Der Urlaub muss warten
Für Sturms Anel Hadzic wird bei der Fußball-WM ein Buben-Traum
Realität.
Alle Sorgen, alle Probleme eines Landes – mit einem Schlag waren sie vergessen. Als Vedad Ibisevic in Kaunas den 1:0-Sieg von Bosnien-Herzegowina über Litauen fixierte und die gebeutelte Balkan-Nation sich 21 Jahre nach der Unabhängigkeit erstmals für eine Fußball-WM qualifizierte, brachen daheim alle Dämme.
„Man kann sich nur schwer vorstellen und eigentlich auch nicht erklären, was das für die Menschen in Bosnien bedeutet“, sagt Anel Hadzic. Der Sturm-Kicker ist beim bosnischen Traum mittendrin statt nur dabei – und der einzige Beitrag der österreichischen Bundesliga beim größten Sportereignis der Welt. „Für mich ist das alles ein Wahnsinn. Einmal eine Nominierung für das Nationalteam zu bekommen, war immer mein Traum – und jetzt am Beginn meiner Nationalteamkarriere gleich die WM in Brasilien bestreiten zu dürfen, ist unglaublich.“
Seit 15. Mai hat Teamchef Safet Susic seine Truppe in Sarajevo zusammengezogen. „In der ganzen Stadt hängen bosnische Fahnen – überall ist die WM das große Thema“, ist auch Hadzic von der Unterstützung der Bevölkerung übermannt – „vor allem wenn man bedenkt, mit welchen Problemen die Leute nach der Flutkatastrophe zu kämpfen haben. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass unser Land so noch mehr zusammengeschweißt worden ist – und durch die WM können die Menschen wenigstens für ein paar Stunden ihre Probleme vergessen.“
Duell mit Messi
Gestern wurde die Mannschaft rund um Superstar Edin Dzeko dann in Richtung Übersee verabschiedet. Am Freitag wird in Chicago gegen die Elfenbeinküste getestet, am 4. Juni steigt in St. Louis die Generalprobe gegen Mexiko und dann geht’s nach Brasilien.
In der Gruppe wartet dann gleich zu Beginn niemand geringerer als Argentinien mit Superstar Lionel Messi. „Das erste Spiel gegen Argentinien und das im Maracana – das wird sicher ein heißer Auftakt“, lächelt Sturms Nummer zehn. „Aber vielleicht können wir überraschen – es ist auch für Argentinien das erste Spiel und vielleicht unterschätzen sie uns ja auch etwas.“ Worte, die zeigen, die Bosnier planen an der Copacabana keinen Badeurlaub. „Wir rechnen uns natürlich zumindest Chancen auf das Achtelfinale aus“, sagt Hadzic mit Blick auf die weiteren Gruppengegner aus Nigeria und dem Iran.
Wie seine Chancen auf einen Einsatz in Brasilien stehen, wagt der 24-Jährige noch nicht zu beurteilen. „Der Teamchef lässt sich da noch nicht in die Karten schauen. Im Training müssen sich jedenfalls alle zeigen – das will natürlich auch ich, ob es sich dann mit einem Einsatz ausgeht, wird sich zeigen.“
Im Team sind jedenfalls alle gleich. Extrawürstel gibt’s für den englischen Meister Dzeko (Manchester City) genauso wenig, wie für Romas Youngster Miralem Pjanic. „Natürlich sind Kicker wie Dzeko Ikonen – aber auch er ist einfach nur stolz, für sein Land bei der WM zu sein.“
Einen Wermutstropfen hat Hadzics WM-Nominierung übrigens dann doch: „Ja, mit Sturm fängt die Saison schon am 19. Juli wieder an – Urlaub werde ich also keinen haben, aber das nehme ich natürlich gerne in Kauf.“
Steckbrief:
ANEL HADZIC
Geboren: 16. 8. 1989 in Velika Kladusa (BIH)
Hat auch für Österreichs U-20- und U-21-Team gespielt, entschied sich dann aber für Bosnien.
Bisher ein Länderspiel für Bosnien-Herzegowina (0:2 gegen Ägypten).
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