Ukrainerin auf Jobsuche
Von der Chefetage in Kiev zur Lagerarbeit
Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine zieht es auf den Arbeitsmarkt, das AMS attestiert ihnen gute berufliche Chancen. Eine "Betroffene" erzählt, dass der Unterschied zwischen ihrer Qualifikation und den angebotenen Jobs oft eklatant sei. In Kiew arbeitete sie die letzten zwanzig Jahre in leitenden Positionen in der Entwicklung, im Marketing und im Verkauf von Immobilien, hier sagt sie, hätte sie nur Chancen als Küchen- oder Lagerhilfe.
STEIERMARK/GRAZ. Yaroslava Chapko kam im März letzten Jahres gemeinsam mit ihrem elfjährigen Sohn und ihrer Mutter aus Kiew nach Graz. Jetzt will sie, wie viele andere Geflüchtete aus der Ukraine auch, arbeiten. Die letzten 20 Jahre hat sie in führenden Positionen im Marketing, im Verkauf und auch in der Entwicklung von Immobilien gearbeitet, die Arbeitssuche in Graz und Graz-Umgebung sorgt bei ihr für ein wenig Ernüchterung: "Jeder versucht zu helfen, so gut er kann, und dafür bin ich sehr dankbar. Viele Beschäftigungsangebote passen aber nicht wirklich zu den Profilen der Menschen."
Chapko spricht hier aus eigener Erfahrung, denn die Jobs, die sie hier in Angriff nehmen könnte, seien nicht auf einer ähnlichen Ebene, nämlich als Lager- oder Küchenhilfe. Chapko möchte arbeiten, aber in ihrem Fachgebiet: "Vielen Menschen hier geht es gleich wie mir, wir wären auch bereit, mit einem Volontariat oder einem Praktikum in einer Assistenz-Position zu beginnen, einfach um das Arbeitsumfeld hier kennen zu lernen." Ein Unternehmen zu finden, dass gut ausgebildeten geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern diese Chance gäbe, sei aber äußerst schwierig.
Anlaufstelle AMS
Viele Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrem Umfeld würden diese Anstellungsmöglichkeiten trotzdem sehr ernsthaft in Erwägung ziehen und auch annehmen. Das zeigt auch ein Blick auf die Beschäftigungszahlen, denn mit Stand April waren steiermarkweit 1.356 Personen aus der Ukraine unselbstständig beschäftig, 640 davon in Graz und Graz-Umgebung. Weitere 381 Personen sind beim AMS gemeldet, wovon, mit 219 Personen, der Großteil sich im Raum Graz und Graz-Umgebung befindet.
Auch Chapko ist beim AMS gemeldet, besucht momentan aber gerade täglich einen Fortgeschrittenen-Deutschkurs. Sie sagt, verstehen würde sie bereits fast alles, auf Muttersprachenniveau spricht sie die Sprache verständlicherweise noch nicht. Das werde aber bei allen "qualifizierten Jobs" gefordert. Gute Ausbildung, viel Erfahrung und sehr gute Englischkenntnisse helfen da auch nicht weiter.
"Vitamin B" fehlt
Chapko hofft immer noch, dass mit dem Fortschreiten der Deutschkurse sich auch ihre persönlichen beruflichen Möglichkeiten erweitern. Eines wurde ihr in ihrer Zeit in Österreich aber bereits klar, ohne "Vitamin B", also gute Beziehungen, ist es oft sehr schwer. Auch aus diesem Grund sei der Wunsch nach der "Flucht in die Selbständigkeit" bei vielen Geflüchteten groß, wie Chapko erzählte. Darauf ziele das Beratungsangebot allerdings nicht ab und es gäbe für Interessierte wenig Unterstützung: "Momentan suchen wir uns die Informationen online selbst zusammen. Kurse oder Schulungen zum Thema Selbstständigkeit für Geflüchtete wären eine wirklich eine gute Sache."
Berufseinstieg mit Hürden
Einen großen Punkt bringt der Berufseinstieg für Geflüchtete aus der Ukraine noch mit sich und das ist die Wohnungssuche. Zuvor wird den Geflüchteten im Zuge der Grundversorgung eine Unterkunft gestellt. Mit dem Eingehen eines Dienstverhältnisses, haben sie mehrere Wochen (ungefähr drei), um sich eine eigene Wohnung zu suchen. Dabei ist in Graz und Umgebung eine Kaution zu entrichten, vom zeitlichen Ablauf noch bevor es das erste Gehalt gibt. Von der Caritas gab es vorübergehend einen "Sonderkautionsfonts" für Geflüchtete, aber auch dieser Topf ist in der Zwischenzeit aufgebraucht.
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