Was zum Henker...?
Damals Hinrichtungsart, heute Redewendung

Die meisten Redewendungen nehmen Bezug auf grausame Hinrichtungsarten.  | Foto: pixabay
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  • Die meisten Redewendungen nehmen Bezug auf grausame Hinrichtungsarten.
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In ihrer Masterarbeit hat die Germanistin Gerlinde Gangl ausgehend von gängigen Redewendungen untersucht, welche Bedeutung die bildlichen Ausdrücke in der Sprache des Rechts ursprünglich hatten. Die meisten Belege nehmen Bezug auf brutale Hinrichtungsarten, wie Gangl im Interview mit MeinBezirk verrät. 

GRAZ. Beinahe täglich hört, liest oder spricht man davon, dass "dieses heiße Eisen" besser nicht angefasst werden sollte, "Schranken gesetzt" werden oder jemandem etwas "zu Füßen gelegt" wird. All diese Redewendungen haben eine Gemeinsamkeit, denn sie haben ihren Ursprung in historischen Rechtsquellen, denen Gerlinde Gangl im Rahmen ihrer Masterarbeit im Fach Germanistik an der Uni Graz nachgespürt hat. 

Die Autorin der Masterarbeit: Gerlinde Gangl  | Foto: Gangl
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Hinrichtungen vor Rechtssymbolik 

Von den über 300 dokumentierten Belegen für häufig verwendete Ausdrücke in der deutschen Gegenwartssprache nehmen die meisten Redewendungen auf Hinrichtungs- oder Folterarten Bezug. Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Wendungen, wie jemanden "einen Kopf kürzer zu machen" oder ihm die "Daumenschrauben anzuziehen".
Warum sich gerade aus dem brutalen Bereich der Hinrichtung so viele Bildsymbole erhalten haben, erklärt Gangl wie folgt: "Körperstrafen und Folter haben die Menschen stark traumatisiert. Daher speichern sie sich besonders im menschlichen Gedächtnis ab und werden über Generationen weitergeben. Mit der Zeit entstehen daraus Metaphern, die heute eingesetzt werden, um sprachlich zu übertreiben, Situationen besonders eindrücklich zu beschreiben und Argumente zu verstärken."

Über 300 Belege für bildliche Ausdrücke in der deutschen Sprache hat die Germanistin gesammelt. Gefunden hat sie diese in aktuellen Zeitungsmeldungen "quer durch die Bank". | Foto: pixabay
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Den zweiten Platz hinter den Hinrichtungsarten belegen die weitaus weniger brutalen bildlichen Wendungen aus dem Bereich der Rechtssymbolik. Darunter fallen Begriffe wie der Buschenschank, der sich vom mittelalterlichen Rechtsbrauch, durch Buschen oder Strohkränze das Schankrecht anzuzeigen, ableitet. Ebenso zu dieser Gruppe zählt das "Auge des Gesetzes", mit dem heute scherzhaft die Polizei bezeichnet wird, das aber auf die Symbolik des Auges für den gerechten Richter Osiris verweist. Dass neben den Hinrichtungsbegriffen auch Bilder aus der Rechtssymbolik jahrhundertelang im Sprachgebrauch konserviert wurden, ist Gangl zufolge darauf zurückzuführen, dass es sich dabei um Handlungen und Gestiken handelt: "Diese Handlungen werden internalisiert, unbewusst abgespeichert und tradiert, bis sie sich im kulturellen Gedächtnis einprägen", so die Germanistin. 

"Ein heißes Eisen anfassen"

Um unsere Leserinnen und Leser nicht unnötig "auf die Folter zu spannen", darf selbstverständlich auch die Herkunft der einleitend genannten Redewendungen nicht ungeklärt bleiben: Das Bild des "heißen Eisens" zählt zur Gruppe der Gottesurteile und stammt damit aus einer weiteren Kategorie, die Gangl in ihrer Masterarbeit identifizieren konnte. Konkret leitet sich die Wendung von der Feuerprobe ab, bei der im wortwörtlichen Sinn ein heißes Eisen angefasst werden musste. Wenn sich am Körper der angeklagten Person in der Folge starke Wunden bildeten, war damit der Beweis für ihre Schuld erbracht - andernfalls hätte Gott sie davor bewahrt. 

Wie weit die Redewendungen zurückverfolgt werden können, ist sehr unterschiedlich: Manche stammen aus dem Mittelalter, andere sind noch wesentlich älter.  | Foto: pixabay
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Demgegenüber resultiert das "Schranken-Setzen" aus der räumlichen Umgebung von Gerichtsprozessen, die in germanischer Zeit im Freien abgehalten wurden. Um die Richter und Zeugen von den Zuschauerinnen und Zuschauern zu separieren, wurde ein eigener Bereich mit Balken oder Schranken abgeriegelt. Auch in der heutigen Metapher ist diese Grundidee der Abgrenzung noch enthalten. 

Die Wendung, dass jemandem etwas "zu Füßen gelegt" wird, hat ihren Ursprung schließlich in der Bedeutung des Fußes als Zeichen einer Inbesitznahme. Diese leitet sich ihrerseits davon ab, dass durch das Betreten eines neuen Landes mit dem eigenen Fuß ein Besitzanspruch begründet wurde. 

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