Gefragte Frau
Berufsstand der Hebammen ist auf dem Vormarsch

- Alexandra Haider ist die neue Leiterin des Instituts "Hebammenwissenschaften". Für die Weiterentwicklung der FH-Ausbildung hat sie sich viel vorgenommen.
- Foto: FH Joanneum
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Steiermarkweit fehlt es an medizinischem Fachpersonal - auch Hebammen sind davon nicht ausgenommen. Dazu kommt aber noch, dass sich dieser Berufsstand häufig mit einer unzureichenden Bezahlung konfrontiert sieht, selbst wenn fundierte Ausbildungen vorgewiesen werden können. Wie es angesichts dieser Herausforderungen um die Profession steht, erläutert Alexandra Haider im Interview mit MeinBezirk.at
GRAZ. Seit 1. Jänner ist Alexandra Haider Studiengangsleiterin am Institut "Hebammenwissenschaften" an der FH Joanneum und damit für die Weiterentwicklung der Ausbildung für die steirischen Hebammen zuständig. Selbst kommt Haider aus der Praxis, da sie nicht nur als leitende Hebamme am LKH Hochsteiermark (Standort Leoben) tätig war, sondern auch ihre private Hebammenordination führte.
- Wie sind Sie ursprünglich selbst auf die Idee gekommen, ein Hebammenstudium zu absolvieren?
Für mich handelt es sich beim Beruf der Hebamme grundsätzlich nicht um eine Entscheidung für einen Beruf, sondern ich sehe es vielmehr als Berufung. Denn es ist eine Entscheidung, die man von tiefstem Herzen trifft, sich wohl überlegt und wenn man dann auch noch die Chance hat, den Studienplatz zu kriegen, nimmt man diesen dankend an. Und dieser Wunsch, Hebamme zu werden, hat sich bei mir bereits sehr früh, während der Schulzeit entwickelt.
- Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?
Eher war es ein Prozess. Das Berufsfeld der Hebamme stellt innerhalb der Medizin einen sehr eigenständigen Bereich dar - selbständig entscheiden zu können und zeitgleich eine große Verantwortung zu tragen, waren für mich wichtige Kriterien und haben sicherlich zum Entscheidungsprozess beigetragen. Konkretisiert hat sich der Wunsch dann tatsächlich bei einem intensiven Gespräch mit einer sehr guten Freundin.
- Wie steht es aus Ihrer Sicht um den Berufsstand der Hebamme?
Grundsätzlich handelt es sich um eine eher kleine Berufsgruppe. Deshalb liegt der Fokus auf der Sichtbarmachung der Kernkompetenzen und dem Aufgabenbereich unserer Berufsgruppe, einerseits durch die Standesvertretung der österreichischen Hebammen, andererseits aber auch durch die Ausbildung an der FH.

- Breitenwirksam diskutiert werden immer wieder der Mangel an Hebammen und die Frage der Bezahlung.
- Foto: Christian Bowen/Unsplash
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Immer wieder Thema ist der Mangel an Hebammen, nachdem es sich um eine kleine Berufsgruppe handelt. Durch den jährlichen Ausbildungsstart, den wir in der Steiermark jetzt wieder erlangt haben, kann man dem aber gut entgegenwirken. Maßgeblich und entscheidend für unseren Berufsstand sind auch die laufenden Gehaltsverhandlungen, um die erbrachten Leistungen auch in Zukunft entsprechend honorieren zu können.
- Die Nachfrage von Studierendenseite ist groß genug?
Ja, wir haben eine große Nachfrage und sind um so glücklicher, dass wir nun wieder jedes Jahr 20 Studierende ausbilden dürfen.
- Was sind Ihre Vorhaben für das Institut "Hebammenwissenschaften"?
Ich halte es für essentiell, immer am Puls der Zeit zu bleiben und die Gestaltung des Studiums immer an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen und anzugleichen. Der Fokus liegt auf Themen, die man vielleicht nicht auf den ersten Blick mit dem Beruf der Hebamme in Verbindung bringen würde, die aber an Wichtigkeit gewonnen haben: Sei es jetzt die Nachhaltigkeit, die Digitalisierung oder auch der Umgang mit sozialen Medien, wo der Datenschutz ein wichtiges Thema ist.
- Wird aus Ihrer Sicht aktuell genug unternommen, um Frauen bei Fragen rund um die Geburt bestmöglich zu unterstützen?
Beratung stellt aus meiner Sicht einen wesentlichen Teil unseres Berufes dar. Die Ausbildung an der Fachhochschule leistet hierfür einen sehr wichtigen Beitrag. Dadurch ist ein größeres Bewusstsein für gewisse Themen entstanden, wie zum Beispiel das Thema der Frauengesundheit oder auch für überaus sensible Themen, wie etwa „das Erleben der Geburt“.
- Wie ist es als Frau in einem fast ausschließlich weiblichen Berufsfeld tätig zu sein?
Hier kommt es immer darauf an, wo man beschäftigt ist. Gerade in Krankenhäusern ist man vielfach in interdisziplinären Teams tätig und arbeitet dadurch nicht ausschließlich mit Frauen zusammen. Wenn dagegen nur weibliche Kolleginnen miteinander arbeiten, entstehen geschlechterspezifische Dynamiken, welche jedoch ebenso großes Potenzial haben und gut genützt werden können.
- Und das Klischee des männlichen Arztes, der die wie weibliche Hebamme "overruled"?
Das ist aus meiner Sicht tatsächlich ein Klischee. In meiner Anfangszeit habe ich es möglicherweise schon noch das ein oder andere Mal erlebt, jedoch sind die Aufgaben und Kompetenzbereiche durch das Hebammenstudium mittlerweile ganz klar definiert. Außerdem kann man gegebenenfalls auf eine evidenzbasierte Grundlage, also auf zahlreiche wissenschaftliche Studien, zurückgreifen.
- Gibt es an der FH auch männliche Studierende der Hebammenwissenschaften?
Derzeit gibt es noch keine männlichen Studierenden an unserem Studiengang, aber vielleicht setzt auch hier langsam eine Trendwende ein. Denn ganz grundsätzlich bin ich überzeugt davon, dass es nicht auf das Geschlecht ankommt, sondern ausschließlich auf die Kompetenz, den Charakter und vor allem die Empathie, die eine Person mitbringt.
Im Kontakt mit Frauen erlebe ich, dass es durchaus eine Bereitschaft gibt, sich auch von Männern betreuen zu lassen - wie auch von einem männlichen Gynäkologen.
Zur Person: Alexandra Haider
Seit Anfang des Jahres steht Alexandra Haider an der Spitze des Instituts "Hebammenwissenschaften" der FH Joanneum. Ihr eigenes Hebammenstudium absolvierte sie in Graz, bevor sie viele Jahre in der klinischen Geburtshilfe und als selbständige Hebamme tätig war.

- Alexandra Haider kennt das Berufsfeld aus erster Hand, war sie doch selbst jahrelang als Hebamme tätig.
- Foto: Eigene Aufnahme
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Zusätzlich absolvierte sie diverse berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungen, wie beispielsweise ein Masterstudium im Bereich "Health Care Management". Ein großes Anliegen ist Alexandra Haider die Weiterentwicklung des Berufsstandes, weshalb sie sich als Ausschussmitglied des Österreichischen Hebammengremiums der Landesgeschäftsstelle Steiermark engagiert. Für das Hebammen-Bachelorstudium an der FH Joanneum hat sie sich vorgenommen, eine intensive Vernetzung mit Praktikumsstellen sowie mit Absolventinnen und Absolventen voranzutreiben und den Studiengang inhaltlich weiter zu entwickeln.
Weitere Interviews aus der Serie "Die gefragte Frau":



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