Im Knast gibt’s nun eine „Kuschelzelle“

- Hinter Kuschelgittern: Hier darf der Mörder Josef P. ungestört seine Familie empfangen.
- Foto: geopho.com
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„Ich hasse das Wort Sexzelle. Für mich ist es viel mehr als das“, betont Josef P. (Name von der Red. geändert). Er ist einer von derzeit 15 Häftlingen, die in der Justizanstalt Karlau eine Erlaubnis für Langzeitbesuche in der neuen „Kuschelzelle“ haben. Dabei handelt es sich um einen (vergitterten) Container mit zwei getrennten Wohneinheiten. Ausgesuchte Insassen dürfen hier seit April alle sechs Wochen ungestört und unbeobachtet Besuch ihrer Lebensgefährtin und/oder ihrer Familie empfangen.
„Bei mir kommen abwechselnd meine Gattin und mein jüngster Sohn mit meinem 7-jährigen Enkel“, berichtet Josef P. Für den zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder ein ganz besonderes Erlebnis: „Im Dezember beginnt das zehnte Jahr meiner Haft, ich habe meinen Enkel also noch nie außerhalb dieser Mauern gesehen. Hier können wir zum ersten Mal richtig spielen.“
Eine der beiden Wohneinheiten wurde nämlich zu einer echten Familienkuschelzelle ausgebaut. Neben einer ausziehbaren Schlafcouch findet man hier ein Zusatzbett und den Luxus eines Flat-TV. Dazu gibt’s auch eine voll ausgestattete Küche, einen behindertengerechten Sanitärraum und jede Menge Spielsachen. „Man vergisst fast, dass man im Gefängnis ist“, seufzt der verurteilte Mörder.
Allerdings nur für ein paar Stunden. Denn nach drei bis maximal sechs Stunden ist wieder Schluss und es heißt zurück in die Zelle. In der Zwischenzeit ist man aber ungestört. Lediglich ein Notrufknopf verbindet die schalldichte Kuschelzelle mit der Wachzentrale. Probleme habe es bis dato aber nie gegeben, versichert Anstaltsleiter Franz Hochstrasser (siehe Interview unten). Im Gegenteil: Man habe mit der 20.000 Euro teuren Anschaffung nur positive Erfahrungen gesammelt. Darum will man die Langzeitbesuche künftig auch auf bis zu 14 Stunden ausdehnen.
3 FRAGEN AN FRANZ HOCHSTRASSER
WOCHE: Sind 20.000 Euro für eine „Kuschelzelle“ gerechtfertigt?
Hochstrasser: Hier geht es nicht nur um körperlichen Kontakt, sondern um die Stabilisierung des gesamten sozialen Umfelds. Dazu gibt es einen gesetzlichen Auftrag.
WOCHE: Wie viele Langzeitbesuche finden hier statt?
Hchstrasser: Derzeit sind es elf bis zwölf Besuche pro Monat mit steigender Tendenz.
WOCHE: Bleiben die Container?
Hochstrasser: Nein, sie sind nur eine Übergangslösung. Wir planen ein neues Besucherzentrum, dort sollen diese Räumlichkeiten dann integriert werden.
Fotos: geopho.com
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