"Das große Kapital ist scheu wie ein Reh"

LANNACH. Vor zwei Jahren haben Sie sich entschieden, sich aus der Politik zurückzuziehen und sind jetzt nur mehr als Unternehmer tätig. Wieso?
Ich habe nicht mehr für den Nationalrat kandidiert, weil mehr als 20 Jahre in der Politik, davon 14 Jahre in der Bundesregierung, dann auch mal genug sind. Ich bekenne mich dazu, dass der englisch-amerikanische "good citizen" seinen Stellenwert hat, also man soll auch etwas für die Gesellschaft tun. Aber nach gut 20 Jahren ist es genug. Ich wollte auch gewissermaßen rechtzeitig noch in die Privatwirtschaft zurückkehren, um als -unternehmer noch Aufgaben wahrzunehmen.

Da Sie beides kennen: Was würden Sie sagen, was haben Politik und Wirtschaft gemeinsam?
In beiden Bereichen gibt es ganz wesentliche Führungsaufgaben. Aus meiner Sicht, die von manchen Ökonomen nicht geteilt wird, ist die Wirtschaftsleistung eines Landes ja so etwas wie die Summe der Leistungsfähigkeit seiner Unternehmungen. Deutschland geht es nicht so gut, weil die Verwaltung die beste der Welt ist, sondern weil die Summe seiner Unternehmungen weltweit wahrscheinlich einzigartig ist. Von den klassischen Mittelständlern, von denen wir auch sehr viele haben, bis zu den Weltmarktführern, von denen Österreich leider etwas weniger hat.

Würden Sie sagen, dass man für beides, also für Wirtschaft und Politik, ein bissl ein Schlitzohr sein muss?
Nein. Ganz im Gegenteil. In beiden Bereichen kommt man mit der Geradlinigkeit am Ende des Tages weiter.

Als Minister haben Sie sich am Anfang ihrer Laufbahn als Umweltminister und auch in der OECD sehr für Nachhaltigkeit interessiert. Leben sie persönlich nachhaltig?

im wesentlichen schon. Wir bemühen uns als Unternehmen und auch als Familie hier in Lannach nachhaltig zu leben und schauen dass die Dinge in Ordnung sind. Dass wir die Umwelt nicht nur nicht belasten, sondern auch was dafür tun. Aber das heißt jetzt nicht, dass wir den Betrieb mit Hackschnitzeln heizen. Weil das mit der permanenten Verfügbarkeit von Energie, auch für die Dampferzeugung um alles sauber und steril zu halten, praktisch nicht vereinbar ist. Aber Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind wichtige Themen. Man tut sich als Pharmaunternehmen wahrscheinlich etwas einfacher. Wir haben null Emissionen und das einzige, was betrieblich die Umwelt ein Stück weit belastet, sind LKWs und der Verkehr. Aber nachdem wir kleinvolumige Produkte herstellen – davon zwar fast 100 Millionen Packungen im Jahr – ist auch das Verkehrsaufkommen, das wir verursachen, ein enden wollendes.

Die Firma war während ihrer politischen Karriere ja oft ein Angriffspunkt. Kann man unabhängig entscheiden, wenn man hunderte Millionen Umsatz im Hinterkopf hat?
Als Firmengruppe haben wir im letzten Jahr rund 500 Millionen Umsatz gemacht. Davon in der klassischen Pharmaindustrie rund 205 Millionen. Durch die sehr weitreichende Trennung von politischer Sphäre und privater Sphäre durch eine Treuhandvereinbarung und letztlich auch durch mein persönliches Verhalten – sprich wann immer ich in der Politik zum Thema Pharma oder Gesundheit angesprochen wurde, habe ich allenfalls Telefonnummern oder Adressen weitergegeben, aber mich selbst da völlig enthaltsam verhalten – gab es über all die Jahre überhaupt kein Problem. Es ist so: Die schärfsten Unvereinbarkeitsbestimmungen – und Österreich hat da relativ weitgehende – sind das eine, das persönliche Verhalten ist das andere. Es gibt in Wien keinen Minister und keinen Beamten, der mir nachsagen könnte, dass ich in all den gut 20 Jahren in irgendeiner Frage für meinen Unternehmensbereich auch nur ansatzweise interveniert hätte.

In einem Interview mit dem "profil" vor sechs Jahren mit Ihnen ging es um Reichensteuern und Bankenrettung – damals sehr aktuelle Themen. Heute wird noch immer das Gleiche diskutiert. Steckt vielleicht gar nicht die Wirtschaft in der Krise, sondern eher die Politik?
Österreich ist in fast jeder Beziehung ein Hochsteuerland. Wenn jetzt der Höchststeuersatz tatsächlich über 50 Prozent hinaus erhöht wird, dann heißt das nichts anderes, als dass Österreich hier weltweit eine Führungsrolle einnehmen würde. Ich bezweifle, ob das im Interesse des Landes und des Standortes wäre. Zur Erbschaftssteuer: Deutschland hat eine Erbschaftssteuer eingeführt und tut sich wahnsinnig schwer, jetzt betriebliche Ausnahmen, wo es um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht, aufrecht zu erhalten. Und: Das große Kapital ist scheu wie ein Reh. Im Moment des Regierungsbeschlusses ist dieses große Kapital weg aus Österreich. Übrig bleibt der Mittelstand, übrig bleiben die Hausbesitzer und übrig bleibt viel Unruhe über höchstens einige hundert Millionen Euro, die man pro Jahr aus einer solchen Steuer holen kann. Da frage ich mich, ob sich das auszahlt.

Und die Bankenrettung – Stichwort Hypo?
Die Hypo Alpe Adria darf keine never ending story werden. Ich halte es für blauäugig zu sagen, dass der Steuerzahler hier nicht mehr zur Kasse gebeten wird. Der Steuerzahler wird als Zahler von Bundessteuern, die ja letztlich auch das Land Kärnten finanzieren, zur Kasse gebeten oder anderswie. Ein Aspekt, der für mich wesentlich ist: Bankenabwicklungsrichtlinien auf europäischer Ebene, Gesetze in Österreich, alles schön und gut – aber wo kommen wir hin, wenn der Bund und wenn auch Länder nicht mehr zu ihrer Haftung stehen? Worauf ist Verlass, wenn man sich auf den Staat als Hafter nicht mehr verlassen kann? Und letztlich ist auch das Land Kärnten Teil des Bundesstaates Österreich. Also das macht mir Sorge.

Ist es haltbar, das Land Kärnten in die Insolvenz gehen zu lassen, sozusagen als Hintertür, damit es nicht der Staat ist?
Die politische Realität wird sein, dass wir Kärnten nicht im Stich lassen können und auch nicht im Stich lassen dürfen. Da wird es am Ende des Tages Solidarität mit Kärnten geben müssen. Und zwar sowohl Solidarität der anderen Bundesländer, aber auch der Himmelpfortgasse.

Damals haben sie das damalige Budget und die Bankenrettung der Regierung Faymann als richtig bezeichnet. Sehen Sie das immer noch so?
Ja. Die Maßnahmen der Bundesregierung zum Thema Bankenrettung und Überwindung der Krise haben sich auch im Nachhinein als richtig herausgestellt. Mit der Weisheit des Rückblicks ausgestattet sind offensichtlich viele Fehler passiert, insbesondere durch das Nichthandeln der Finanzminister danach. Aber dass man prinzipiell Österreichs große Banken unterstützt hat wie den ganzen Sparkassensektor, den Raiffeisensektor, das war absolut richtig. Die Mittel, die damals gewährt wurden, sind auch zum guten Teil schon zurückbezahlt. Banken sind eben für das Wirtschaftsleben – und das betrifft letztlich jeden einzelnen Kontobesitzer – so etwas wie der Blutkreislauf für den menschlichen Organismus. Ohne Banken geht's nicht und dessen muss man sich schon bewusst sein.

Das ist sechs Jahre her, der erhoffte Aufschwung ist aber immer noch nicht da.
Die Entwicklung in Österreich in den letzten Jahren war, vorsichtig ausgedrückt, suboptimal. Es ist zehn Jahre her, da hatte Österreich gegenüber Deutschland die Nase vorn. Das hat sich mittlerweile völlig gedreht. Deutschland hat einen ausgeglichenen Staatshaushalt, Österreich hat ein Defizit von drei Prozent. Deutschland ist in Sachen Wachstum, mittlerweile auch in Sachen Arbeitsmarkt besser unterwegs als Österreich. Da muss sich Herr Faymann schon die Frage stellen lassen: Hat er das Land in den letzten Jahren geführt und, wenn ja, wie? Die Zahlen geben ihm kein gutes Zeugnis.

Sie haben Kanzler Faymann auch schon einmal als Kanzlerkarikatur bezeichnet, in ihrer Biografie. Die ÖVP hat in der Zwischenzeit schon den übernächsten Obmann. Wieviel Zeit geben Sie Reinhold Mitterlehner?
Ich stehe zu dieser Bezeichnung Karikatur eines Kanzlers – mit einigem Stehvermögen. Im Jahr 2008 war ich einer der wenigen Kritiker. Heute sind das deutlich mehr geworden. Der ÖVP ist zu wünschen, dass sie in Sachen Obmannschaft zur Kontinuität findet. Die ersten Monate unter Reinhold Mittlerlehner waren für die ÖVP gut, in manchem sehr gut. Als Juniorpartner einer sogenannten großen Koalition hat man's nicht einfach. Das muss man schon anerkennen.

Trotzdem hat man bei der ÖVP den Eindruck, dass sie es sich schon innerlich nicht einfach macht.
Was ich meiner Partei wünsche, auf Bundes- und auch auf Landesebene, ist der unbedingte Wille, politisch die Nase vorn zu haben. Stärkste Kraft im Bund und im Land zu sein. Sich den Kanzler und den Landeshauptmann auch zuzutrauen. Da hat man manchmal Angst vor der eigenen Courage. Was den Bund betrifft: Mitterlehner hat den Zug nach vorn und nach oben. Den Zug ins Kanzleramt.

Gehören die Bünde abgeschafft?
Die Bünde sind nicht das Problem der ÖVP. Wolfgang Schüssel hat das über Jahre – er war über 12 Jahre Bundesobmann – sehr geschickt austariert. Jede Partei hat ihre Strukturen. Die ÖVP hat ihre Bünde, letztlich ruht sie auch auf dem Fundament der Länder und der Gemeinden. Also die Strukturen sind nicht das Problem der ÖVP.

Sollte es die Hauptaufgabe eines Kanzlers sein, die Bünde und seine eigene Partei auszutarieren?
Es ist in Österreich Tradition, dass der jeweilige Regierungschef/chefin auch Parteiobmann ist. Das ist auch in Deutschland nicht anders. Letztlich war es auch der Anfang vom Ende von Schröder, als er den Parteivorsitz abgegeben hat. Damit war Schröder in Deutschland so eine "lame duck" (deutsch: "lahme Ente"). Parteiarbeit gehört eben in Österreich und Europa einfach dazu. Das ist in den USA anders. Von Barack Obama ist gerade einmal bekannt, dass er Demokrat ist. Das ist eine ganz andere Tradition. Unsere Tradition ist okay und Parteiarbeit gehört dazu. Parteien sind demokratiepolitisch schon recht wichtig, weil Parteien für viele Sachen ein Filter sind. ich halte wenig von basisdemokratischen Diskussionen der Art „wir sind das Volk und bestimmen jetzt per Volksentscheid, wie wir in Sachen Ausländerpolitik, Reichensteuer, Kriminalitätsbekämpfung vorgehen würden“. Da ist es schon gut, dass es Parteien gibt, dass es eine repräsentative Demokratie gibt. Dass hier kurzfristige Emotionen überdacht und kanalisiert werden und dann die Regierung und letztlich das Parlament die Entscheidungen treffen.

Lenkt diese Parteiarbeit manchmal zu sehr von der Regierungsarbeit ab? Von der Arbeit für die Bevölkerung?
Spitzenpolitik ist insgesamt recht zeitraubend. Aber glauben Sie mir, auch Medienarbeit kostet in der Spitzenpolitik recht viel Zeit, gehört aber dazu. Das ist alles zu machen. Von 40 Stunden oder 38 Stunden wie in unserer Branche spricht dort niemand. Ich war 14 Jahre Minister – mit einem guten Stab, mit guten und exzellenten Mitarbeitern und mit einer vernünftigen Zeiteinteilung lässt sich das alles bewältigen.

Ein ganz anderes Thema: Heuer werden 70 Jahre Kriegsende gefeiert. Das bringt das Thema auf, dass in ihrem Wohnsitz und ehemaligen Firmensitz, dem Schloss Lannach, ein Pflanzenlabor der SS untergebracht war. Planen sie dazu heuer eine Gedenkveranstaltung?
Ein Jahr lang gab es ein sogenanntes "SS-Institut für Pflanzengenetik" oder Pflanzenforschung. Dort waren KZ-Insassinnen – Jeuginnen Jehovas würde man heute sagen. Inhaftiert ist der falsche Ausdruck, weil sie sich hier frei bewegen konnten.

Laut einer Studie, die Sie erstellen ließen, waren das so eine Art Zwangsarbeiterinnen.
Sie sind aus dem KZ Ravensbrück hier abgestellt worden. Die arbeiten von Professor Karner haben klar gezeigt, dass in diesem SS-Institut diesen, vor allem aus Polen kommenden, Zeuginnen – das waren nur Frauen  – Jehovas kein Haar gekrümmt wurde und sie sich auch hier frei bewegen konnten. Das ist auch eine Erläuterung dafür, warum die Bevölkerung hier, die Lannacher, davon nichts mitbekommen hat.

Weil es nicht gewirkt hat wie ein Gefängnis.
Die Frauen sind offensichtlich auch nicht in Sträflingskleidung unterwegs gewesen. Und meine Familie hat auch den Fuß erst erst in den 50er-Jahren hierher gesetzt. Ich bin ja ein 1953er.

Also erst sehr viel später. Planen sie eine Gedenkfeier?
Es ist dieses Buch (Anm.: von Stefan Karner) publiziert worden, es gibt eine Gedenkschrift. Aber eine Feier in dem Sinn ist nicht geplant.

(Nähere Informationen zur Studie gibt es hier.)

Sie gelten als sehr pedantisch. Gibt es irgendetwas, worüber sie sich richtig ärgern können?
Ich bin in mancher Hinsicht pedantisch. Ich laufe recht viel in dieser Gegend und da kommt es schon vor, dass ich rechts und links der diversen Laufwege das, was andere Zeitgenossen an Zigarettenpackln, Mcdonalds-Sackerln oder Red-Bull- und sonstigen Dosen liegenlassen, aufhebe. Aber ich kenne einige, die das auch so sehen, dass man schon schauen sollte, dass es Zuhause – und letztlich ist Lannach mein Zuhause – ordentlich und sauber hergeht.

Legen sie auch in anderen Lebensbereichen wert auf diese Genauigkeit?
Ich bin von der Ausbildung her Naturwissenschafter. Chemiker. Ich bin verantwortlich – nicht alleine – für ein Pharmaunternehmen. Ich habe relativ viel mit Finanzen zu tun. Das alles sind schon ganz gute Hintergründe, eher mit Präzision und mit Sachverstand an die Dinge heranzugehen.

Was ärgert sie am meisten – bei anderen Leuten?
Ich habe gelernt – das ist ja auch eine Frage des Älterwerdens – viele Dinge wegzustecken und mich nicht groß drüber zu ärgern. Am meisten Ärger verursachen bei mir eigentlich eigene Fehler und eine eigene überschießende Reaktion. Da kann ich mich dann schon zwei, drei Tage oder eine halbe Nacht über mich selber ärgern wegen einer falschen Reaktion. Und abgesehen davon: wenn einfach an der Sache vorbeigeredet, an der Sache vorbeiargumentiert wird. Wenn Sachverhalte verdreht werden. Das geht mir sehr gegen den Strich und dazu sage ich dann auch was.

Wird es dann auch ein bisschen emotionaler?
Ja, wobei ich nie laut werde. Aber ich stelle dann schon Dinge richtig. (lacht) Ich lasse mich sehr gerne durch Sachargumente überzeugen, auch was eigene Positionen anbelangt, überhaupt kein Problem. Insbesondere wenn ich selbst auf der falschen Spur war. Aber bitte mit sachlicher Kompetenz und nicht mit Behauptungen, die keine sachliche Grundlage haben.

Könnten Sie ohne Geld glücklich sein?
Die Frage hat sich mir noch nicht gestellt. Für einen Franz von Assisi würde ich warhscheinlich nicht taugen. ich bin evangelisch, aber meine Frau und Kinder sind katholisch. In der Familie haben wir niemals irgendwelche Konfessionsthemen – ich sage das deshalb, weil die Kirche in Lannach dem Heiligen Franz von Assisi gewidmet ist. Ich fühle mich wohl mit dem Wissen, dass die finanzielle Basis für meine Familie und im übrigen auch für mein Unternehmen eine recht solide ist. Ich bin da nicht nur im Unternehmen, sondern auch in meiner Ministerschaft in hohem Maß von meiner Frau geprägt und wir sind uns da völlig einig, dass wir von Banken unabhängig sind. Ich gehe unternehmerisches Risiko ein, aber es war nie ein Ziel von mir und wird auch nie eines sein, so viel an Bankmitteln zu haben, dass dann die Banken unruhig schlafen und nicht man selber. Unser unternehmerisches Handeln beruht letztlich darauf, dass wir das mit eigenem Geld tun und nicht mit fremdem Geld.

Warum ist es Ihnen so wichtig, das Unternehmen fortzuführen und etwas Stabiles zu schaffen?
Ich komme aus einer Unternehmerfamilie. Ich finde Unternehmertum wichtig, interessant und bin auch persönlich sehr dankbar ob dieser Unabhängigkeit. Ein mittelständischer Eigentümer-Unternehmer zu sein, mit einer Verantwortung für circa 1.000 Mitarbeiter, ist schon auch eine wichtige Aufgabe. Wenn man das mit dem Wirtschafts- und Arbeitsminister in Relation setzt – beide braucht das Land.

Und Sie sind praktisch beides in einer Person?
Naja, eins nach dem anderen. Das war eine faszinierende Phase und ich war – das hat mir mein Freund Reinhold Lopatka einmal herausgearbeitet – der längstdienende Minister der zweiten Republik, wenn man Schüssel als Kanzler weglässt. Und ich war zu meiner Zeit auch der längstdienende Minister Europas. Aber ich bin mit Blick auf frühere Bundeskanzler und Minister sehr, sehr froh, dass ich auch eine Aufgabe in der Privatwirtschaft habe. Weil der Umgang Österreichs mit seinen früheren Kanzlern nicht sehr beispielhaft ist. Man hat in diesem Land auf die Erfahrungen und Verbindungen eines Vranitzky, eines Schüssel viel zu leichtfertig verzichtet. Ein Klima wurde ins argentinische Exil vertrieben. Dort ist er heute noch beziehungsweise jetzt ist er in Pension. Aber er war nicht unerfolgreich in führender Stellung für VW Lateinamerika.

Also gibt es schon Dinge, die Sie ärgern, wie zum Beispiel so etwas.
Es gibt genug, mit dem ich nicht einverstanden bin, natürlich.

Wo gehen Sie denn hin, wenn sie davon Abstand gewinnen wollen? Wo erholen Sie sich?
Erholen, erholen. Um mit Ärger fertig zu werden und auch mit Enttäuschungen, aber durchaus auch mal um einen Erfolg abzufeiern, eine Stunde oder auch eineinhalb Stunden durchs Kainachtal zu laufen – das passt schon.

Nachdem wir nun einige Zeit in der Vergangenheit und Gegenwart herumgestöbert haben, würde mich noch interessieren: Sind Sie auf Facebook?
Nein.

Aus einem bestimmten Grund?
Wenn ich eine öffentliche Position hätte, käme ich an Facebook und Twitter vermutlich nicht vorbei. Aber ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich da mein Innerstes in irgendeiner Weise öffnen sollte und halte es auch für ein erhebliches Risiko. Alles, was du online stellst – und da gilt, je jünger, desto naiver und unvorsichtiger, leider Gottes –, ist dann gespeichert. Es gibt zwar Möglichkeiten zu löschen, aber schauen wir mal. Ich bin vernetzt und online und maile und all das... aber Facebook? Nein.

Zum Unternehmen

Pharma: Generikon Pharma zu 50 Prozent (Generika) sowie Gerot Lannach Pharma (Markenarzneimittel). Umsatz 2014: 205 Millionen Euro (beide gemeinsam)
Industrie: In Österreich und Serbien werden pro Jahr 1,5 Milliarden PET-pre-forms (Kunststoff-Rohlinge für Flaschen) im Spritzgussverfahren hergestellt. Daraus pressen die Hersteller – z.B. Coca Cola oder Henkel – später ihre eigene Flaschenform. Umsatz pro Jahr: 100 Millionen Euro
Sonstige: Gemeinsam mit der Post ist man am Pharma-Großhandel AEP in Deutschland beteiligt. Umsatz pro Jahr: 200 Millionen Euro
Gesamtumsatz 2014: ca. 500 Millionen Euro

Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 1.000 Mitarbeiter. 620 davon gehören zu G.L. Pharma, 420 davon am Standort in Lannach.
Pro Jahr werden rund 95 Millionen Packungen Medikamente mit rund 3,1 Milliarden Tabletten produziert.
Derzeit machen 12 Lehrlinge bei G.L. Pharma ihre Ausbildung. Jedes Jahr werden drei bis vier neue Lehrlinge aufgenommen, in Berufen wie Chemielaborant/in, Chemietechniker/in oder Pharmatechniker/in.
2014 wurde in Lannach direkt an der B76 das neue Firmen-Bürogebäude eröffnet. Es bietet Platz für 130 Mitarbeiter.

Zur Person

Martin Bartenstein
* 3. Juni 1953 in Graz
Bundesminister a.D., Unternehmer

Nationalrat
1995-1996: Umweltminister
1996-2000: Umwelt-, Jugend- und Familienminister
2000-2008: Wirtschafts- und Arbeitsminister
1991-2013: Abgeordneter zum Nationalrat (mit Ausnahme der Zeiten als Minister)

Politische Funktionen
1988-1992: Bundesvorsitzender der Jungen Industrie, Obmann der Steirischen Kinderkrebshilfe
1993: Präsident der Österreichischen Kinderkrebshilfe
1991-1994: ÖVP-Industriesprecher
verschiedene Funktionen in der Wirtschaftskammer Steiermark und Österreich
2002: Präsident der Österreichischen Basketballbundesliga

Unternehmer
1978: Eintritt als Chemiker, Lannacher Heilmittel GmbH
1980-1995: Alleingeschäftsführung, Lannacher Heilmittel GmbH
2009: Geschäftsführer, Gerot-Lannach Holding GmbH

Bildung
Akademisches Gymnasium, Graz
1971-1978: Doktoratsstudium der Chemie an der Universität Graz

Mehr Porträts aus der Serie "Unsere Unternehmer" finden Sie hier.

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