Kreise / Visionen
Joël Pommerat
Diese Konflikte gehören zum thematischen Fundus unserer Gegenwart: zwei Paare, die über ihre Kinderlosigkeit streiten; ein Manager, der mit seiner Frau Aufstiegschancen in der Firma erörtert; ein verzweifelter Vater, der einen Organspender sucht. Man kennt solche Geschichten aus den Medien. Aber im Theater streiten sich die Paare in einem immer bedrohlicher wirkenden Wald; der Manager glaubt, in zwei obdachlosen Frauen ein Orakel für seine Karrieresprünge zu erkennen; der Vater handelt das gesuchte Organ einer Gruppe Junkies ab. Und damit nicht genug, neben den Szenen einer mystisch überhöhten Gegenwart tauchen Bilder aus unserem kulturellen Gedächtnis auf: Ein Ritter hadert 1370 mit seinem Gott, eine Aristokratenfamilie probiert 1913 eine neue Form des sozialen Miteinanders. Was alle Episoden vereint, ist die Formulierung von Sehnsuchtsbewegungen: hinauf! Weg! Weiter! Sei es Gott, die Konzernspitze, die Liebe – der Mensch begehrt etwas und bezahlt dafür. Es zerfallen festgefügte soziale Ordnungen, es verfällt der Glaube an Gott, bis nur noch der Glaube an sich selbst übrig bleibt. Und im leeren Zentrum der Kreisbewegung sitzt das Publikum, das ein diabolischer Conférencier daran erinnert, dass alles nur in seinem Kopf existiert.
In mehr als 20 lose aneinandergereihten Szenen mit einem Figurenarsenal von mehr als 70 Personen erzählt der französische Theatermacher Joël Pommerat acht Geschichten zwischen dem 14. Jahrhundert und heute – und geht dabei stets der Frage nach, wie es um Werte und Glauben in Zeiten der Krise bestellt ist. „Diese Geschichten sind witzig, manchmal erschreckend oder hart. Aber sie sind wahr.“ Joël Pommerat
Info & Tickets:www.oeticket.com
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