Reformer denkbar?
Graz-Land Dechant Alois Stumpf hat realistische Vorstellungen vom neuen Papst.
Ein christliches Erdbeben hat der Rücktritt des Papstes Benedikt XVI. ausgelöst. Es gibt schon heiße Nachfolgekandidaten für den Stuhl des Pontifex, gute Chancen haben erstmals auch Nichteuropäer.
Herr Stumpf, wie ist als Dechant von Graz-Land ihre Erwartungshaltung gegenüber dem neuen Papst?
"Dass er ein Herz für die Seelsorge hat und die Probleme der Kirche in Europa sieht. Das ist einerseits der eklatante Priestermangel, weil der Beruf für junge Männer nicht mehr so erstrebenswert ist, andererseits sollen die Verbindungen zu anderen Kirchen verbessert werden. Auch in der Vatileaks-Causa muss sicherlich einiges klargestellt werden.“
Wie sieht für Sie das berufliche Anforderungsprofil aus?
"Wir brauchen jemanden, dem man vertrauen kann, der Ausstrahlung hat, begeistern kann. Jemanden, der an der Weltpolitik Anteil nimmt und Entscheidungen nicht nur aus der Tradition heraus trifft, sondern offen ist. Es soll vorangehen und nicht zurück."
Welche heißen Eisen wird der künftige Papst aus dem Feuer holen müssen?
"Die Weltkirche ist in den verschiedenen Kontinenten mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert. In Europa wären das die Missbrauchsfälle, die weiterhin aufgearbeitet gehören, die Neuverkündung des Glaubens und der Priestermangel. Auch Nachdenken über die Zulassungsbedingungen, wie etwa den Zölibat, wäre wünschenswert. Es sollte hier ein Weg gegangen werden, der für die Pfarren hilfreich ist. Auch das Thema Frauen in der Kirche gehört weiter verfolgt, obwohl wir hier im Vergleich zu anderen Religionen schon einen guten Weg gegangen sind.
Welcher Typ Papst wäre für Sie denkbar schlecht geeignet?
"Ein Papst, der auf die Probleme der heutigen Zeit keine Antwort hätte und der im Vatikan bleibt und keinen Kontakt zu uns hat. Ein Vorprescher ist aufgrund der Kirchenstruktur eher nicht denkbar. Die Frage ist, was der Papst in der Kirche umsetzen kann. Es müssen ja alle Bischöfe und Kardinäle hinter seinen Entscheidungen stehen und nicht nur zehn Prozent. Ich denke, dass unser Kardinal Christoph Schönborn gar nicht so schlechte Chancen hat."
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