Familienflüsterer Dr. Streit
Wenn die Kinder leise Servus sagen
Die erste eigene Wohnung – das ist nicht nur für junge Menschen selbst, sondern auch für die Eltern eine große Sache. Familienflüsterer Dr. Philip Streit gibt Tipps für den richtigen Umgang damit.
GRAZ. Auszuziehen ist gerade wieder aktuell – schließlich nahen das neue Schuljahr und Studiensemester und viele junge Menschen denken darüber nach, von ihren Eltern wegzuziehen. Die erste eigene Wohnung ist heiß ersehnt und gleichzeitig mit vielen Fragezeichen versehen, sowohl für Jung als auch für Alt:
"Wird er/sie es schaffen, allein zu wohnen?“, fragen sich die Eltern – "Endlich von zu Hause weg", jubeln die Jungen. Doch zugleich taucht die Frage auf: "Darf ich wieder zurückkommen?“ Und sowohl Eltern als auch Kinder fragen sich: "Was wird sich an unserer Beziehung ändern?“
Eine gelingende, geklärte und respektvolle Eltern-Kind-Beziehung, die von einem Klima der gegenseitigen Wertschätzung getragen ist, ist aus Sicht der Psychologie in dieser Situation deshalb besonders wichtig. Für die Eltern gilt, dem Kind Rückhalt zu geben, auch wenn es nicht mehr zu Hause wohnt. Für die Jungen gilt wiederum, Dankbarkeit dafür zu zeigen, was die Eltern einem ermöglichen. Nichtsdestotrotz bringt der Auszug viel Neues mit sich, womit durchaus Herausforderungen einhergehen können. So werden diese am besten bewältigt:
Auszuziehen will geplant sein
Junge Menschen sollten beim Auszug nichts überstürzen oder gar im Affekt handeln. Es gilt außerdem, die richtige Unterkunft zu finden. Wird der junge Mensch allein leben oder gemeinsam mit anderen? Grundsätzlich ist anfangs zu empfehlen: eher gemeinsam, da es dann immer Ansprechpersonen gibt. Und auch die finanzielle Situation muss geklärt sein:
Woher kommt das Geld zum Leben? Welche Beihilfen kann der junge Mensch erhalten? Welcher Anspruch auf Unterhalt besteht etwa beim Studium? Gibt es Geld durch einen Job? Eine Checkliste darüber was beim Umzug zu erledigen ist, ist zudem hilfreich, etwa: neue Adresse anmelden, allfällig ein neues Konto, Strom und Internet.
Sorge und Selbstverantwortung
Es gilt, ein Einvernehmen mit dem Vermieter herzustellen und sich vorzustellen – ein guter Kontakt ist wichtig. Ein gutes Netzwerk ist zudem auch beim Umzug selbst hilfreich: Ein Netzwerk der Unterstützung macht das Siedeln zu einem positiven Erlebnis. Für Eltern und Kind empfiehlt sich: Bleibt in gutem Kontakt – hier hilft Regelmäßigkeit, etwa durch die Vereinbarung eines klaren Zeitpunktes, zu dem sich das Kind bei den Eltern meldet.
Eltern sollten beim Auszug ihrer Kinder in wachsamer Sorge präsent sein, dies jedoch in angemessenem Ausmaß – für das Kind heißt es jetzt auch, Selbstverantwortung zu übernehmen. Dann steht dem Umzug in ein eigenes Reich nichts mehr im Wege und sowohl Kind als auch Eltern können die neue Selbstständigkeit genießen.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das unter 0316/77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.at
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