Kampf um alten Glanz
Annenstraße soll schon 2023 neu aufblühen
Die "Grieswirtschaft" will dem Dauerthema Annenstraße neuen Schwung geben und nimmt die Stadtpolitik in die Pflicht. Geht es nach der Initiative, sollen erste Maßnahmen schon im kommenden Jahr starten.
GRAZ. Die Geschichte der Annenstraße beginnt mit der Eisenbahn. Genauer gesagt 1844, als die Zugverbindung von Mürzzuschlag in die Landeshauptstadt schlagend wird und die nach der Gattin Kaiser Ferdinands benannte Achse in die Innenstadt entsteht. Mittlerweile ist die Bedeutung aus den Zeiten der Monarchie ebenso vergangen wie die Strahlkraft der 1970er-Jahre, als die Annenstraße weit über die Stadtgrenzen als Einkaufsoase bekannt war und nicht ohne Grund zu den wertvollsten Feldern beim Gesellschaftsspiel "Das kaufmännische Talent" (DKT), der österreichischen Version von Monopoly, gehörte.
In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Traditionsunternehmen aus vielerlei Gründen, wie etwa dem Aufkommen großer Einkaufszentren und dem Wandel vom Zug- zum motorisierten Individualverkehr, stetig weniger. Das konnten bislang weder die unterschiedlichen Rathauskoalitionen noch die zahlreichen Initiativen vieler engagierter Menschen – trotz spannender Impulse – nachhaltig verhindern.
Schluss mit Klein-Klein
Während sich viele Grazer wehmütig an die "gute alte Zeit" erinnern und böse Zungen gar vom "Ideenfriedhof Annenstraße" sprechen, haben Anwohnende, Kunstschaffende und Geschäftsleute nicht aufgegeben und bereiten ein Comeback des Viertels vor. "Dafür brauchen wir ein ganzheitliches Konzept, weg von dem Klein-Klein – der Fokus der Stadtpolitik muss auf der Annenstraße liegen", ist sich Franz Pergler, Obmann der "Grieswirtschaft", sicher.
Zu diesem Zweck lud der Verein, der bereits bei der Neugestaltung des Griesplatzes erste Erfolge verbuchen konnte, zum Gespräch auf die Dachterrasse des Möbelhauses Leiner, an dem unter anderem Wirtschaftsstadtrat Günter Riegler teilnahm. "Es ist nicht mehr so, dass die Leute nur für den täglichen Bedarf in die Stadt gehen, deshalb müssen wir in der Annenstraße wieder einen Erlebnisfaktor bieten, damit man gerne verweilt", so der 56-jährige ÖVP-Politiker, der unweit in der Kindermanngasse aufwuchs. Mit der baulichen Innenstadtentflechtung, die 2025 abgeschlossen sein soll, werde eine positive Veränderungen im Viertel an der Grenze zwischen Lend und Gries einsetzen, so seine Prognose.
Vorbild Südtirolerplatz
Neben der Einbindung von Bewohnern und Unternehmen will Franz Pergler auch die für das Stadtplanungsamt zuständige Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) gewinnen. Denn: "Wir müssen auf allen Ebenen zusammengreifen und an einem Strang ziehen. Bisher ist im kleinen Kreis viel gemacht worden, aber zeitlich begrenzte Kunstaktionen – auch wenn sie der Straße neues Leben geben – werden das Ruder nicht herumreißen können. Genauso wenig wie das vereinzelte Pflanzen von Bäumchen."
Das Potenzial der Straße ist jedenfalls enorm, denn die nötige Frequenz sei vorhanden. Wie es funktionieren könnte, zeigt sich etwa in unmittelbarer Nähe, am Südtirolerplatz und im angrenzenden Lendviertel. Zudem setzt man Hoffnung in den neuen Stadtteil Reininghaus, in dem im Zeitraum der nächsten drei Jahre zwischen 10.000 und 15.000 Menschen eine Wohnung beziehen oder ihren Arbeitsplatz haben werden und der nur wenige Straßenbahnstationen entfernt liegt.
Pergler, der die Annenstraße wieder als "lebendige Achse zur Innenstadt" etablieren will, wünscht sich zu diesem Zweck nach dem Sommer einen runden Tisch mit den Entscheidungsträgerinnen und -trägern der Stadtpolitik: "Wenn wir Budget freibekommen, können wir nächstes Jahr damit starten."
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