Wolfgang Klaritsch
Der letzte Drechsler der Stadt geht in Pension
Mit Wolfgang Klaritsch geht der letzte Drechsler der Stadt in Pension. Im Interview mit "MeinBezirk.at" spricht der Grazer über das Handwerk und darüber, welche besonderen Arbeiten ihm in Erinnerung bleiben werden.
GRAZ. Der intensive Geruch von Holz liegt noch in der Luft. Die Sägespäne, die Wolfgang Klaritsch in seiner Werkstatt normalerweise bis zu den Knien stehen, sind aber bereits säuberlich in großen Plastiksäcken verpackt. "Nach so vielen Jahren fällt mir der Geruch hier gar nicht mehr auf. Aber mal schauen, ob's mir dann doch abgehen wird", sinniert der Drechsler, der sich mit Ende Jänner in den wohlverdienten Ruhestand begibt. Für seine Drechslerei in Gösting hat er keinen Nachfolger gefunden, mit Klaritsch geht der letzte Drechsler von Graz in Pension.
"Alles was rund und aus Holz ist"
Vor allem für Antiquitätentischler, aber auch die Papierindustrie, Großtischler und Hoteleinrichter ist die Schließung der letzten Grazer Drechslerei ein bitterer Einschnitt – zusätzlich zu privaten Kundinnen und Kunden zählten sie zu Klaritschs Auftraggebern. "Alles was rund und aus Holz ist", ist laut Definition des Handwerkers das Spezialgebiet eines Drechslers.
Seien es Holzschalen, Knöpfe, runde Möbelelemente, Pfeffermühlen, "Stoppel" für große Papierrollen oder große und kleine Kunstwerke und Deko-Elemente aus Holz – die Produkte, die Wolfgang Klaritsch gedrechselt hat, sind vielfältig. Eine seiner Arbeiten ist dem 62-Jährigen aber besonders in Erinnerung geblieben: 2007 hat Klaritsch den Pilgerstab von Papst Benedikt XVI. gefertigt, als dieser 2007 zu Besuch in Mariazell war. "Der Papst war sicher mein prominentester Kunde. Der Stab selber war aber ganz schlicht und nicht sehr aufwendig", lächelt der Drechsler.
Handwerkstradition
130 Jahre alt ist die Drechslerei Klaritsch, die ihren ursprünglichen Sitz am Dietrichsteinplatz hatte. Wolfgang Klaritsch führte den Betrieb in vierter Generation. "In den 50er Jahren gab es neben meinem Vater etwa zehn weitere Drechsler in Graz. Als ich begonnen habe, gab es nur noch einen weiteren." Auch wenn der Grazer mit Arbeit stets mehr als gut ausgelastet war – 60 bis 100 Stunden pro Woche stand Klaritsch über die letzten 30 Jahre in der Werkstatt – sei die Nachfrage nach Gedrechseltem über die Jahre stark zurückgegangen.
"Es wird kein Wert mehr auf Handwerk gelegt, vieles wird maschinell gemacht", weiß Klaritsch. Außerdem habe sich die Art des Einrichtens verändert. Üppige Holzmöbel aus der Zeit des Historismus, mit vielen runden Elementen, seien schon lange durch schlichte Linien abgelöst worden. "Früher waren Möbel außerdem für die Ewigkeit gemacht und wurden über Generationen weitergegeben. Heute sind es zum Teil 'Wegwerfprodukte'", bedauert Klaritsch.
So sehr ihm seine Arbeit als Drechsler gefällt – "die Formgebung, das Kreative und das Gefühl, wenn man etwas Schwieriges hingekriegt hat, haben mich immer begeistert" – so freut sich Klaritsch doch auf seinen Ruhestand. Schwammerlsuchen, Wandern im Wald (die Liebe zum Holz bleibt bestehen), Skifahren und Zeit mit den Enkerln stehen nun am Programm des Pensionisten in spe.
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