Gefragte Frauen
Die erste Fußball-Kommentatorin Österreichs

- Grazliebhaberin mit einer großen Affinität für die umliegenden Berge: Die 26-jährige Anna Lallitsch ist die erste Fußballkommentatorin Österreichs.
- hochgeladen von Stefan Haller
Die Grazerin Anna Lallitsch arbeitet seit 1. April als erste Fußballkommentatorin Österreichs für den ORF.
Für manche Fußballfans mag es noch ungewohnt sein, für die meisten kommt es einfach viele Jahre zu spät: Die Grazerin Anna Lallitsch ist seit dem 1. April als Kommentatorin von Fußballspielen im ORF zu hören – und das als erste Frau Österreichs. Im großen WOCHE-Interview spricht sie über ihre Liebe zum Sport, den Umgang mit Kritik und den Stellenwert von Frauen- und Männerfußball.
WOCHE: Lieber Sport machen oder Sport schauen und kommentieren?
Anna Lallitsch: (Lacht) Eine schwierige Frage zum Start. Definitiv beides, aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann doch kommentieren, es macht einfach unglaublichen Spaß!
Wenn Sie die freie Wahl hätten – welches Spiel würden Sie gerne einmal kommentieren?
Ein wirkliches Traumspiel habe ich nicht. Ich kommentiere jedes Spiel gerne, auch wenn es einmal ein schlechtes Match ist. Natürlich sind Finalspiele immer etwas Besonderes, weil rundherum viel "Tamtam" herrscht, aber für mich sind ganz normale Partien, in denen einfach die ganzen Emotionen richtig zu spüren sind, immer die besten Spiele. Fußball findet nicht nur im Finale statt!
Im Moment kommentieren Sie sowohl Frauenfußball im "regulären" Programm als auch Männerfußball in der Audio-Deskription – präferieren Sie persönlich Frauen- oder Männerfußball?
Beides hat seinen eigenen Reiz. Um den Frauenfußball herrscht generell ja weniger Aufmerksamkeit, deswegen ist man als Kommentatorin näher am Geschehen und an den Protagonisten dran. Ich bekomme meine Infos in der Vorbereitung direkt von der Trainerin oder den Spielerinnen aus erster Hand und exklusiv – das ist journalistisch gesehen schon wirklich spannend. Im Männerfußball ist das anders, da wird im Vorhinein viel berichtet, da sind Spiele anders zu behandeln. Generell wird für mich der Stellenwert von Frauen- und Männerfußball immer gleich hoch sein.

Fußballkommentatoren sehen sich extrem oft – teils heftiger – Kritik ausgesetzt. In Deutschland wurde die erste weibliche Kommentatorin Claudia Neumann 2018 sogar richtig beschimpft. Wie kritikresistent müssen Sie in Ihrem Job sein?
Ich muss sagen, dass ich bisher noch nicht wirklich mit negativer Kritik konfrontiert wurde. Ich denke, seit der Thematik bei der WM mit Claudia Neumann ist die Situation auch eine andere, die unverhältnismäßige und unsachliche Kritik von damals hatte eine Signalwirkung in die richtige Richtung. Aber man muss sich in diesem Job auch im Klaren sein, dass es immer positive und negative Meinungen über einen geben wird.
Sie kommentieren Fußballspiele in ganz Österreich, die Zentrale des ORF liegt in Wien, aber Sie leben in Graz. Wie geht sich das alles aus?
Für die Spiele reise ich oft direkt von Graz aus an, ansonsten pendle ich zwischen Graz und Wien. Ein Umzug stand nie zur Debatte, ich liebe Graz, meine Familie und Freunde leben hier und ohne die Bergläufe auf den Schöckl halte ich es sowieso nicht aus.
Sie haben Studien in ganz anderen Richtungen begonnen. Wie sind Sie dann doch im Medienbereich gelandet?
Ich bin eigentlich nicht die typische Quasselstrippe und zu Hause eher ruhig. Ich liebe einfach den Sport und die Emotionen, die dabei entstehen. Ich denke nur an das gewonnene Cupfinale des SK Sturm 2018 – 15.000 Steirer sind sich in Klagenfurt in den Armen gelegen. Ich wollte immer ein Teil von so etwas sein – diesen Spaß und diese Freude vermitteln.
Haben Sie ein arbeitstechnisches Vorbild?
Nein, eigentlich nicht. Ich denke, es ist nie gut zu kopieren. Aber natürlich versucht man, immer offen für Verbesserungen zu sein, zu schauen, was andere Kollegen gut machen, und seinen Horizont zu erweitern. Ich schaue mir privat Fußballspiele jetzt auch anders an – man hört sich quasi ein Fußballspiel an.


Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.