Inszenierte Lesung von Georg Pruscha im Vinariat Maier
Von der Erweiterung durch Zerstörung

Georg Pruscha ordnet seine Unzufriedenheit einem Flickenteppich zu
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Die Kultur ist zurück im Vinariat: Mit dem Engagement des in Chile geborenen und in Wien lebenden Performance-Künstlers Georg Pruscha (42) am vergangenen Freitag ließen Uschy und Freddy Maier in ihrem Innenhof so etwas wie Normalität in der heimischen Kunstszene einziehen.
Die servierte Kost bedurfte einer intensiven Hinwendung zu Text und Geschehen. In seiner ersten Station bediente sich der Künstler des Dachgaupenfensters, von dem er – Seite für Seite wurde in die Tiefe entlassen – seine Sicht von Sprache, eingeengt sein und Sprengen von Grenzen darlegte. „Ich werde diese Hülle abtragen und keiner sieht es“, haderte er mit unerträglich harten Steinen, die er Stück für Stück abtragen wolle. Vom uninteressanten Körper und seiner Auflehnung dagegen handelte die zweite Station, in der sich Georg Pruscha als Prophet sah, der sich selbst nicht annehmen könne. „Entleeren will ich den Raum, nicht füllen“, nannte er seinen Fall in die Tiefe der alltäglichen Redewendungen.
Zur Auseinandersetzung mit einem Flickenteppich entwickelte sich sein Disput mit dem hineinziselierten Hass. Alles gleiche Noten, nur anders gespielt, nannte er den schauderhaften Übergang zur Nacht. Den Flickenteppich öffnen? Ihm die Freiheit schenken, da er nicht mehr die Farben, seine Ordnung erkennen könne? „Die weißen Fäden scheinen immer noch durch“, schritt er zur befreienden Tat und durchschnitt das Gewebe mit einem verkrusteten Messer. Im Sprachpavillon vollendete sich der vollständige Wandel weg von der Sprache hin zur Inszenierung. Etwas biegen, was nicht biegbar ist? Mit sich selber sprechen, sich selber zur Rede stellen? Die eigenen Briefe beantworten? Als Lösung versuchte er durch Rausch die Distanzierung vom Inhalt zu erreichen. „Alles andere ist schuld an mir“, gab Georg Pruscha zu, mit sich selbst nicht zurecht zu kommen. „Ich wäre zur Leiche geworden“, ließ er Flasche für Flasche in der Ecke zerschellen. Das Ergebnis jedoch: Nichts ist anders! Aber: Was habe ich denn erwartet?
Nach dem Verhallen des Applauses versuchte sich Roman Grabner, Archivar des Bruseums in der Neuen Galerie Graz, in einer Erklärung des Gehörten und Gesehenen. Wobei er gleich zu Beginn einschränkte, dass es die eigene Meinung sei, die das Erlebnis ausmache. Dennoch erkannte er ein gewisses Auf-dem-Kopf-stehen, das sich in Performance und Wort einstellte. Das Leiden an der Sprache erteilte dem Alltagssprech eine klare Absage. Die Sprache verstehe sich als Grenze, sei keine tote Literatur, sondern ein Inhalt, der sich über Bilder ausdrücke. „Die Wahrheit liegt im Wein“, gelangte Grabner an dasselbe Ende wie Georg Pruscha davor.
Quasi als Zugabe stellte sich der Künstler mit Siebdrucken, Textbahnen, Jalousien und Textblättern als Maler vor. Seine Originalrelikte – etwa eine mit einem Pflasterstein bearbeitete Continental-Schreibmaschine - ordneten sich seinem Wirken als Aktionist zu.

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