"Die Musik hat kein Gender"

Grazerinnen am Dirigent(inn)enpult

Über ihren persönlichen Werdegang, ihre Leidenschaft für das Dirigieren und darüber, wie es in Sachen Gleichstellung am Dirigent(inn)enpult aussieht, spricht die Kunstuni Graz-Professorin Claire Levacher im Interview mit "MeinBezirk.at".

GRAZ. Das neue Jahr ist schon über zwei Wochen alt, das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker klingt in der Diskussion um die Gleichstellung am Dirigentenpult aber stets das gesamte Jahr über nach: Wann endlich dirigiert eine Frau das bekannteste Neujahrskonzert der Welt? Noch immer gibt es wenig weibliche Dirigentinnen – aber die Vorbilder mehren sich. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf die steirische Landeshauptstadt geblickt, denn zwischen 2017 bis 2020 hatte die Oper Graz mit Oksana Lyniv eine Chefdirigentin. 

Zudem hat die Kunstuniversität Graz mehrere international erfolgreiche Absolventinnen hervorgebracht, etwa die litauische Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla, die heute als Musikdirektorin das City of Birmingham Symphony Orchestra leitet. Eine weitere weltweit gefragte Dirigentin unterrichtet heute außerdem in Graz: Claire Levacher dirigierte an Häusern und bei Festivals wie der Oper Göteborg, am Theater an der Wiener Kammeroper, bei den Bregenzer Festspielen oder der Prager Oper. Häufig tritt sie als Gastdirigentin mit renommierten Orchestern auf, 2023 dirigierte sie etwa zum zweiten Mal das Weihnachtskonzert "Christmas in Vienna" im Wiener Konzerthaus.

Vorbild mit Strahlkraft

Ihre Rolle als Frau in einer von Männern dominierten Profession hat die Französin dabei nie in Frage gestellt, erklärt sie im Interview mit MeinBezirk.at: "Musik hat für mich kein Gender", ist Levacher überzeugt. Als Kind hat sie begonnen, Klavier zu spielen und war bereits im Alter von 13 Jahren sehr interessiert am Dirigieren – "das war mein Traum." Dass Dirigieren ein "männlicher Beruf" ist, hätten ihre Eltern damals gar nicht gewusst, erzählt sie, und so sei das Thema auch nie aufgekommen. Dennoch: Während des Studiums und bei Wettbewerben sei sie meist die einzige Frau gewesen. "Nach meiner Erfahrung war das nie ein Thema. Das heißt aber nicht, dass es das Problem nicht gibt. Ich finde es gut, dass jetzt über das Thema Gleichstellung gesprochen werden kann", findet die Wahl-Grazerin. 

Als Frau am Dirigentinnenpult hofft sie, ein Vorbild zu sein, denn sie hätte als junge Frau nie eine Dirigentin gesehen. Lieber als über die Bemühungen in Sachen Gleichstellung spricht Levacher allerdings über ihre Leidenschaft, das Dirigieren selbst: "Es geht darum, mit dem Orchester eine Harmonie zu schaffen und so das Werk zum Leben zu erwecken. Es ist ein bisschen die Arbeit mit einer Utopie."

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