Unsere Woche – Konfliktsprechstunde

Psychosen, Wahnvorstellungen, Verfolgungsfantasien oder Angstzustände sind für alle Parteien, für die Betroffenen selbst wie für die Nachbarschaft eine Zerreißprobe.
Besonders schwierige Herausforderungen für die Nachbarschaft entstehen, wenn die Betroffenen überzeugt sind, dass alle Missstände im Haus, jeder Kratzer am Auto von den Nachbarn verursacht werden und ein tätlicher Angriff durch die Nachbarn unmittelbarer bevor steht. Eine unserer Konfliktparteien hörte Abends die Stimmen der Nachbarn, wie sie eine Verschwörung gegen ihn planten, obwohl diese in weiter entfernten Wohnungen lebten oder nicht zu Hause waren.
Solche Menschen können auf – für andere – Kleinigkeiten überaus aggressiv reagieren, der kleine Hund der Nachbarin wird im Stiegenhaus als Bedrohung erlebt, Kinderlärm im Garten ist ein Reiz zu viel und führt zu massiven Wutausbrüchen und lautstarken Streitigkeiten oder Bedrohungen.
Die Nachbarn bemerken die zugrundeliegende Krankheit zumeist nicht und steigen in den Streit mit ein oder versuchen mit Argumenten dagegen zu halten. In Fällen mit schwerwiegenden psychischen Erkrankungen kann jedoch kein Ausgleich oder Kompromiss erzielt werden.
In der Nachbarschaftsmediation geht es zuallererst darum, die Nachbarn über die Krankheit aufzuklären und Umgangsmöglichkeiten zu besprechen. Dazu holen wir auch die Fachmeinung von Ärzten und TherapeutInnen ein. Für die Betroffenen ist es häufig entlastend, wenn eine regelmäßige soziale oder psychologische Betreuung organisiert wird.
In weiterer Folge müssen die Vorkommnisse beobachtet werden, inwieweit eine Fremd- oder Selbstgefährdung durch die Erkrankung vorliegt und polizeiliche Unterstützung dazugeholt werden muss.
Ich empfehle den Nachbarn in diesen Fällen, dem Betroffenen so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen, sich nicht auf einen Streit einzulassen und vor allem nicht mit Aggression zu entgegnen.

Die WOCHE Konfliktsprechstunde findet immer am ersten Donnerstag im Monat zwischen 16 und 17 Uhr statt. (Tel: 0316/60516623)
Sie können Ihre Anfragen auch gerne per E-Mail an die WOCHE- Redaktion unter nachbarschaft@woche.at schicken. Bitte geben Sie in der E-Mail unbedingt Ihre Telefonnummer an!