Tipps vom Familienflüsterer
Wenn die ganze Familie krank Zuhause liegt
Die saisonüblich Krankheitwelle nimmt zwar gerade wieder ab, dennoch "kränkeln" derzeit viele Grazerinnen und Grazer. Was tun, wenn es die ganze Familie erwischt hat? Psychologe und "Familienflüsterer" Philip Streit gibt Tipps, wie man seelisch gesund durchs Krankenlager kommt.
GRAZ. Fast 35.000 Krankmeldungen verzeichnete die Österreichische Gesundheitskasse vergangene Woche in der Steiermark, damit nimmt die saisonübliche "Krankheitswelle" langsam ab. "Covid spielt derzeit keine Rolle mehr, Grippe und RSV sind deutlich rückläufig", führt die Grazer Gesundheitsamtsleiterin Eva Winter auf Anfrage aus. Derzeit gäbe es allerdings einen Masernausbruch mit gut 30 Erkrankungen in Graz, hinzu kommen zahlreiche Keuchhustenfälle, die vor allem Kinder und Senioren betreffen. Im Umlauf sind laut Grazer Gesundheitsamt außerdem noch Ringelröteln und Windpocken.
Bei typischen Krankheitssymptomen empfiehlt Winter daher, zu Hause beziehungsweise nach Möglichkeit im Homeoffice zu bleiben. "Wenn man kränkelt und trotzdem raus muss – Maske aus der Schublade holen." Außerdem: Händewaschen, Lüften und Bewegung im Freien. Sollte es dann doch die ganze Familie erwischen, heißt es, das Beste aus dem unverhofften Beisammensein im "Krankenlager" zu machen. Tipps dafür hat Familienpsychologe Philip Streit parat. Der hält fest: Wenn man krank ist, gelten andere Regeln – was im Alltag normalerweise gilt, ist außer Kraft gesetzt. Das betrifft sowohl die Ansprüche an sich selbst, als auch die üblichen Abläufe in den eigenen vier Wänden.
Alltag außer Kraft gesetzt
So ist es einerseits wesentlich, verständnisvoll mit sich selbst umzugehen und Körper und Geist viel Ruhe zu gönnen. Arbeit am Laptop aus dem Krankenlager sollte man etwa vermeiden und tatsächlich abschalten. Ausnahmen kann es auch in Bezug auf die üblichen Familien-Regeln geben, so sind zum Beispiel durchaus mal längere Zeiten vor dem Fernseher erlaubt. Seid lockerer, aber nicht zu locker und behaltet das große Ganze im Auge.
Wenn du selbst zu müde und k.o. bist, um dich mit derartigen Entscheidungen zu befassen, kannst du dir dafür Unterstützung von außen holen: So können etwa die Großeltern in dieser Zeit die Aufgabe übernehmen, auf das Wohl der Familie zu achten. Hilfe von außen anzunehmen, ist auch in anderer Hinsicht wichtig, etwa was das Erledigen von Einkäufen und Wege zur Apotheke betrifft.
Tipps vom Familienflüsterer
Nutze die Zeit des Krankseins bewusst um in dich zu gehen und Achtsamkeit walten zu lassen. Akzeptiere, dass du nun gerade krank bist, und versuche, das Beste aus der Situation zu machen. Hier einige Tipps, wie das gelingen kann.
- Schafft ein gemütliches Krankenlager – zum Beispiel mit Polstern und Decken auf der Wohnzimmercouch, auf der sich die ganze Familie ausbreiten und gemeinsam erholen kann.
- Nutze die Zeit bewusst zum Regenerieren und für Wohltuendes und Entspannendes. Arbeitsutensilien haben im Krankenlager nichts verloren.
- Achte darauf, dass alle genug zu trinken haben und bereite eine große Kanne Tee auf Vorrat vor.
- Beim Kochen könnt ihr minimalistisch vorgehen. Ein simpler Eintopf oder ein Griesbrei reichen vollkommen aus.
- Lass dir helfen und frag auch um Unterstützung. Großeltern, Freunde und Nachbarn können ein wertvolles Helfer-Netzwerk sein und etwa Essen vorbeibringen oder kleine Aufgaben übernehmen. Revanchiere dich dann später natürlich gerne dafür.
- Nutze Lieferdienste von Supermärkten, Essenszustellung oder Apotheken.
- Gute Erziehung und klare Regeln dürfen jetzt ruhig mal in den Hintergrund rücken. Es ist absolut okay, wenn die Familie die Zeit zum Beispiel mit lustigen Serien vor dem Bildschirm verbringt.
- Mach nur das Nötigste, auch wenn du es im Alltag gewohnt bist, auf die eigenen Bedürfnisse weniger zu achten. Gesundwerden funktioniert am besten, wenn man sich schont.
- Teilt die Verantwortung auf. Wenn beide Elternteile krank sind, könnt ihr euch im "Schichtdienst" von etwa zwei bis vier Stunden abwechseln. So kann jeder auch eine Zeit lang die Verantwortung abgeben und sich wirklich erholen.
- Sprecht euch gegenseitig Aufmunterung zu und zeigt Respekt füreinander.
- Wenn die Kinder fit genug sind, können auch sie kleine Aufgaben für die Familie übernehmen. Kinder helfen gerne mit und können dabei neue Erfahrungen sammeln.
- So bringt die Zeit des Krankseins auch neue Möglichkeiten mit sich, um gemeinsame Stunden in der Familie zu verbringen und Werte wie Rücksichtnahme, Geduld und Wertschätzung zu pflegen.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz, das unter 0316 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.atMehr vom Familienflüsterer liest du hier:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.