Postrakete, Alm-Disput und Co.
Als Graz-Umgebung Nord Geschichte schrieb

Die Säumer waren mit ihren Tieren unterwegs. Noch heute wird die Tradition hie und da gefeiert. | Foto: Albert Schweizer
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Was macht Graz-Umgebung so einzigartig und vor allem: Was ist in den Gemeinden, so wie sie heute den Bezirk bilden, einst geschehen, dass Geschichte geschrieben hat? Wir haben uns ein paar Höhepunkte genau angeschaut. 

GRAZ-UMGEBUNG. Dass das Stift Rein nicht nur das älteste Zisterzienser Stift der Welt, sondern auch die Wiege der Steiermark ist, dass in Peggau mit dem Skelett "Peggy" die bislang älteste Steirerin gefunden wurde, dass das Sensenwerk Deutschfeistritz das letzte seiner Art war oder dass die Badlwandgalerie eine Zeitzeugin für das Industriezeitalter ist, das dürfte bekannt sein. In Graz-Umgebung Nord wurde viel Geschichte geschrieben, die im Kleinen und Großen etwas veränderten. Und doch gibt es Ereignisse, die nicht in jedermanns Erinnerung sind – einige davon wollen wir hier vorstellen. 

Postweg über den Schöckl

Der Wissenschafter Friedrich Schmiedl entwickelte im Jahr 1931 die weltweit erste Postrakete. Wie es der Name schon verrät, sollten die Postraketen Briefe rasch versenden können. Was als geniale Erfindung des Grazers gedacht hat, war aber schon rasch wieder in Vergessenheit geraten, denn die Postraketen konnten nur einmal benutzt werden, ihre Zielgenauigkeit ließ zu wünschen übrig und überhaupt waren die Kosten viel zu hoch.  Die erste ferngesteuerte Postrakete zündete Schmiedl am Schöckl

Vielleicht eine gute Idee, doch an der Umsetzung haperte es: die Postrakete | Foto: Wolfgang Gaube
  • Vielleicht eine gute Idee, doch an der Umsetzung haperte es: die Postrakete
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Gut 100 Briefe konnten mithilfe eines Fallschirm die St. Radegunderinnen und St. Radegunder erreichen. Dennoch gilt die erste offiziell angesehene Postrakete als jene, die im September 1931 von Schmiedl wiederum auf dem Hochtrösch in Semriach zündete. Noch ein paar dieser Versendungen folgten. Der Raketenpionier wollte mit seiner Erfindung die Beförderung der Post zwischen nur schwer erreichbaren Dörfern in Gebirgslage vorantreiben. Die österreichischen Postfunktionäre konnten der Idee aber nicht abgewinnen.

Der Bau der Bahn hoch hinauf

Apropos Schöckl: Um den Aufstieg auf den Schöckl zu erleichtern, wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mit Plänen begonnen, wonach die ohnehin schon zahlreich erschienenen Ausflüglerinnen und Ausflügler von Oberandritz nach Kalkleiten gelangen sollten – Alpenhotel, Villenkolonien und Wasserleitungen inklusive. Ein Detailprojekt aus dem Jahr 1909 sah eine Summe von gut 900.000 Kronen vor. Die Stadt Graz, die vorgesehener Pächter der Schöcklbahn war und dafür etliche Grundstücke entlang der geplanten Bahnlinie kaufte, forcierte die Verlängerung auf eine Straßenbahn nach Oberandritz zur Basisstation der Schöcklbahn, um an die Linie anschließen zu können. 

Heute geht es für jene, die es wollen, auch ganz bequem auf den Schöckl. Anno dazumal war der Plan, mit einer Seilbahn nach oben zu kommen, eine große Vision. | Foto: Franz Schaufler
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Das vielversprechende Vorhaben wurde aber so nie umgesetzt. Ein Streit innerhalb des Gemeinderates führte zum Abbruch der Pläne – schlussendlich machte der Erste Weltkrieg dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. 1951 wurde die erste Seilbahn von St. Radegund aus bis zum Gipfelplateau in Betrieb genommen. Zwei Jahre später wurde auf der "anderen" Seite, von Semriach aus, ein Einer-Sessellift gebaut, der heute nicht mehr existiert.

Sessellift in den 1950ern: Auf den Plabutsch hinauf gab es eine Verbindung mit einem Sessellift, eine ähnliche wurde von Semriach Richtung Schöckl installiert. | Foto: Sammlung Tramway Museum Graz
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Heilkuren waren gefragt

Dass in St. Radegund die erste Kaltwasserheilanstalt der Steiermark gegründet wurde und dass sich hier Kurgäste von Nah und Fern nicht nur, aber auch von den Quellen und der frischen Luft heilen ließen, das weiß man. Aber das auch Frohnleiten einst eine Gemeinde war, in die man reiste, um sich heilen zu lassen, dass ist meist nur Einheimischen bekannt. Dort, wo heute das Rathaus steht, gab es einst eine Kur- und Wasserheilanstalt. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war die Nachfrage groß, so groß sogar, dass der damalige Arzt Eduard Hohmann die Erweiterung des Kurbetriebes beantragte, die Benutzungsbewilligung erhielt er im Jahre 1905. Nach dem Tod Hohmanns erbte Betty Edle von Feyrer das "Sanatorium Austria".

Erinnerung an die "Kur und Wasserheilanstalt 'Austria'" | Foto: Daniela Grabe/Verein für Gedenkkultur
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Nach dem Ersten Weltkrieg verkaufte sie wiederum das Haus an den jüdischen Arzt Samuel Weiss, der den Betrieb nach und nach ausbaute, um die Therapien mit Berücksichtigung auf psychischen Erkrankungen zu ergänzen. 1937 wurde das Sanatorium nach gut 30 Jahren im Betrieb geschlossen: Der Familie wurden die Konzessionsrechte entzogen, sie wurden ausgebürgert, ihr Vermögen verfiel dem Deutschen Reich.  

Einer der beliebtesten Kurorte der Monarchie schlechthin war wiederum Judendorf-Straßengel in der heutigen Marktgemeinde Gratwein-Straßengel. Mit der Errichtung der Eisenbahn war der Ortsteil nämlich gut erreichbar und ein beliebtes Ausflugsziel geworden. 1892 wurde das ersteh Kurhaus errichtet, acht Jahre später wurde es ausgebaut. Hier wurden unterschiedliche Krankheiten behandelt: Erkrankungen des Nervensystems, der Atmungsorgane, Blutkrankheiten oder auch Malaria. 1901 übernahm der Doktor Karl Feiler – Kohlensäurebäder, Sauerstoff- und Wannenbäder, strikte Diätpläne, Ordinationen, Kurräume, Appartements, Pläne für einen Winterkurort etc. inklusive. Die Infrastruktur rundherum wuchs und gab den Wirtschaftstreibenden einen ordentlichen Aufschwung. Im Ersten Weltkrieg wurden Verwundete und Schwerkriegsbeschädigte aufgenommen. 

Revolution auf der Alm

Einst war die Gleinalm als Zwischenstation der Benediktinerabtei Sekau und des Stift Reins eine wichtige Handelsroute, doch weil die Wege zu schmal für Fuhrwerke waren, traf man entlang der Route sogenannte Säumer – das Wort stammt vom "Saum" und entspricht einer alten Maßeinheit für eine Last, die ein Pferd tragen konnte – im Auftrag von Kaufleuten, die mit ihren Pferden, Eseln oder Ochsen unterwegs waren. Auf gut dem halben Weg zwischen der Obersteiermark und dem Grazer Raum trafen sich die Säumer, um die Ware zu übergeben beziehungsweise entgegenzunehmen und weiterzutransportieren.

Die Säumer waren mit ihren Tieren unterwegs. Noch heute wird die Tradition hie und da gefeiert. | Foto: Albert Schweizer
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"Die Säumerei kann als Vorgänger der LKW-Transporte angesehen werden, die Bauernhäuser in luftigen Höhen sozusagen als erste Autobahnraststationen. Waren aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Österreich wurden über die Pässe und Sattel transportiert", verrät Klaus Seelos vom Freilichtmuseum. Der Weg über die Glein- und Stubalm war rege. Neben den Säumern waren immer mehr Hirten, Viehhändler, Wanderhändler oder Boten unterwegs. Das hatte zur Folge, dass Kaiser Friedrich III. 1489 den Transport verbieten ließ. Denn die heutige Stadtgemeinde Leoben beschwerte sich über fehlende Maut, immerhin blieben die Einnahmen aufgrund des Weges über die Alm aus. Um das Sperren in Erinnerung zu behalten, feiern zum Beispiel die Übelbacherinnen und Übelbacher den symbolischen Protest unter dem Namen "Saumwegsperren".

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