Dachgartenprojekt Smart City
Es grünt so grün auf Grazer Dächern
Der Garten auf dem Dach des Grazer Science Towers geht mit dem heurigen Frühling bereits in die vierte Saison. Die Zufriedenheit mit den erzielten Effekten ist groß, eine flächendeckende Umsetzung auf Flachdächern in Graz ist aber dennoch nicht absehbar.
GRAZ. Die Idee hinter dem sogenannten "Rooftop Farming" ist denkbar einfach: Nachdem im urbanen Umfeld keine Felder zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen, werden zum Anbau von Lebensmitteln jene Flächen genutzt, die ohnehin brachliegen: Und das sind in Zeiten immer dichter werdender Bebauung in erster Linie Hausdächer, die begrünt werden können und auf diese Weise ein Stück Land in die Stadt bringen.
Lebensmittel, Stadtklima, Strom
Neben der Produktion von Lebensmittel haben Dächer in der Stadt der Zukunft aber noch zwei weitere Funktionen, erklärt Franz Prettenthaler, Direktor des "Life"-Instituts am Joanneum Research: Denn wie der Science Tower in Graz vor Augen führt, trägt der Dachgarten ebenso zur Kühlung der Stadt und zur Stromgewinnung bei.
Doch auch auf das Stadtklima insgesamt wirkt sich das "Rooftop Farming" positiv aus, wie der 30. Juli 2021 eindrucksvoll vor Augen geführt hat. Dieses Datum mag dem einen oder der anderen noch als der Tag des Hochwassers in Graz in Erinnerung geblieben sein. Für das Joanneum Research haben diese Starkregenfälle aber vor allem eines verdeutlicht, nämlich dass durch das intensiv begrünte Dach am Science Tower der Starkniederschlag aufgefangen werden konnte. Dementsprechend könne man den Dachgarten mit Fug und Recht als "Hochwasser-Rückhaltebecken" bezeichnen: "Ein solcher Garten verhindert zwar nicht ein Hochwasser in der Stadt, aber wenn viele Dächer ähnlich ausgestaltet wären, hätte das einen sehr positiven Effekt", erläutert Prettenthaler.
Breites Gemüse-Repertoire
Daneben haben die ersten drei Jahre "Rooftop Farming" aber auch gezeigt, dass eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion am Hausdach tatsächlich funktionieren kann. So wurden seit dem Start des Projekts fast 1,5 Tonnen Gemüse geerntet, wobei die Erträge von Klassikern, wie Tomaten, Paprika und Zucchini, über exotische Besonderheiten, wie Okraschoten, Inkagurken und Chayoten, bis hin zu süßen Snacks, wie Feigen sowie Zuckermelonen, reichen.
Außerdem habe man im Laufe der letzten Jahre festgestellt, dass auch im Winter Lebensmittel geerntet werden können und nicht zwangsläufig auf beheizte Glashäuser zurückgegriffen werden muss. Das Fazit von Franz Prettenthaler ist demnach überaus positiv, zumal die vergangenen Erntejahre auch den Speiseplan im Büroalltag belebt hätten.
Begrünung nicht vergessen
Mit Blick auf die Dachlandschaft in Graz lautet der Appell des Experten somit, im Interesse des Stadtklimas nicht auf die Begrünung zu vergessen. Schließlich könne man auch herkömmliche Photovoltaik-Anlagen (PV) gut mit Begrünungskonzepten kombinieren, was außerdem den Vorteil bringt, dass mehr Energie gewonnen wird.
Grundsätzlich nimmt die Effizienz einer PV nämlich mit steigenden Temperaturen ab, weshalb der aus der Begrünung resultierende Kühleffekt eine wirksame Gegenmaßnahme darstellt.
Vor diesem Hintergrund ist es um so bedenklicher, dass intensive Begrünungen in Österreich längst nicht so angekommen sind, wie es beispielsweise in südostasiatischen Ländern der Fall ist. Daher plädiert Prettenthaler dafür, dass entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen. Auch die Stadt Graz könne etwa bei Neubauten mit Flachdächern eine intensive Dachbegrünung vorschreiben, die durch die Lebensmittelproduktion zusätzlich lukrativ wäre.
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