Städtische Kampagne
Nachtlokale kämpfen gegen sexuelle Übergriffe

"Blöde" Sprüche, grapschen und nötigen: Sexuelle Gewalt ist nach wie vor Thema in der Grazer Nachtgastro und verlangt geschultes Personal. | Foto: Maurício Mascaro/Pexels
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  • "Blöde" Sprüche, grapschen und nötigen: Sexuelle Gewalt ist nach wie vor Thema in der Grazer Nachtgastro und verlangt geschultes Personal.
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Grazer Nachtlokale greifen bei sexueller Belästigung rigoros durch. Das Problem: Viele Betroffene melden sich nicht und Täter haben selten mit Folgen zu rechnen, wie eine Insiderin erklärt. Seitens der Polizei wünscht sie sich mehr Sensibilität.

GRAZ. "Aus meiner Sicht  kann ich sagen, dass Belästigung und Bedrängung ein großes Thema sind", berichtet Anita (Name von der Redaktion geändert), die seit vielen Jahren in mehreren Locations der heimischen Nachtgastronomie tätig ist. Während ihrer Arbeitszeit werde sie immer wieder von Betroffenen hilfesuchend angesprochen, worauf die (meist männlichen) Täter seitens des Sicherheitspersonals ohne Diskussion aus der Lokalität entfernt werden.

Dennoch ist sie von einer großen Dunkelziffer überzeugt: "Vor allem jüngere Mädels trauen sich nicht, etwas zu sagen, wenn sie getrunken haben und nehmen ungewollte Annäherungsversuche einfach hin oder verharmlosen sie", so die Frau, die sich mehr Einfühlungsvermögen seitens der Exekutive wünscht. "Viele machen die Erfahrung, dass sie von der Polizei im alkoholisierten Zustand nicht ernst genommen werden." Weil stichhaltige Beweise häufig nicht erbracht werden können, brauche es ihrer Meinung nach strengere Regeln. Denn aktuell kämen Belästiger meist – mit Ausnahme eines Lokalverweises – ungeschoren davon. "Dann kann es bei ihnen auch keinen Lerneffekt geben."

Luisa in Grazer Nachtlokalen

Opfern Mut machen soll die bereits 2019 initiierte Kampagne der Stadt Graz "Luisa ist da". Um Hemmungen abzubauen, können sich bedrängte Personen unverfänglich mit der Frage "Ist Luisa da?" an das Personal vor Ort wenden. "Ich kenne die Initiative. Vor einigen Jahren wurden Flyer aufgelegt", sagt die Gastronomin. Ihrer Einschätzung nach, wurde diese aber bislang kaum registriert: "An der Bar bin ich jedenfalls noch nie dementsprechend angesprochen worden."

Immer wieder bleiben Folgen für die Täter aus, weil Betroffene aus Scham keine Hilfe Suchen. | Foto: Maurício Mascaro/Pexels
  • Immer wieder bleiben Folgen für die Täter aus, weil Betroffene aus Scham keine Hilfe Suchen.
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Durchaus positiv zu "Luisa" äußert sich PPC-Geschäftsführer Peter Droneberger: "Wir sind von Anfang an dabei, haben bei uns die dazugehörigen Tafeln aufgehängt und Informationsmaterial im Eingangsbereich aufgelegt." Damit will man nicht nur Frauen auf das Angebot aufmerksam machen, sondern allgemein für mehr Bewusstsein sorgen und potenzielle Täter abschrecken.

Sensibilisierung und Null-Toleranz

Insgesamt sieht Droneberger eine erfreuliche Entwicklung in seinem Lokal: "Gewalttätigkeiten haben in den letzten zwei Jahren drastisch abgenommen." Nach Luisa werde "Gott sei Dank" nur äußerst selten gefragt, da das fünfköpfige Security-Team, darunter eine Frau, einschreite, bevor etwas geschehe. "Da sind wir – im positiven Sinne – sehr empfindlich", so Droneberger. Den letzten Vorfall habe es im PPC vor rund einem Monat gegeben, "bei dem ein männlicher Gast sofort entfernt wurde."

Die Kampagne "Luisa ist da" soll sensibilisieren und Auswege aus brenzligen Situationen bieten. | Foto: Pixabay
  • Die Kampagne "Luisa ist da" soll sensibilisieren und Auswege aus brenzligen Situationen bieten.
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Dass es nicht ohne geschultes Sicherheitspersonal geht, bestätigt auch Florian Heigl von den Univiertel-Lokalen Kottulinsky, Three Monkeys und Moridal: "Selbstverständlich sind wir mit 'Luisa ist da' vertraut und haben unser Personal diesbezüglich sensibilisiert, um bei Belästigungen entsprechend Hilfe bieten zu können, da wir unseren Gäste eine sichere Umgebung bieten wollen." Auch engagierte Sicherheitsleute hätten eine Null-Toleranz-Politik zu verfolgen. Heigl: "Das bedeutet, dass wir Personen, die andere bedrängen oder belästigen, sofort des Lokals verweisen und dann mit Hilfe unseres Eintrittsystems sperren und somit Lokalverbot erteilen können."

Kampagne geht weiter

Für mehr "Empfindlichkeit" im Rahmen der "Luisa"-Kampagne sollen neben Werbemitteln Schulungstermine für Gastronominnen und Gastronomen, die vom städtischen Referat Frauen und Gleichstellung in Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle TARA und der Polizei abgehalten werden, sorgen. Dass Anfang Oktober 20 neue Lokale dafür gewonnen werden konnten, freut Referatsleiterin Doris Kirschner besonders, denn: "Luisa ist einerseits ein Projekt zur Prävention vor sexueller und sexualisierter Gewalt, weil in den Lokalen über dieses Thema diskutiert wird. Andererseits kann Hilfe angeboten werden, wenn es etwas passiert ist." Die nächsten Info-Termine sind Anfang 2023 geplant. 

Wurdest du schon einmal Opfer oder Zeugin/Zeuge sexueller Belästigung?

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