Diskussion um Karfreitag wird immer brisanter

Der Karfreitag als Feiertag galt bislang nur für die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses, die Methodisten und die Altkatholiken. Nun soll er zum halben Feiertag für alle werden. | Foto: Pixabay/congerdesign
  • Der Karfreitag als Feiertag galt bislang nur für die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses, die Methodisten und die Altkatholiken. Nun soll er zum halben Feiertag für alle werden.
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Den Karfreitag als halben Feiertag für alle zu manifestieren stößt auf unterschiedliche Meinungen, auch in unserem Bezirk.

Der nahende, laute Faschingdienstag lässt schon einen Blick auf die Zeit danach werfen, auf die Stille in der Fastenzeit, die zu Ostern ihren Abschluss finden wird. Alles andere als still ist allerdings die Dabatte um eine für alle Konfessionen einheitliche Lösung zum Karfreitag, der ja bisher für die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses, die Methodisten und die Altkatholiken einen ganztägigen Feiertag bedeutet hat.
Im Bezirk Deutschlandsberg gehören rund 1000 Menschen der Konfession Evangelisch A.B. an, die somit am Karfreitag arbeitsfrei haben. Nutzen Evangelische diesen Feiertag nicht und gehen stattdessen ihrer Arbeit nach, so stehen ihnen Zulagen zu. Nach der Klage eines Österreichers beim Europäischen Gerichtshof, der sich durch diese Regelung ungleich behandelt fühlte, erschien die Feiertags-Regelung als einseitig. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 22. Jänner diese Regelung daher aufgehoben.

Gültig ab kommendem Karfreitag

Nach diesem EuGH-Urteil haben sich ÖVP und FPÖ auf eine Halbtagsregelung für den Karfreitag geeinigt: "Ab 14 Uhr ist für alle frei", haben FPÖ Klubobmann Walter Rosenkranz und stv. ÖVP-Klubobmann Peter Haubner Anfang der Woche verkündet. Gelten soll die Regelung bereits ab dem kommenden Karfreitag, dem 19. April.

Die WOCHE Deutschlandsberg hat sich dazu jetzt bei Vertretern der evangelischen und der katholischen Kirche sowie bei der Wirtschaftskammer nach der jeweiligen Meinung umgehört.

Vertreter der evangelischen Kirche

Superintendent Wolfgang Rehner:
„Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge“, so interpretiert der steirische Superintendenten Wolfgang Rehner die Karfreitags-Regelung der Bundesregierung. Denn mit dem halben Feiertag werde den Evangelischen ein ganzer freier Tag genommen; das sei die arbeitsrechtliche Wahrheit. Künftig müssen Karfreitags-Gottesdienste auf die Nachmittage und Abende konzentriert werden. Das sei eine gravierende Einschränkung des kirchlichen Kernangebots, so Rehner. Und weiter: „Es stellt gerade unsere kleinen Gemeinden vor fast unlösbare organisatorische Herausforderungen und bedeutet letztlich einen Eingriff in die freie Religionsausübung der Evangelischen.“ „Wir als Kirche können keinen Feiertag erzwingen. Die Regierung stellt Weichen, der Gesetzgeber entscheidet,“ fasst Rehner zusammen. Karfreitag ist überall auf der Welt, so Rehner, in nichtchristlichen Ländern ist die gottesdienstliche Feier an diesem Tag nur schwer oder eingeschränkt möglich. „Offensichtlich gehört Österreich in Zukunft ebenfalls zu dieser Kategorie“, so Rehner. Das sei enttäuschend und äußerst bitter.

Hohe Bedeutung des Feiertages

Michael Axmann, Superintendentialkurator der Evangelischen Diözese Steiermark:
„Es ist verstörend, wie mit einer Minderheit umgegangen wird. Unsere Kirchen sind an diesem Tag voll. Auch daran erkennt man die hohe Bedeutung dieses Feiertages für Evangelische. Viele Gottesdienste finden in der Steiermark am Vormittag des Karfreitag statt. In Zukunft werden zahlreiche Evangelische um einen Urlaub ansuchen müssen, um den Gottesdienst besuchen zu können. Der Feiertag beginnt ja dann erst um 14 Uhr.“ Diese Lösung stelle für die Evangelischen eine erhebliche Verschlechterung dar, so Axmann, denn es sei aus organisatorischen Gründen nicht möglich, alle Gottesdienste auf den Nachmittag zu verlegen. Ein weiterer Urlaubstag für alle, so Axmann, wäre besser gewesen. Denn dann hätten Evangelische am Karfreitag, Mitglieder der Jüdischen Glaubensgemeinschaft am Jom Kippur ihren Feiertag genommen, und Menschen ohne Glaubensbekenntnis diesen Urlaubstag frei wählen können. Diese Lösung wäre eine Bereicherung für das Glaubensleben gewesen. "Auch ein Abtausch mit dem Ostermontag wäre besser gewesen als die nun getroffene Lösung", so Axmann.

Andreas Gerhold, Pfarrer der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Stainz-Deutschlandsberg
"Die 'evangelische Lösung' nach dem Urteil des EUGH kann nur sein: Feiertag für alle. Wie zu lesen und zu hören ist, sind andere Lösungsformen, auch die von der Regierung beschlossene, juristisch sehr problematisch.
Darüber hinaus ist der Karfreitag für die Evangelischen Kirchen und die Evangelisch-methodistische Kirche ein entsprechend ihrer Glaubensartikel 'geprägter' Feiertag. An keinem anderen Feiertag kommt evangelischer Glaube deutlicher zum Ausdruck, auch in aller Öffentlichkeit!
Dankbar bin ich für die ökumenischen Reaktionen, die auch für sich, im Gleichklang mit den Evangelischen Kirchen, die Bedeutung dieses Feiertages herausstreichen.
Die Probleme, die der Handel, die Industrie und andere Gewerbezweige bei einem „Feiertag für alle“ sehen, berühren andere Ebenen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander zu besprechen haben.
Diese dürfen auf die theologisch-religiöse Interpretation des Karfreitags und ihre Bedeutung für die evangelischen Kirchen keinen Einfluss haben."

Vertreter der katholischen Kirche

Istvan Hollo, Pfarrer der Stadtgemeinde Deutschlandsberg:
"Die für viele enttäuschende Kompromisslösung über den Karfreitag, den Gedenktag des Kreuzestodes Jesu, betrifft besonders die vier Konfessionen, die bisher einen Feiertag genossen haben: die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses, die Methodisten und die Altkatholiken. Natürlich auch für die Orthodoxen und die Katholische Kirche ist der Todestag Jesu ein wichtiger Tag. Der Karfreitag ist aber für diese vier Kirchen ein besonders wichtiger Tag. Diesen Christinnen und Christen wird nun mit der „Lösung“ ein halber Tag für ihre religiöse Ausübung und Gottesdienste genommen. Viele evangelische Gemeinden hatten bereits vormittags ihre Gottesdienste. Auch die Tatsache kann bemängelt werden, dass es zu keiner Lösung für den jüdischen Jom Kippur oder das muslimische Opferfest gekommen ist."

Worte aus der Wirtschaft

Manfred Kainz, Obmann der Wirtschaftskammer Regionalstelle Deutschlandsberg:
"Kostensteigerungen und schrittweiser Arbeitszeitabbau nehmen immer skurrilere Wege. Mit dem, wenn auch nur anteiligen zusätzlichen Feiertag, eröffnet die Regierung eine Begehrlichkeit mit ungeahnten Ausmaß. Wie geht man in Zukunft mit religiösen Festtagen um? Wer kommt als nächstes? Welche Gruppen fühlen sich in Zukunft diskriminiert, wenn schon der Wunsch eines Einzelnen am europäischen Gerichtshof Gehör findet?", ist Regionalstellenobmann Manfred Kainz einer Meinung mit seinem Kollegen Vinzenz Harrer, Regionalstellenobmann der WKO Weiz.

"Es gibt in ganz Europa unterschiedlichste Feiertagsregelungen. Nimmt jetzt jemand an, dass auf Grund dieses Urteils alle Unterschiede in den europäischen Mitgliedsländern beseitigt werden? Unsere Politik handelt im Effekt und auf Zuruf.
Darüber hinaus wird übersehen, dass Religionsangehörige kaum noch ihre Feiertage im Namen ihrer Zugehörigkeit oder Bekenntnisses begehen, sondern die erworbene Freizeit für Sport, Urlaub oder am 8. Dezember zum Shoppen verwenden."

Eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit

Kainz: "Österreich liegt im Spitzenfeld bei Arbeitszeitbegrenzungen, Feiertagen und Urlaubstagen, was einen großen Schatten auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit wirft. Schon heute können, auf Grund des Fachkräftemangels, viele Dienstleistungen nur noch eingeschränkt erbracht werden, Unternehmen können nicht wachsen und die Kosten steigen weiter.
Nicht nur aus Sicht der Wirtschaft sondern auch im Interesse der Gesellschaft müssen Kosten und Barrieren, die unseren Standort lähmen, abgebaut werden.
Ich fordere die Vertreter der Wirtschaft in allen politischen Ebenen auf, sich massiv gegen diesen Regierungsbeschluss zu wehren und die Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit zu bekämpfen. Unsere heimische Wirtschaft und die damit verbunden Arbeitsplätze dürfen nicht zum Spielball von Populisten werden."

Inzwischen gibt es eine Petition zur Karfreitagsregelung, nämlich für einen GANZEN Feiertag für alle!

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