Gastkommentar
Warum Klima-Aktivisten die Bundesregierung geklagt haben

Kilmaforscher Ivo Ponocny stellt die Gewissensfrage: „Sollen wir darüber reden, dass man nicht mehr verbrauchen kann, als langfristig da ist?" | Foto: Fridays for Future Graz
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  • Kilmaforscher Ivo Ponocny stellt die Gewissensfrage: „Sollen wir darüber reden, dass man nicht mehr verbrauchen kann, als langfristig da ist?"
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Schafft es die Menschheit nicht, das Ruder herumzureißen, kommt es zur Klimakatastrophe. Wieso die zahnlose Gesetzgebung hierzulande nachgebessert werden muss, beschreiben Nils und Anouck von "Fridays for Future Graz" im folgenden Gastkommentar.

GRAZ. Dass wir dringend etwas gegen den Klimawandel unternehmen müssen, ist wohl nichts Neues. Genauso wenig, dass wir mit rasender Geschwindigkeit auf 1,5 Grad Erderwärmung zusteuern und unsere politischen Entscheidungsträger:innen zu wenig unternehmen. Dass unser CO2-Budget (also jene Menge an CO2, welche wir in Österreich für die Einhaltung dieses Ziels maximal noch ausstoßen dürfen) bei Beibehalt des derzeitigen Emissionsausstoßes 2025 voll ist, ist jedoch noch nicht in aller Munde. Auch nicht, dass das derzeit gültige Klimaschutzgesetz aus 2011 ziemlich wirkungslos ist und die darin enthaltenen Klimaziele nicht verbindlich sind. Es gibt also keine Konsequenzen, wenn die Ziele nicht eingehalten werden.

Weltweit sind die Auswirkung zunehmender Trockenheit zu spüren. Österreich ist nicht so schlimm betroffen wie andere Regionen, aber keine Ausnahme, wie vergangenes Jahr im Neusiedlersee (Burgenland) zu beobachten. | Foto: Pixabay
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Laut UNICEF sind 99 Prozent aller Kinder zumindest einer Auswirkung des Klimawandels ausgesetzt. Fast die Hälfte aller Kinder (ungefähr eine Milliarde) gilt als extrem stark durch die Klimakrise gefährdet. Oft leiden sie schon jetzt unter den Folgen des Klimawandels: extreme Wasserknappheit, Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen oder extreme Stürme. Dabei haben Kinder ein Recht auf Leben und auf angemessene Lebensbedingungen, wofür eine gesunde Umwelt eine Grundvoraussetzung ist.

Klage gegen Bundesregierung eingebracht

In Österreich zählen die Kinderrechte zu den Grundrechten und gelten als unantastbar. Im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder steht im Artikel 1:

„Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“

Klar ist: Um dies gewährleisten zu können, muss das 1,5-Grad- Ziel und damit die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen unbedingt eingehalten werden. Durch das derzeit gültige Klimaschutzgesetz ist das eindeutig nicht gegeben – es ist deshalb nicht mit den Kinderrechten vereinbar.

Der Appell von "Fridays for Future" an die Politik ist klar: strengere Regeln bei den CO2-Grenzen. | Foto: Christina Hauszer
  • Der Appell von "Fridays for Future" an die Politik ist klar: strengere Regeln bei den CO2-Grenzen.
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Aus diesem Grund reichten 12 Kinder und Jugendliche gemeinsam mit der Klimaanwältin Michaela Krömer, unterstützt von Fridays for Future und dem Verein CLAW (steht für: climate law – dt. Klimagesetz) im Februar dieses Jahres eine Verfassungsklage gegen die österreichische Bundesregierung ein. Da die Klage sich auf die Kinderrechte bezieht, wird sie oft auch “Kinderklage” genannt.

Das vergessene Gesetz

Oft wird fälschlicherweise behauptet, Österreich hätte kein Klimaschutzgesetz mehr. Das ist allerdings nicht korrekt: Das Klimaschutzgesetz von 2011 gilt immer noch, allerdings sind darin keine gesetzlich verankerten Treibhausgas-Reduktionsziele für die Zeit nach 2021 enthalten. Es hätte daher erneuert werden müssen, vor mittlerweile rund 860 Tagen! Nur weil die Regierung das bisher nicht geschafft hat, ist das wirkungslose Gesetz aus 2011 noch gültig.

Klimaschutzziele: Mit einer Klage wollen Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten die Bundesregierung zum Handeln bewegen. | Foto: Pixabay
  • Klimaschutzziele: Mit einer Klage wollen Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten die Bundesregierung zum Handeln bewegen.
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Das ist fatal, denn mit jeder zusätzlichen Tonne CO2 eskaliert die Klimakrise weiter. Ziel der Klage ist es, dass das Verfassungsgericht Teile des derzeit geltenden Klimaschutzgesetzes als verfassungswidrig erklärt, da es die Kinderrechte verletzt. Die Bundesregierung wird dadurch gezwungen, das Klimaschutzgesetz umzuformulieren bzw. ein neues zu vereinbaren. Selbst wenn wir die Verhandlung verlieren, ist die Thematik nun noch einmal verstärkt in den Fokus gerückt.

Schon Ende Juni 2023 soll es eine Entscheidung des Gerichts geben. Sollten die Klägerinnen und Kläger Recht bekommen, könnte das bedeuten, dass wir bereits am Ende des Sommers oder im Herbst endlich unser lang ersehntes, wirksames Klimaschutzgesetz bekommen.

Grazer Aktivismus

Wichtig bei derartigen Klagen ist laut Meinung vieler Expert:innen, dass man die Menschen darüber informiert und es dadurch mehr Teil der breiten Diskussion wird. Hier können Klimagerechtigkeits-bewegungen wie Fridays for Future unterstützen. In Graz geschah dies letzte Woche, am Freitag, dem 5. Mai am Lendwirbel. Dort gab es einen Informationsstand von uns und wir haben Flyer mit Infos über die Klimaklage verteilt.

Grazer Aktivistinnen und Aktivisten setzten auch beim Lendwirbel auf Bewusstseinsbildung. | Foto: Fridays for Future Graz
  • Grazer Aktivistinnen und Aktivisten setzten auch beim Lendwirbel auf Bewusstseinsbildung.
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Außerdem wurde gekreidet, Schilder bemalt und es gab es auch zwei Reden, eine von unsere Aktivistin Valerie Peer und eine von Prof. Ivo Ponocny von Scientists for Future. Prof. Ponocny sagte mit Bezug auf die Klimapolitik treffend: „Worüber soll man reden? Sollen wir darüber reden, dass man nicht mehr verbrauchen kann, als langfristig da ist? Das ist doch logisch! Das ist wie, wenn wir abends jemanden zum Essen einladen, dass wir nicht zu Mittag das ganze Essen aufessen sollten, sondern noch etwas überlassen. Das ist trivial.“

Geschrieben wurde dieser Artikel von Nils und Anouck von Fridays for Future Graz.

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