiligen Preiserhöhungen fest. Eine Anpassung der besten Angebote am Markt erfolgte bei Strom im Vergleich zu Gas jedoch zeitverzögert. Die Empfehlung der Taskforce: Künftig bei Unterstützungsmaßnahmen darauf schauen, welche Auswirkungen diese auf den Wettbewerb haben können.

Preisanpassungsklauseln

Es herrschen Unklarheiten. Als problematisch hat sich die Rechtsunicherheit bei Preisanpassungsmöglichkeiten herausgestellt. Wünschenswert sind klare rechtliche Voraussetzungen sowie eine Rechtssicherheit bei Preisänderungen. Indexbindung kann zu überdurchschnittlichen Steigerungen bei Lieferantenmargen führen.

Fehlende Transparenz

Das Thema Transparenz beschäftigt die Taskforce immer noch. Am Energiemarkt sei der Gesamtzustand von Intransparenz geprägt. Man habe deswegen auch viele Anfragen und Beschwerden verzeichnet, insbesondere für die Bereiche Preisanpassungsklauseln, Teilbetragsvorschreibungen und Grundversorgung. Die Energiewirtschaft habe hier Aufholbedarf. Empfohlen werden digitale Lösungen, die auch individuelle Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden zulassen. Ein wesentlicher Punkt der Untersuchungen: Korrektiv des Wettbewerbs braucht Transparenz, um den Kundinnen und Kunden eine Wahl der Anbieter aufgrund der Informationen ermöglichen zu können.

Nächste Schritte der Taskforce

Am Montag hat die BWB gemeinsam mit der E-Control umfangreiche Fragen an jene Unternehmen gesendet, die 80 Prozent des Strommarkts in Österreich abdecken. Dabei wurde eine Frist bis Mitte des Sommers gesetzt. Die Fragen betreffen folgende Themenkreise: Beschaffungsstrategien der Unternehmen beim Einkauf von Strom für Kleinkunden, Gründe für unterschiedliches Angebotsverhalten, insbesondere nach Lieferorten, neuen bzw. Bestandskundinnen und -kunden.

Man überprüfe zudem auch die Kriterien für die Auswirkung des Stromkostenzuschusses, die Entwicklung der Kundenstrukturen, sowie indexbasierte Preisformeln, und die Weitergabe von Preisen bei sinkenden Großhandelspreisen. Die Antworten werden im frühen Herbst ausgewertet.

Derzeit beobachtet die Taskoforce, dass niedrige Preise sehr wohl an die Endkunden weitergegeben werden, heißt es von der E-Control. Man sehe das auch bei den Bestandsverträgen. Man erwarte sich aber weitere Preissenkungen. Und man erkenne, dass alternative Anbieter rascher mit Angeboten für Neukunden auf den Markt gekommen seien. 

Mangelnde Servicequalität

Insgesamt attestiert die Taskforce den Energieunternehmen mangelnde Servicequalität, etwa zu wenig Ressourcen für Kundenbetreuung, Stichwort Telefonhotlines. Auch gebe es zu wenig Transparenz eine Kontrolle der AGB vermisse man. Das Kommunikationsverhalten der Unternehmen gegenüber ihren Kundinnen und Kunden werde man jedenfalls weiter beobachten, die Taskforce begrüßt die von der Bundesregierung angekündigte Verschärfung des Kartellrechts. Bei der Grundversorgung empfiehlt die Taskforce ein Nachjustieren, etwa für sozial bedürftige Kundinnen und Kunden. Eine Preisregulierung bei Endkundenmärkten wird hingegen als nicht notwendig betrachtet. Das Monitoring der Taskforce soll bis Mitte 2024 (Anm.: Ende der Stromkostenbremse) dauern. Stellungnahmen von Organisationen und größeren Unternehmen können bis 31.7. an die Taskforce geschickt werden, unter taskforce@e-control.at

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