Eine Frau im Einsatz für Gerechtigkeit

Gegen Kriegsverbrechen: Sie hat in Graz studiert und später ein Zeugenschutzprogramm in Guatemala initiiert. | Foto: KK
  • Gegen Kriegsverbrechen: Sie hat in Graz studiert und später ein Zeugenschutzprogramm in Guatemala initiiert.
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  • hochgeladen von Elisabeth Pötler

Sie haben 15 Jahre in Guatemala, wo Sie sich für die Menschenrechte einsetzen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe an der Sozialakademie in Graz Sozialarbeit studiert und bin mit 20 Jahren für mein Langzeitpraktikum für ein halbes nach Guatemala gegangen.

Um was zu tun?
Ich habe in einem Flüchtlings-Rückführungsprojekt mitgearbeitet: Im Bürgerkrieg sind viele Menschen ermordet und vertrieben worden, großteils Maya. Ihre Rückkehr haben wir dann begleitet.

Um für Sicherheit zu sorgen?
Ja, meine Aufgabe war es, mit anderen internationalen MenschenrechtsbeobachterInnen, die Rückkehrer vor Übergriffe von Militär und Guerrilla zu schützen. Unsere Waffen waren unsere ausländischen Pässe. Sie haben für internationale Aufmerksamkeit gesorgt. Ich habe im Dschungel mit den Leuten gelebt und sie unterstützt, mit Militär und Guerillas geredet.

Wie gefährlich war das?

Rückblickend war etwas jugendlicher Leichtsinn dabei. Aber die Menschen und ihre Geschichten haben mich nicht losgelassen. Wenn man das erlebt hat, kann man nicht einfach nach Österreich zurückkehren.

Sie sind kurz zurückgekehrt …
Ja, ich habe meine Ausbildung abgeschlossen und bin 1999 fix nach Guatemala gegangen.

Dann haben Sie ein Zeugenschutzprogramm aufgebaut.
Ja, mit zwei Kollegen aus den USA und Quebec habe ich in Guatemala ein Zeugenschutzprojekt für Menschen initiiert, die vor Gericht gegen die Verantwortlichen der Bürgerkriegs-Verbrechen aussagen wollen. Ich habe selbst Zeugen begleitet, Freiwillige koordiniert, die das tun und Menschen bei Bedrohung in Sicherheit bringen lassen. Als Ausländer haben wir mit unserer Präsenz für internationale Aufmerksamkeit gesorgt.

Haben Sie je gefährliche Situationen erlebt?
2013 wurde mein Büro total verwüstet. Das war ein Zeichen dafür, dass wir gute Arbeit leisten. Ich bin kurz nach Österreich gegangen, aber bald wieder zurückgekehrt.

So etwas wie Angst kennen Sie nicht?
Doch (lacht), aber wenn ich Ungerechtigkeit erlebe, entsteht bei mir ein Handlungsdrang. Und wenn man in so einem System lebt, geht man selbstverständlicher mit Gefahrensituationen um und lernt sie besser einzuschätzen.

Was konnten Sie bewirken?
Ich war im Team des Staatsanwaltes, der den Fall des Ex-Diktator Efraín Ríos Montt untersucht und vor Gericht gebracht hat. Er hat Verbrechen verantwortet und wurde 15 Jahre später verurteilt. Jetzt ist er leider wieder frei. Dennoch war das Urteil wichtig, weil es weltweit der erste Prozess gegen Völkermord vor einem nationalen Gericht war.

Wie ist die Situation der Frauen vor Ort?
Die Gesellschaft ist sehr patriarchalisch, Frauen haben wenig zu sagen. Im Bürgerkrieg wurden Zehntausende Frauen vergewaltigt, damit wollte man die Gemeinschaft bewusst schädigen.

Wie konnten Sie sich bei Ihrer Arbeit als Frau durchsetzen?

Das war nicht leicht. Aber ich habe gelernt: Es ist besser nicht lange zu diskutieren, sondern zu handeln. Ich habe Beweise etwa für die Verbrechen an den Frauen gesammelt und mit 50 Frauen gesprochen. Man muss für Fakten sorgen.

Nun sind Sie in Graz beim Multi-Kultiball: Sie werden für Ihr Engagement mit der Multikulti-Card ausgezeichnet.
Ja, das freut mich sehr, auch weil ich Guatemala in den Fokus rücken kann, das Land ist hier ja wenig präsent.

Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich habe in Guatemala Menschenrecht studiert und gehe nun nach Mexiko, wo ich ein Doktorats-Stipendium bekomme. Das Thema: Sexuelle Gewalt an Frauen als Militär-Strategie, das ist ein großes Problem in Kriegssituationen.
Alle zwei Jahre komme ich aber sicher zu Besuch nach Graz. Ich habe viele Freunde hier.

STECKBRIEF
geb. 5. Feb. 1975, ausgezeichnet mit dem Menschenrechtspreis des Landes Steiermark
Vorträge in Graz: heute am AAI ( „Sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten”) und morgen im Welthaus ( „Straflosigkeit in Guatemala“): www.sol-steiermark.at

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