Familienflüsterer Dr. Streit
Wenn das Kind nicht in die Schule will
"Ich will nicht in die Schule" ist ein Satz, mit Kinder ihre Eltern häufig konfrontieren. Was Familien tun können, wenn das Kind den Schulbesuch verweigert: Tipps von Familienpsychologe Philip Streit.
GRAZ. Schon zu Schulbeginn im September war es wohl für einige Kinder nach dem Übergang von der Volksschule in das Gymnasium schwierig, in die Schule zu gehen. Nach einigen Wochen funktionierendem Alltag droht nun nach den Herbstferien das Gleiche: Das Kind weigert sich mit Händen und Füßen in die Schule zu gehen. In der Früh kommt es nicht mehr aus dem Bett heraus, weigert sich aufzustehen oder klagt über Kopf- und Bauchweh. Als Elternteil ist man dabei hin- und hergerissen zwischen Mitleid, Ärger und Machtdruck. Oder die Eltern sind unterschiedlicher Meinung, was in der Situation schnell "ausgespielt" werden könnte.
Gründe für die "Schulverweigerung"
Was steckt nun hinter der Schulverweigerung? In der Regel handelt es sich um eine sogenannte "entgleiste Angst". Auch wenn uns Ängste oftmals dabei helfen und beflügeln können, konstruktiv zu arbeiten, ist dies eine Angst, die keine Kraft und Energie gibt, sondern in die Abwärtsspirale lenkt. Hintergrund der Schulverweigerung können im Wesentlichen vier verschiedene Gründe haben:
- Trennungsangst, also die Angst das geliebte sichere Zuhause für den Schulbesuch zu verlassen.
- Versagensangst und Angst nicht die entsprechenden Leistungen erbringen zu können und dafür gescholten zu werden.
- Erfolgsangst, die Angst als Streber abgestempelt zu werden.
- Angst Außenseiter zu sein, was oft bei Mobbing der Fall ist.
Was zu tun ist, wenn das Kind die Schule verweigert
Der größte Feind der Eltern ist bei dem ganzen die aufkeimende Ohnmacht. Verzweifelt gibt vielleicht ein Elternteil auf, während das andere noch mehr Druck ausübt. Was braucht es also für einen reibungsfreien Schulalltag? Klare, liebevolle Strukturen, eine klare Botschaft, keine Machtkämpfe. Es braucht elterliche Präsenz und ein "Wir". Zunächst einmal gilt es, ruhig zu bleiben. Gib die liebevolle Beziehung nicht auf. Schaffe zudem klare Strukturen. Bleib dabei auch nicht allein: Hol dir Hilfe, wende dich auch direkt an die Schule.
Weiters: Kooperiere. Schreibe wenn möglich gemeinsam mit einem Lehrer einen Ankündigungsbrief. Lasse nicht zu, dass dein Kind die Schüler-Aktivität aufgibt. Es braucht während der Schulzeit eine klare Struktur. Am Abend werden die Schulsachen gepackt und die Hausaufgaben korrigiert. Verfolge das entschlossen und beharrlich. Wichtig ist hier die klare Botschaft. Ermögliche und fördere auch, dass dein Kind weiterhin die Schulkameraden hat. Und zu aller letzt noch einmal: Gib nie die liebevolle Beziehung auf, sei da, schicke aber beharrlich und kontinuierlich deine Botschaft. Es muss nicht gleich wieder der Schulbesuch eintreten, aber auf die Beharrlichkeit der Botschaft kommt es an.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz, das unter 0316 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.atMehr vom Familienflüsterer liest du hier:
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