"Arbeitszeiten müssen flexibler gestaltet werden!", fordert Thomas Krautzer von der Industriellenvereinigung.
Der Output der Arbeit wird laut dem Industrie-Vertreter in Zukunft wichtiger als die Arbeitszeit.
Weniger Arbeitslosigkeit, mehr Gleichberechtigung und bessere Gesundheit – der Soziologe Jörg Flecker erhofft sich einiges durch seine in der letzten WOCHE-Ausgabe geäußerten Forderung nach einer 30-Stunden-Woche für alle. Eine Hoffnung, die aber nicht jeder teilen kann. So steht etwa Thomas Krautzer, Geschäftsführer derIndustriellenvereinigung Steiermark (IV), dem Vorstoß eher skeptisch gegenüber: „Klar, jeder von uns würde sich denken, dass eine 30-Stunden-Woche angenehm wäre – die Realität sieht aber anders aus“, so der Industrievertreter, laut dem durch eine Kürzung der Arbeitszeit negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen zu befürchten wären.
Individuelle Möglichkeiten
„Arbeitszeiten müssen flexibler gestaltet werden!“, fordert Krautzer stattdessen nicht weniger Stunden, sondern individuellere Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer und -geber gemeinsam.
Veränderte Situation
Nötig sei eine Flexibilisierung vor allem aufgrund der veränderten Arbeitswelten: „Der Achtstundentag wurde im Takt der Maschinen eingeführt. Da war es noch möglich, immer mit der Werkssirene zu beginnen und aufzuhören. In den meisten Fällen spiegelt das aber heute nicht mehr die Realität wider.“ Gerade auch in der Industrie übernehme der Mensch laut Krautzer immer mehr Funktionen, die nicht körperliche Kraft, sondern vielmehr Kreativität erfordern – und die könne man nicht einfach ein- oder ausschalten. „Man braucht kreative Phasen und die halten sich nicht an einen Achtstundentag.“
Gleich viele Stunden
Wichtig sei dabei aber, dass durch eine Flexibilisierung nicht länger gearbeitet werden soll: „An der Gesamtarbeitszeit von 40 Stunden sollte nicht gerüttelt werden.“ Demnach müsse der Gesetzgeber immer noch die groben Rahmenbedingungen schaffen, während er die Details in Sachen Arbeitszeit den einzelnen Betrieben überlassen sollte. „Es muss klar geregelt sein, wie viele Stunden die Arbeitnehmer maximal arbeiten dürfen. Wie die Stunden aufgeteilt werden, muss man individuell entscheiden – das kann nicht mehr auf ganz großer Ebene passieren.“
Schneller reagieren
Nur so könne man etwa auf Auftragsspitzen mit mehr Arbeitszeit reagieren, die dann in ruhigeren Zeiten wieder abgebaut werden könnte. „Den klassischen Hilfsarbeiter, den man bei großem Bedarf engagiert und bei wenig Bedarf freisetzt, gibt es heute in Österreich fast nicht mehr. Gut ausgebildete Spezialisten müssen die Möglichkeit haben, Schwankungen auszugleichen.“
Output wird wichtiger
Für Krautzer stehen dadurch sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmervertreter vor der Frage, wie sie mit den neuen Gegebenheiten und Herausforderungen am Arbeitsmarkt umgehen sollen. „In Zukunft wird man die Leistung nicht mehr einfach in Zeit messen können: Der Output der Arbeit wird entscheidender als die Stunden, die jemand an seinem Arbeitsplatz verbringt.“
Zustimmung bei Frauen
Unterstützung erhält Thomas Krautzer für seine Forderung von der Bundesvorsitzenden von Frau in der Wirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich, Adelheid Fürntrath-Moretti. "Wir wissen, dass flexiblere Zeiteinteilung auf eine breite Zustimmung stößt. Gerade bei Frauen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Thema Nummer eins haben", so Fürntrath-Moretti. "Vor allem für Frauen wäre es spannend, die Stunden, die sie in Teilzeit arbeiten, zu blocken und etwa nicht mehr fünf mal in der Woche sechs Stunden zu arbeiten, sondern diese Stunden auf vier Tage aufteilen zu können, ohne dass dabei Überstunden anfallen."
Flexible Modelle vorhanden
Kritischer wird die Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten vonseiten der Arbeiterkammer (AK) gesehen. "Flexible Modelle sind bereits vorhanden und Zwölfstundentage sind schon jetzt relativ leicht möglich", so Karl Schneeberger, Leiter der Abteilung für Arbeitnehmerschutz der AK-Steiermark. "Wir haben ganz umgekehrt schon jetzt das Problem, dass viele klagen, dass man als Arbeitnehmer sein Privatleben nicht mehr planen kann." Auch, dass mit den bestehenden Regelungen ein Wettbewerbsnachteil entstünde, lässt Schneeberger nicht gelten: "Ich kann auch heute mit den geltenden Bestimmungen jeden Auftrag erfüllen."
WOCHE Wissen
Nach einer Novelle des Arbeitszeitgesetzes von 2008 ist das Arbeiten an 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche für 24 Wochen im Jahr erlaubt (bis dahin 12 Wochen).
Voraussetzung dafür ist aber die Beibehaltung von Überstundenzuschlägen.
Die Anhebung der Normalarbeitszeit von acht auf zehn Stunden wurde durch den Wegfall von Überstundenzuschlägen erleichtert.
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