60 Jahre SOS-Kinderdorf
Kindsein gerecht werden: In Stübing fing es an
Die SOS-Kinderdörfer feiern heuer Jubiläum. Seit 60 Jahren sind sie das liebevolle Zuhause für viele Kinder, aber auch ein schöner Arbeitsplatz für Menschen mit sozialer Ader. In Stübing fing alles an. Wir konnten mit einer Kinderdorf-Mama der ersten Stunde über Liebe, Familie und Zusammenhalt sprechen.
DEUTSCHFEISTRITZ. 1962 wurden die ersten Familienhäuser im SOS-Kinderdorf Stübing gebaut. Und mit Stübing fing auch alles an, denn von hier aus wurden die Kinderdörfer in der gesamten Steiermark aktiv. Seither hat sich viel getan – nicht geändert hat sich allerdings der Zusammenhalt und das Leben als Familie.
Der soziale Nahversorger
Weltweit betreuen die SOS-Kinderdörfer in 137 Ländern über 600.000 Kinder, Jugendliche und Familie. Auch in Krisengebieten und Kriegsregionen. "Die Familienwelt ist ständig in Veränderung, in Bewegung. Und auch wir haben uns permanent mitbewegt. Immer mehr avanciert SOS-Kinderdorf zum sozialen Nahversorger mit einem breiten Angebot an Betreuungsformen", sagt Birgitta Thurner, SOS-Kinderdorfleiterin in Stübing.
Aktuell leben hier rund 80 Kinder, seit Beginn wurden rund 2.000 Kindern und Jugendlichen sowie über 300 Familien ein Zuhause gegeben. Nicht nur pädagogisch konzeptuell wurde in Stübing umgebaut, es wurde auch vor Ort stets ausgebaut, um den Bedürfnissen gerecht zu werden. So entstand zum Beispiel mit dem "FamilienRAThaus" 2016 ein zentraler Punkt inmitten des Kinderdorfs und mit dem Gästehaus ein Gebäude, wo die Eltern der Kinder auch willkommen geheißen werden können.
Putengeschnetzeltes mit Püree
Eine, die zu den SOS-Kinderdorfmamas der ersten Stunde zählt, ist Margret Frühstück. Sie kann sich noch erinnern, als vor gut 60 Jahren die ersten Kinder ein neues Zuhause bekamen, in dem sie sich geborgen fühlen konnten. "Die Atmosphäre hat mir gleich zugesagt. Als ich in Stübing ankam, wusste ich, hier bleibe ich. Da hat's mir gleich gefallen. Und mein kleines Rudel, vier Buben und ein Mädchen, hab ich sofort ins Herz geschlossen, samt den großen bunten Wäschehaufen", lacht sie.
Viele bewegende Momente zählen rückblickend zu ihrer Zeit im Kinderdorf. Ganz besonders erinnert sie sich an den kleinen Alex: "Der Bub hatte keinen guten Start ins Leben, konnte mit knapp drei Jahren keine Stufen steigen, feste Nahrung hat er abgelehnt." Da brauchte es viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Das hatte Frühstück – und es hat sich ausgezahlt: "Ich werde diesen Tag nie versessen. Es war der 8. September. Da hat dann unser kleiner Alex, er war dann schon vier Jahre alt, seine erste feste Nahrung zu sich genommen. Strahlend. Putengeschnetzeltes mit Püree. So etwas vergisst man nicht."
Rückkehr zu den Familien
Einer, der auch in ihrem "Rudel" war, ist Robert. Bevor er Lehrer wurde – sich also selbst um die Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche von Kindern und Jugendlichen kümmert – arbeitete er auch hier. "Ich war 15 Jahre lang in einer Wohngruppe für Kinder als Sozialpädagoge tätig und durfte manche dieser Kinder auch bei der Rückkehr zu ihren leiblichen Eltern begleiten, zurück in die Familien. Das sind tolle Momente", sagt er. Und weiter:
"In Sachen Zusammenarbeit mit den Eltern hat sich ja viel verändert und bewegt in den letzten 60 Jahren. Denn die meisten Kinder heute, sie haben ja Eltern. Und es ist toll zu erleben, wenn das eigentliche Zuhause wieder stabilisiert ist, wie Kinder dann wieder guten Kontakt zu den Eltern haben oder gar zurückkehren können."
"Das sind wir unseren Kleinen schuldig"
Das Kinder und ihre Eltern wieder "zusammenkommen", das war nicht immer so. Das erste Kinderhaus hieß "Haus des Friedens", hier wurden Waisenkinder aufgenommen, die ihre Eltern im Krieg verloren haben. Heute steht der Weltfrieden wieder auf wackligen Beinen – 7,5 Millionen Kinder sind in der Ukraine vom Kriegt betroffen. Seit 20 Jahren sind die SOS-Kinderdörfer in der Ukraine tätig und unterstützen auch in der aktuellen Situation. Entweder durch die SOS-Nothilfe vor Ort oder durch eine direkte Aufnahme, auch in Stübing. "Mehr denn je ist es unsere Aufgabe, unseren Kindern, Jugendlichen und Familien Halt, Wärme und Sicherheit und gewährleisten. Der prüfende Blick auf Kinderrechte und eine unbeschwerte Kindheit, das sind wir unseren Kleinen schuldig", sagt Thurner.
Weitere Informationen:
- Am 6. Oktober gibt es ein großes Fest: Unter dem Motto "60 Jahre Bewegung. Bewegende Momente und Beweglichkeit" wird auf den Kasematten gefeiert. Mit dabei sind unter anderem auch Alle Achtung.
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