Zu Hause in der Steiermark
"Fledermauszähler" unterwegs: Bestand gestiegen

"Derzeit werden 925 verschiedene Fledermausarten wissenschaftlich anerkannt", heißt es vonseiten der Lurgrotte Peggau. | Foto: Oliver Gebhardt
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Die Fledermäuse fühlen sich zu Hause: In der Lurgrotte Peggau und Semriach fand die alljährliche Fledermauszählung statt – und man darf sich freuen, denn die Gemütlichkeit der Höhle lockt die kleinen Tierchen an. Der Bestand ist gewachsen. Wir haben nachgefragt, warum überhaupt gezählt wird und was der Bestand über die Natur verrät.

PEGGAU/SEMRIACH/STEIERMARK. Die Lurgrotte Peggau und Semriach, die Eingänge sind miteinander verbunden, ist die größte Tropfsteinhöhle Österreich. Ein Wunder der Natur, das seit Jahrmillionen Geschichte erzählt. Hier drinnen führen schmale Gänge in Grotten und Nischen, man hört das Wasser tropfen, Licht und Klang verändern sich und fordern genaue Beobachtung. Wem das alleine als Abenteuer nicht reicht, der kann in der Tiefe seine Bewohner beobachten: Die Lurgrotte ist im Winter Heimat der Fledermäuse. Höhlenforscher und ehrenamtlicher Fledermauszähler Harald Polt, Landesverein für Höhlenkunde in der Steiermark, und sein Team von Batlife Österreich sowie dem Universalmuseum Joanneum haben kürzlich erfasst, wie viele es aktuell gibt.

Bitte nicht stören: Die Fledermäuse halten gerade noch Winterruhe. | Foto: Lurgrotte Peggau
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Wieder mehr Fledermäuse

Seit gut 35 Jahren macht sich Polt Jahr für Jahr im Winter auf den Weg, um die steirischen Höhlen zu erforschen und Fledermäuse zu zählen. Der Zeitraum ist nicht zufällig gewählt: Wenn es draußen kalt ist, halten die Tiere ihre Winterruhe. Die Erfassung der Tiere nennt sich Wintermonitoring und ist für die Teams aufgrund der eisigen Tiefen oft nicht ungefährlich. Aber so halten die Fledermäuse eben still – verkriechen sie sich in Spalten, sind sie natürlich schwerer zu finden. Das Monitoring dient dazu, Bestandsschwankungen über einen längeren Zeitraum zu erfassen und eventuell Schutzmaßnahmen vorzuschlagen.

Gut zu wissen ...

Fledermäuse sind übrigens besser als ihr Ruf, gerade Hausbesitzerinnen und -besitzer könnten sich eigentlich freuen, die Tiere bei sich zu haben, denn auch, wenn sie Dreck machen, sie sorgen dafür, dass Insekten, Motten, Gelsen, sogar Fliegen, fernbleiben, weil sie auf dem Menüplan der fliegenden Mäuse stehen.

Der "Fledermausflüsterer" Harald Polt zählt mit einem Team regelmäßig den Bestand in der Steiermark. | Foto: Harald Polt
  • Der "Fledermausflüsterer" Harald Polt zählt mit einem Team regelmäßig den Bestand in der Steiermark.
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Seit 1990 wird auch in der Lurgrotte die "Strichliste" gemacht. Damals, heißt es vonseiten des Peggauer Lurgrotten-Teams, war der Fledermausbestand so niedrig, dass man vom Aussterben der Tiere sprach. Heute sieht das anders aus: Bei der letzten Zählung am 6. Jänner hat man 1.150 Stück in Peggau und 586 Stück in Semriach notiert – eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. "Seit ich dabei bin, gibt es immer Steigerungen. Wahrscheinlich bin ich selbst dafür verantwortlich, dass sich die Fledermäuse in den Höhlen zu Hause fühlen", lacht "Fledermausflüsterer" Polt. Insgesamt konnten zehn von 29 österreichischen Fledermausarten gleichzeitig in der Lurgrotte gesehen werden.

Im Winter fühlen sich die Fledermäuse im wahrsten Sinne des Wortes in der Lurgrotte zu Hause. | Foto: Harald Polt
  • Im Winter fühlen sich die Fledermäuse im wahrsten Sinne des Wortes in der Lurgrotte zu Hause.
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Einfluss von Mensch und Klima

Tatsächlich ist es aber wirklich so, dass es einen Zusammenhang zwischen Bestand und Verhalten der Menschen gibt. Beispiel: In den 1970er-Jahren verwendete die Landwirtschaft viele Insektizide. "Die Fledermäuse haben das Gift aufgegriffen, viele wurden auch steril", verrät der Experte. "Der Bestand damals war wirklich dramatisch." Seit die Landwirtschaft Pestizide zur Abtötung, Vertreibung oder Hemmung von Insekten reduziert, können die Fledermäuse ihre Nahrung wieder "frei von" genießen. Ein steigender Bestand sagt darüber hinaus viel über den Umweltschutz und das Klima aus. "Ja, wir merken an den Tieren, dass die Erderwärmung zunimmt." 

Ein niedriger Fledermausbestand verrät viel darüber, wie mit der Umwelt umgegangen wird. | Foto: Pixabay
  • Ein niedriger Fledermausbestand verrät viel darüber, wie mit der Umwelt umgegangen wird.
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Konkret heißt das: "Es gibt wärmeliebende und kälteliebende Arten. Die Tiere wandern dorthin, wo ihnen das Klima am besten passt. In Peggau zum Beispiel macht die Hufeisennase, die zu den wärmeliebenden zählt, 94 Prozent des Bestandes auf. Die kälteliebende Mopsfledermaus zum Beispiel, die findet man in der Mittelsteiermark nicht mehr oft, sie weicht ins kühlere Gebirge aus." Bei der Mopsfledermaus macht sich aber auch der Verlust von altholzreichen Laubwäldern und eine intensive forstwirtschaftliche Nutzung von Waldgebieten bemerkbar, denn die Tiere mögen Totholz, sind in Baumhöhlen und Baumspalten anzutreffen. 

Die Mopsfledermaus ist eine bedrohte Tierart. | Foto: Harald Polt
  • Die Mopsfledermaus ist eine bedrohte Tierart.
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2022 wurde mit der Mittelmeerhufeisennase gar eine für Österreich ganz neue Art entdeckt – in Semriach. Sie sind eigentlich rund um das Mittelmeer beheimatet. "Die Lurgrotte bietet die idealen Bedingungen: Es ist kalt und sehr feucht (Anm. d. Red. die durchschnittliche Temperatur beträgt neun Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit nahezu 95 Prozent), trockene Höhlen mögen die Fledermäuse nicht", sagt Polt.

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