Tourismus: Die Sommersaison 2014 war die erfolgreichste seit zwanzig Jahren. Aber warum das Fernbleiben russischer Gäste besorgniserregend ist

Die Sommersaison 2014 war die beste für den Tourismus seit zwanzig Jahren. | Foto: TVB Wilder Kaiser
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Der Sommersaison war mit zirka 67 Millionen Nächtigungen für die Tourismusbranche ähnlich erfolgreich wie jene von 1994 mit knapp unter 70 Millionen. Umgerechnet entspricht das für Mai bis Oktober ungefähr 38.000 Nächtigungen pro Tag. Zudem wird Österreich immer beliebter bei Gästen aus dem Ausland: Erstmals wurde hier die 20-Millionen-Marke geknackt.

Ostösterreich profitiert überdurschnittlich

Überdurschnittlich viele Gäste nächtigten vor allem in den Bundesländern Wien und Niederösterreich, mit einem Zuwachs von 5,9 beziehungsweise 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Wien ist der Trend auf die letzten fünf Jahren gesehen sogar noch deutlicher: In der Bundeshauptstadt gab es einen Zuwachs von 35 Prozent bei Nächtigungen seit 2009. Petra Nocker-Schwarzbacher, Bundesspartenobfrau Tourismus der Wirtschaftskammer, sieht den Grund im Trend zu Städte- und Kurztrips: "Das Verlangen nach individuellen, erlebnisorientierten Kurztrips wird dazu führen, dass dieses Wachstum anhält und sich in Zukunft verstärken wird".

Kärntens Branche leidet unter Wetterkapriolen und Wirtschaftslage in Italien

Der Süden Österreichs hat trotz Rekordwerten mit einem Rückgang der Nächtigungen zu kämpfen. Vor allem Kärnten verzeichnet ein deutliches Minus von 4,4 Prozent beziehungsweise 400.000 Nächtigungen weniger als im Vorjahr. Zwei Gründe nennt Petra Nocker-Schwarbacher dazu:

Instabiles Wetter: Durch das wechselhafte Wetter blieben vor allem Campingplatzurlauber und Ausflugtouristen aus.
Wirtschaftliche Lage in Italien: Dieses Jahr gab es einen Rückgang von 3,5 Prozent an Nächtigungen durch italienische Gäste. Diese lasse sich mit der wirtschaftlichen Lage in südlichen Nachbarland erklären. Besonders stark ist dadurch das angrenzende Kärnten betroffen.

Ein Zehntel weniger Russen machten in Österreich Urlaub

Die wichtigste Gruppe für die Tourismusbranche ist nach wie vor die der deutschen Gäste. Sie machen immerhin etwas über 30 Prozent aller Gäste, und 37 Prozent aller Nächtigungen aus. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bei den deutschen Gästen einen Anstieg um 0,5 Prozent beziehungsweise ein Mehr an 125.000 Nächtigungen.

Den mit Abstand größten Einbruch gab es bei den russischen Gästen, mit insgesamt 11 Prozent. Auch hier gibt es zwei Gründe:

Politische Situation: Durch den Konflikt in der Ukraine und den damit einhergehenden Spannungen zwischen Russland und der Europäischen Union fühlten sich russische Gäste in Österreich offensichtlich weniger willkommen, sagt Petra Nocker-Schwarbacher.
Verfall des Rubel: Die russische Währung hat mit massiven Kursverlusten zu kämpfen. Seit Anfang der Ukraine-Krise hat die Währung gegenüber dem Euro deutlich an Wert verloren. Das Branchenmagazin finanzen.net spricht von einem Wertverlust von 20 Prozent seit Juli. Dadurch wird der Urlaub für die russischen Gäste in den Euro-Ländern deutlich kostspieliger.

Ein russischer Gast lässt mehr Geld im Land als der Durchschnitt

Zwar ist die Menge an russischen Gästen verglichen mit jenen aus andere Ländern gering (siehe obrige Infografik). Bleiben die russischen Gäste aus, schmälert das den Umsatz jedoch überdurchschnittlich. Für die Sommersaison gibt es zwar keine Zahlen für Tagesausgaben pro Person. Zieht man jedoch die Statistik aus der Wintersaison 2013/14 heran zeigt sich deutlich: Bei russischen Urlaubern sitzt die Geldbörse ziemlich locker (siehe Grafik unten).
Zwar macht das Geld der russischen Gäste nur einen geringen Teil des Umsatzes aus (2013 setzte die Branche in der Sommersaison 10,5 Milliarden Euro um); in Kombination mit zum Beispiel dem russischen Importstoppösterreichischer Güter zeigt sich deutlich, dass die Ukraine-Krise einen unverkennbaren Einfluss auf die Wirtschaft hierzulande hat.

Was kann die Tourismusbranche nun tun, um russischen Gästen einen Urlaub in Österreich wieder schmackhafter zu machen? Dabei sind die Möglichkeiten beschränkt: Die Branche kann weder auf die politische Situation noch auf den Finanzmarkt Einfluss nehmen. Möglich ist ein intensiverer Kontakt der Österreich Werbung mit russischen Partnern wie Reiseveranstalter und Reisebüros: "Gerade in der jetzigen Situation ist es wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass Sie bei uns in Österreich willkommen sind", sagt Ulrike Rauch-Keschmann von der Österreich Werbung. Seit September hat die Österreich Werbung ihre Bemühungen in Russland verstärkt: Mit der Kampagne "Ein Winter voller Lebensfreude" will man wieder mehr russische Urlauber nach Österreich holen.
Trotz des erhöhten Engagements am russischen Markt sieht Rauch-Keschmann die Prognose für die Wintersaison realistisch: "Hatten wir letztes Jahr noch leichte Steigerungen aus Russland, werden wir diese heuer nicht erreichen".

Die Sommersaison 2014 war die beste für den Tourismus seit zwanzig Jahren. | Foto: TVB Wilder Kaiser
Bundesspartenobfrau Tourismus der Wirtschaftskammer, Petra Nocker-Schwarzenbacher: "Ein Grund für den Rückgang russischer Touristen in Westeuropa ist der Wertverlust des russischen Rubel gegenüber dem Euro, aber sicher auch die brisante politische Lage infolge der Ukraine-Krise." | Foto: Helge Kirchberger

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