Der letzte seiner Art
Mit seinen 156 m Höhe zählt der Sendemast am Sendergrund in Dobl zu den höchsten Gebäuden der Steiermark. Und zu den technisch Bedeutungsvollsten.
Rena Eichberger
Schon von Weitem ist er sichtbar. Wie ein riesiger Zahnstocher ragt er 14 km südwestlich von Graz aus der Landschaft. Ursprünglich wurde allerdings viel dafür getan, dass er möglichst unsichtbar bleibt. Deshalb war der Sender als Gutshof getarnt, der Mast trug einst Tarnfarbe.
Im Dritten Reich kam dem gerade erst erfundenen Sendesystem mit 100 kW Leistung spezielle Bedeutung zu. Teils diente es der Information, vorwiegend der Propaganda. 1941 wurde nach kurzer Bauzeit der Sender in Dobl eröffnet und ging mit der neu entwickelten, wassergekühlten und besonders spannungsfesten Röhre RS 366 in Betrieb. Der Sendemast wurde in St. Peter ab- und in Dobl wieder aufgebaut.
Gut getarnt
Um den wahren Zweck der Anlage zu vertuschen, sprach man erst von „Versuchsanlage G“, später vom „Sender Alpen“. Gesendet wurde bis Kriegsende täglich von 5 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts. Das Programm kam aus Berlin. Technische Probleme und Fliegeralarme sorgten öfter für Störungen und Abschaltungen. Die Einschusslöcher eines Tieffliegers sind in der original verputzten Außenmauer noch zu sehen.
Dem Kriegsende folgten abwechslungsreiche Jahre als Sitz der BBC, des ORF und Österreichs erstem Privatradio, als Heimat einer Volksmusik-Schule und einiger Firmen. Der Sendesaal mitsamt der Sendeanlage ist ebenso noch erhalten, wie das gewaltige Notstromaggregat. Dass dieses noch funktioniert, ist zwei leidenschaftlichen Amateurfunkern, Hubert Tschugmell und Peter Kalcher zu verdanken. Die beiden betreuen den Sender Dobl seit 1993 ehrenamtlich.
Jetzt stehen die in Gemeindebesitz befindlichen Gebäude bis auf die musealen Artefakte weitgehend leer. Dank Bundesdenkmalamt konnte das Dach vor ein paar Jahren saniert werden. Experten sind sich einig, dass es sich bei diesem in ganz Europa einzigartigen technischen Zweckbau um ein Denkmalobjekt ersten Rangs handelt. Vorläufig finden Führungen nur auf Anfrage statt. Die Hoffnung besteht, dieses historische Relikt eines Tages in gebührender Form der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.
In letzter Sekunde
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sämtliche Sendeanlagen gesprengt. Auch in Dobl war bereits alles für eine solche Sprengung vorbereitet. Gerüchten zufolge waren es beherzte Senderangestellte, die mittels Hinhaltetaktik und Sabotage der Zündleitungen die Sprengung verhinderten.
Infokasten:
Auftrag zur Errichtung: 17.1.1940
Eröffnung: 22.2.1941
Frequenzbereich: 545 – 1365 kHz
Am Bau beschäftigt: 500 Arbeitskräfte
Budget 1,67 Mio. Reichsmark
Budgetüberschreitung: 11 %
Notstromaggregat: Schiffsdieselmotor mit 1050 PS
Führungen: Hubert Tschugmell Tel. 0664/4005124
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