Irene Diwiak über die Lust an der Schreiberei und vieles mehr

Irene Diwiak ist mit Sprache vielfach verbandelt. Jetzt ist mit "Liebwies" ihr erster Debüt-Roman erschienen. | Foto: © www.corn.at / Deuticke
  • Irene Diwiak ist mit Sprache vielfach verbandelt. Jetzt ist mit "Liebwies" ihr erster Debüt-Roman erschienen.
  • Foto: © www.corn.at / Deuticke
  • hochgeladen von Susanne Veronik

Die vielfach ausgezeichnete Autorin Irene Diwiak ist in Deutschlandbserg fix verwurzelt und lässt jetzt mit ihrem Debüt-Roman "Liebwies" aufhorchen. Wir haben die junge Schriftstellerin zu einem Interview gebeten:

Sie sind ursprünglich aus Deutschlandsberg und studieren in Wien, wie halten Sie Kontakt zu Ihrer Heimat?

Schon einmal "gezwungener Maßen" dadurch, dass meine Eltern noch dort wohnen. Aber auch viele Freunde wohnen noch in oder in der Nähe von Deutschlandsberg. Und hin und wieder komme ich sogar beruflich in die Gegend, zum Beispiel hat Astrid Mellak eine Lesung mit mir am BORG Deutschlandsberg, meiner ehemaligen Schule, organisiert. Das ist dann natürlich eine ganz besondere Freude.

Wann und wie haben Sie an sich selbst diese Berufung zur Sprache und zur schreibenden Zunft entdeckt?

"Berufung" ist ein sehr hochtrabender Begriff für mein Schreiben. Mir macht es einfach Spaß. Tatsächlich habe ich schon als Kind sehr gerne Geschichten erfunden, und dann entweder mit dem Kassettenrekorder aufgenommen oder meinem Papa diktiert. Mit acht Jahren habe ich dann das erste Mal beim Literaturwettbewerb der Jugendliteraturwerkstatt Graz mitgemacht und auf Anhieb den 2. Platz geschafft. Der Preis war eine Schreibwoche in Halle/Saale (damals für mich quasi eine Weltreise). In den folgenden Jahren habe ich immer wieder kleine Erfolge mit meinen Texten feiern können - dadurch habe ich dann einfach nie aufgehört mit dem "Geschichtenerfinden". Also, im Großen und Ganzen würde ich sagen: Der Beruf ist mir eher zufällig passiert. Den Traumberuf Schriftstellerin hatte ich eigentlich nie.

Was haben Sie von Ihrer Familie für Ihre Laufbahn mitbekommen?

Freiheit, vor allem. Da gab es nie die Vorgabe, etwas "Gescheites" zu lernen. Du willst auf die Bühne? Probier's aus. Du willst Sprachen studieren? Mach es einfach! Ich musste meine Entscheidungen nie rechtfertigen oder eine konkrete Berufslaufbahn vorlegen. Dadurch konnte ich vieles ohne Druck auf mich zukommen lassen, vieles Ausprobieren - und nur so konnte auch ein Roman entstehen.

Sie studieren Komparatistik, bitte erklären Sie unseren Lesern, was das ist ...?

Auf Deutsch: Vergleichende Literaturwissenschaft. Im Grunde heißt das nichts anderes, als die Erforschung der Literatur aller Sprachen und Kulturkreise (im Gegensatz zum Beispiel zur Germanistik, wo es nur um deutschsprachige Literatur geht). Man kann das Fach aber noch weiterfassen, indem man auch z.B. intermediale Phänomene (Filme, Songtexte...) berücksichtigt. Das heißt, alles, was irgendwie mit "Text" zu tun hat, kann man auch irgendwie komparatistisch abarbeiten. In meiner Masterarbeit geht es zum Beispiel um Operettentexte im Nationalsozialismus - auch das kann Komparatistik sein.

Man kennt Sie als Verfasserin von Kurzhörspielen, Theaterstücken und Erzählungen am internationalen Parkett. Ihre Texte sind in Zeitschriften und Anthologien erschienen. Heuer haben Sie mit „Liebwies“ ihren Debütroman geschrieben, der auf die Shortlist für den Debütpreis des Österr. Buchpreises kam. Könnten Sie uns in Ihren Worten erklären, worum es geht?
Der Roman spielt in der Zwischenkriegszeit in Österreich. Die Hauptfiguren sind zwei Frauen: Gisela Liebwies und Ida Padinsky, verheiratete Gussendorff. Während die attraktive Gisela eine große Karriere als Sängerin macht, obwohl sie eigentlich nicht singen kann, bleibt Idas Talent als Komponistin im Dunkeln. Erzählt wird die Lebensgeschichte der beiden vom Standpunkt verschiedener Nebenfiguren, die die Protagonistinnen eine zeitlang begleiten. So habe ich versucht, ein möglichst umfassendes Gesellschaftsbild dieser spannenden Zeit zu zeichnen, in der sich im Hintergrund bereits der Nationalsozialismus ankündigt.

Woher kommt in Ihren jungen Jahren diese umfassende Lebenserfahrung, ums so prägnant und zuweilen bissig und ironisch zu schreiben?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich mich eigentlich schon immer (auch als Kind schon) ziemlich alt und abgeklärt fühle. Aber wahrscheinlich kaschiere ich die fehlende Lebenserfahrung durch umfassende Lektüre. Ich beziehe mehr Inspiration aus Kunstwerken (Büchern, Filmen, Musik...) als aus meinem eigenen Erleben.

Stichwort theaterzentrum Deutschlandsberg: Auch hier sieht man immer wieder Ihren Namen z.B. als Texterin von „Niemand ist vollkommen“ in Anlehnung an „Manche mögen heiß“ nach Billy Wilder. Wie sind Sie heute noch mit dem theaterzentrum verbunden?

In erster Linie natürlich personell: Meine Eltern und Geschwister sind nach wie vor im Theaterzentrum aktiv, ich habe dort immer noch meinen Freundeskreis. Daher schaue ich mir auch fast alle Stücke an. Ganz selten trete ich noch als Gast bei Impro-Shows auf, mehr aktive Beteiligung ist aber zeitlich leider nicht mehr schaffbar.

Nestroy-Gewinner Felix Hafner hat Sie im jüngsten WOCHE-Interview als gute Freundin bezeichnet, über die er zum theaterzentrum Deutschlandsberg gekommen ist, was sagen Sie zu seinem Erfolg?
Die Aussage muss ich noch um die Geschichte ergänzen, dass er eigentlich auch über mich aufs Reinhardt-Seminar gekommen ist. Wir haben die Aufnahmeprüfung nämlich gemeinsam absolviert, und hätte ich ihn nicht an den Termin erinnert, hätte er ihn glatt übersehen. Also finde ich, ein Hundertstel dieses Nestroy-Preises steht eigentlich mir zu. Aber zu Ihrer Frage: Ja, was soll man denn zu so einem Erfolg sagen? Das ist natürlich großartig! Sehr verdient! Und ich bin auch nur ganz ein bisschen neidisch... ;)

Nestroy-Preisträger Felix Hafner im großen Interview

Im zarten Alter von zehn Jahren, haben Sie ihren ersten Literaturpreis bei der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz gewonnen, kürzlich war es der Literaturpreis vom Verein Exil, dazwischen sind viele andere Preise an Sie verliehen worden. Welche Ihrer Auszeichnungen ist Ihnen am wichtigsten und warum?
Ausschreibungen von Preisen und Stipendien sind für mich immer eine großartige Motivation, Texte auch fertig zu schreiben. Sonst hätte ich wahrscheinlich nur eine ganze Festplatte voll Anfängen. Und wenn ein Text wirklich ausgezeichnet wird, ist das natürlich ein großer Motivationsschub. Einen "Lieblingspreis" in dem Sinne gibt es nicht, verschiedene Preise haben verschiedene Vorteile: der fm4-Wortlaut-Wettbewerb hat die größte Medienpräsenz, auch dadurch, dass der Siegertext im Standard abgedruckt wird. Das war eigentlich das erste Mal, dass wirklich viele Menschen einen Text von mir gelesen haben. Andere Preise sind dafür extrem hoch dotiert, durch die Jugendliteraturwerkstatt Graz sind lebenslange Freundschaften entstanden, Stipendien haben dazu beigetragen, dass ich den Roman vollendet habe... Es lohnt sich jedenfalls jede Teilnahme.

Welcher literarische Wurf ist als nächstes von Ihnen zu erwarten?

Ich schreibe schon am zweiten Roman, über den ich noch nicht allzu viel verraten will. Es wird ein Spiel mit dem Krimigenre, und obwohl das Buch sicher ganz anders wird als das erste, kommen schwarzer Humor und die Ironie auch diesmal nicht zu kurz. Außerdem geht es wieder um Geschlechterfragen und Gerechtigkeit - auf eine ganz andere Art und Weise erzählt, natürlich.

Noch eine sehr speezifische Frage zum Abschluss: Paul Mc Cartney kommt ebenso in ihren Texten vor wie John Lennon, was haben Sie mit den „Pilzköpfen" am Hut?
Die Beatles sind ja mittlerweile fast schon ein kulturhistorisches Phänomen. So bin ich eigentlich auch auf sie gestoßen: Da ich kaum Musik von ihnen kannte (vor allem natürlich die Hits wie "Let it be" oder "Yellow Submarine"), hörte ich mir ein paar Lieder im Internet an - quasi aus Bildungszwecken. Zufällig stieß ich auf das "White Album" - das ist ja insane! Da sind ganz viele verschiedene Stile miteinander verwoben, Experimentelles ebenso wie das fast schon schlagerhafte "Obla-di-obla-da". Das war so viel mehr als Yellow Submarine! So hat eigentlich meine persönliche Beatles-Manie begonnen.
Die Spannung zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Legenden und historischen Tatsachen, der "Guten-Laune-Musik" und den teilweise tragischen Lebensgeschichten, der große Einfluss auf die gesamte Populärkultur... Das alles erweist sich für mich als große literarische Inspiration. Wer weiß, vielleicht wird es irgendwann einmal ein Beatles-Buch von mir geben...?

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.