"Wir brauchen eine gesetzliche Pflegeversicherung!"

Hans M. ist 78 Jahre alt. Sein Wortschatz ist stark eingeschränkt, immer öfter kommt es zu Ausfällen seiner Körperkontrolle: Er leidet an Demenz im 3. Stadium, ist völlig auf die Hilfe und Pflege anderer angewiesen – rund um die Uhr.
Kein Einzelfall: Fast 50.000 hilfs- und pflegebedürftige Menschen leben zurzeit in der Steiermark. Eine Zahl, die sich in den kommenden Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung sogar verdoppeln wird. "Um dafür gewappnet zu sein, benötigen wir eine radikale Neuaufstellung des Pflegesystems", fordert daher der steirische Lebenshilfe-Geschäftsführer Franz Ferner. Konkret: "Wir brauchen eine gesetzliche Pflegeversicherung!"

Das solidarische Modell

Und so soll diese laut Ferner aussehen: "Ähnlich wie bei der Unfall- und Krankenversicherung sollte die Pflegeversicherung solidarisch finanziert werden." Das heißt: Ein österreichweit geltendes Pflegesystem mit garantiertem Rechtsanspruch der Pflegebedürftigen. Finanziert soll dieses System laut dem Lebenshilfe-Funktionär unter anderem aus Dienstgeberbeiträgen und Körperschaftssteuer werden. Außerdem: "Zusatzeinnahmen durch stärkere Vermögensbesteuerung sollen zweckgebunden werden."
Mit der Pflegeversicherung einhergehend sei für Ferner auch der Fall des – derzeit nur in der Steiermark geltenden – Pflegeregress (teilweise Rückzahlung von Kosten für einen Pflegeheimplatz) ein Thema.

"Nicht finanzierbar"

Offene Türen rennt Ferner mit seinem Vorschlag auch bei Eva Weis, Leiterin der Verwaltung im Pflegezentrum Graz/St. Peter, ein: "Ohne vorgeschriebene Versicherung ist die Pflege auf Dauer nicht zu finanzieren. Die Menschen müssen sich dessen bewusst werden, sie müssen sich mit diesem Thema stärker auseinandersetzen."
Der Familie von Hans M. ist es bereits bewusst, und muss sich auch mit Pflege auseinandersetzen – rund um die Uhr.
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"Bund und Länder müssten an einem Strang ziehen"

Dr. Karl Stöger ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Graz und gibt für die WOCHE Auskunft darüber, was wirklich für eine gesetzliche Pflegeversicherung verändert werden müsste.

Welche Voraussetzungen braucht es für eine gesetzliche Pflegeversicherung?
Karl Stöger: Wie die Länder die Pflege finanzieren, können sie grundsätzlich selbst entscheiden. Naheliegend wäre aber natürlich eine Einführung einer österreichweiten Pflegeversicherung im Rahmen der staatlichen Sozialversicherung. Das geht aber nur, wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen. Und selbst dann bleibt das Problem der steigenden Lohnnebenkosten.
Gibt es auch Alternativen?
Ein anderer Weg wäre eine Versicherungspflicht, nach der jeder verpflichtet wäre, eine öffentliche oder private Versicherung für Pflege abzuschließen. Das würde dann zwar nicht die Arbeitgeber treffen, dafür aber müssten Arbeitnehmer und Selbstständige diese Kosten selbst zur Gänze tragen. Die wirklich entscheidende Frage ist aber eine politische: Wer soll die Hauptkosten tragen? Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder alle Steuerzahler.
Wie regeln es andere Länder?
In Deutschland gibt es eine verpflichtende Pflegeversicherung, die überwiegend aus den Beiträgen der Versicherten finanziert wird. In Skandinavien setzt man auf steuerfinanzierte Systeme.
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WOCHE-Wissen:

In der Steiermark wird das Pflegesystem durch den Pflegeregress mitfinanziert: Regress bedeutet teilweise Rückforderung von Kosten für einen Pflegeheimplatz, wenn der Kostenaufwand der Pflege im Heim höher ist als die Einkünfte der dort gepflegten Person. Die Höhe des Regresses ist nach Einkommen gestaffelt. Kinder haben bei einem Nettoeinkommen von € 1.500 für die Heimversorgung ihrer Eltern vier Prozent (€ 60) zu leisten.
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