Saisonstart im Next Liberty
Sie macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt
Rothaarig, rotzfrech und bärenstark: Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf eröffnete die Saison im Next Liberty – und erntete tosenden Applaus. Die nächste Vorstellung gibt es am 6. Oktober.
Wenn auf dem Dachboden – mitten zwischen der frisch aufgehängten Wäsche und riesigen Kisten – plötzlich jemand eingezogen ist: Im Grazer Jugendtheater Next Liberty startet man mit der wohl bekanntesten schwedischen Kinderheldin in den Herbst. Pippi Langstrumpf ist neu in der Nachbarschaft und findet in Tommy und Annika direkt die "besten Freunde". Gemeinsam erleben sie allerlei Abenteuer, von denen die meisten damit zu tun haben, sich gegen das aufzulehnen, was "die Großen" als das Beste erachten.
Keine roten Häuschen
Kein Wunder, dass die Romanvorlage, die die schwedische Autorin Astrid Lindgren irgendwann in den 40ern für ihre eigene Tochter niederschrieb, erst auf keine große Begeisterung bei Verlagen stieß. Pippi sei zu frech und zu ungezogen hieß es – ehe das Buch dann doch gedruckt wurde und zum Welterfolg avancierte. Mehr als 75 Jahre später hat Regisseur Helge Stradner die Geschichte inszeniert (anhand der Serie, denn er hat das Buch nie gelesen, wie er im Next Liberty-Interview anmerkte) und sie zu seiner eigenen gemacht.
Anstatt inmitten schwedischer Landschaften und roter Holzhäuschen spielt sich alles auf dem eingangs erwähnten Dachboden ab, einer multifunktionalen Bühne mit zu vielen Auf- und Abgängen als dass man sie zählen könnte. Das bringt Bewegung in die Sache: Denn während Tommy und Annika etwa immer durch die frisch aufgehängte Wäsche das Bühnenbild betreten, klopft Fräulein Prysselius plötzlich von innen an die Schranktür und die Polizisten Kling und Klang klettern ungeschickt aus einer Kiste, die am Boden steht. Lacher aus dem jungen Publikum sind dafür sicher.
Papa hat den Hai gefressen
Aber Pippi Langstrumpf ist nicht nur eine Spaßmacherin. Sobald die Heldin alleine ist, taucht sich die Bühne in dunkles Blau und Pippi (eine ansonsten sehr überdrehte Simone Leski) lässt ihren Sorgen freien Lauf. Ist ihr Papa wirklich auf einer Südseeinsel gestrandet oder ist er ertrunken? Was ist, wenn doch nicht er den Hai gefressen hat, sondern der Hai ihn? Für einen kurzen Moment scheint hier eine ernste Pippi durch, bis die nächste Figur die Bühne betritt und der Spaß wieder von vorne losgeht.
Das Ensemble führt souverän durch das 90 Minuten lange Stück, das mit schnellen Szenenwechseln und jede Menge Slapstick für beste Unterhaltung sorgt. Die Schauspieler scheinen in diesen Rollen regelrecht aufzublühen: Von den Geschwistern Tommy (Christoph Steiner gibt den ungeschickten Nerd) und Annika (eine sehr kindliche Lisa Rothhardt) über Frau Prysselius (herrlich übertrieben: Yvonne Klamant) bis hin zu Kapitän Langstrumpf (ein grummelnder Helmut Pucher). Das ist auch als Erwachsener schön anzusehen.
Was fehlt
Nur ein einziger Wermutstropfen ist zu nennen, auch wenn er das kleine Zielpublikum wohl nicht so betrifft wie eingefleischte Fans der Pippi-Serie: Das bekannte Intro hat keinen Eingang in das Stück gefunden, obgleich die Serie dem Regisseur als Vorlage gedient hat. Aber das ist wohl Jammern auf hohem Niveau.
Mehr Information und Karten gibt es hier.
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