Gefragte Frau
Für mehr Frauen in Führungspositionen
Die Stattegerin Christiane Katschnig-Otter setzt sich als Geschäftsführerin des Vereins "Felin" dafür ein, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Steiermark zu erhöhen. Mit "MeinBezirk.at" hat sich die Managerin über Feminismus, die Quote und den Frauenanteil in steirischen Unternehmen ausgetauscht.
GRAZ/STATTEGG. Es ist ein langer Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft. Auf vielen Ebenen sind Frauen noch immer benachteiligt gegenüber Männern – so auch in der Arbeitswelt: Nur ein Bruchteil der Führungspositionen in steirischen Unternehmen wird von Frauen besetzt. Dass dieser Umstand starke strukturelle Ursachen hat, weiß Christiane Katschnig-Otter. Sich dafür einzusetzen, dass Frauen in der steirischen Wirtschaft gestärkt werden, ist daher ihr großes Anliegen, das sie als Geschäftsführerin des Vereins "Felin" verfolgt.
Was bedeutet für Sie persönlich Feminismus?
Christiane Katschnig-Otter: Feminismus bedeutet für mich, mich für die Rechte von Frauen einzusetzen und überall dort, wo es zu Diskriminierung kommt, auch etwas dagegen zu tun.
Wann ist bei Ihnen der Wunsch aufgekommen, sich für die Rechte von Frauen einzusetzen?
Ich wollte die Möglichkeit haben, immer alles erreichen zu können. Sobald ich gespürt habe, dass mir aufgrund meines Geschlechts etwas nicht möglich ist, wollte ich das nicht akzeptieren. Das war immer ein ganz starker Antrieb für mich. Und natürlich habe ich auch Diskriminierung im Berufsleben erfahren.
In Bewerbungsgesprächen bin ich zum Beispiel gefragt worden, wann ich plane Kinder zu bekommen und zu heiraten. Das war ein Zeitpunkt, wo ich stark gespürt habe, dass Geschlecht im Berufsleben eine Rolle spielt. Ich habe später in einer Führungsposition bei einem steirischen Industriebetrieb gearbeitet und habe dort die Frauen kennengelernt, die die Gründungsidee von Felin entwickelt haben und so bin ich auch dazugekommen, die Geschäftsführung des Vereins zu übernehmen.
Was ist "Felin"?
Felin steht für "Female Leaders Initiative" und ist ein unabhängiger, überparteilicher Verein, der 2013 von Frauen aus unterschiedlichen Führungsfunktionen in der Wirtschaft, NGOs, und aus unterschiedlichen politischen Parteien gegründet wurde. Diese Frauen haben sich in der Übereinstimmung gefunden, dass es in der Steiermark eine Initiative für Frauen in Führungspositionen braucht.
Wofür setzt sich der Verein ein?
Ziel ist es, den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Steiermark zu erhöhen. Grundsätzlich geht es hierbei um das Thema Bewusstseinsbildung, denn viele sind sich dem Ungleichgewicht gar nicht bewusst. Und das andere große Anliegen ist die Netzwerkbildung. Dazu führen wir seit 2019 einen Lehrgang durch.
Wobei es hier nicht darum geht, die Teilnehmerinnen noch weiter zu qualifizerien – die Frauen sind schon mehr als qualifiziert, wenn sie zu uns kommen. Vielmehr wollen wir ihnen ein "Rüstzeug" für ihre für ihre Führungsaufgaben mitgeben. Wir trainieren mit ihnen (Bühnen-)Auftritte, sprechen über gleichstellungsorientierte Führung und erarbeiten Strategien für eine hohe Wirksamkeit in ihren Rollen.
Bis zu 40 Frauen sind im Rahmen dieses Lehrgangs für ein Jahr stark miteinander vernetzt, tauschen sich aus und stärken einander. Das ist mittlerweile ein Netzwerk aus rund 100 Absolventinnen. Außerdem beobachten wir seit 2017 mittels einer alle zwei Jahre erscheinende Studie den Frauenanteil in Führungspositionen in der Steiermark, was es einfacher macht aufzuzeigen, wo sich etwas bewegt und wo nicht.
Wie sieht die Situation in der Steiermark aus?
Wir schauen uns die Top 100 umsatzstärksten Unternehmen in der Steiermark und die Beteiligungsgesellschaften von Stadt und Land an. Was die Geschäftsführung in den Unternehmen betrifft, lag die Frauenquote 2021 bei 5 Prozent, im Vorstand sind es 6 Prozent – da liegen wir in der Steiermark unter dem Österreichschnitt. Im Aufsichtsrat zeigt sich die meiste Bewegung, durch die verpflichtende Quote, die es seit 2018 gibt: Von 15 Prozent im Jahr 2019 hat sich der Anteil von Frauen hier auf 19 Prozent im Jahr 2021 erhöht.
Positionieren Sie sich klar für die Frauenquote?
Als Verein nehmen wir zu keinen politischen Fragen Stellung. Aber meine persönliche Meinung ist, dass die Quote ein sehr wirksames Instrument ist, um Bewegung zu erzielen. Ich höre immer wieder von Frauen, die in ihren Zwanzigern gegen die Quote sind, ab 30 sind sie immer noch der Meinung, wir würden alles schaffen weil wir gut sind, mit 40 wollen sie es noch ohne Quote schaffen, aber es kommen erste Zweifel auf. Mit 50 wissen wir, dass wir gut sind, das aber doch nicht ausreicht, um in Führungspositionen zu kommen und spätestens dann wird der Wunsch nach der Quote laut.
Was braucht es für eine Veränderung?
Frauen werden in Unternehmen stark auf individueller Ebene gefördert, durch Workshops und Coaching. Das ist gut, weil es Frauen in ihrer Selbsteinschätzung stärkt. Aber es reicht bei weitem nicht. Die Quote schafft eine Bestandsgröße, die es ermöglicht, dass sich eine kritische Masse bildet, die wiederum in der Lage ist, Veränderung im Sinne eines Kulturwandels herbeizuführen.
Und das ist es, was es braucht. Wir müssen Geschlechterstereotype hinterfragen und aufzeigen. Außerdem sind Rahmenbedingungen auch wichtig – zum Beispiel das Thema Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Und Frauen müssen auch einfach Mut haben, Rollen und Aufgaben zu übernehmen, die vielleicht noch neu sind.
Warum ist das Thema Frauen in Führungspositionen so wichtig?
Alles was es Frauen ermöglicht, unabhängig und selbstbestimmt zu leben, ist wichtig. Das Thema Frauen in Führungspositionen verfolgt die Idee, "top-down" zu wirken: Wenn ich oben etwas verändere, dann rieselt das nach unten durch. Das ist auch der Ansatz, den Felin verfolgt.
Wie weit ist der Weg zu einer gleichberechtigten Arbeitswelt für Frauen und Männer?
Der Weg ist noch weit. Aber wovon ich wirklich überwältigt bin, sind die Frauen, die wir im Lehrgang haben. Das sind Frauen aus allen steirischen Regionen, die alle höchst qualifiziert und ambitioniert sind. Sie haben auch Familie in Form von Kindern oder indem Sie Angehörige pflegen. Und daneben arbeiten sie noch daran, sich eine Selbstständigkeit aufzubauen. Der Behauptung, es gebe die Frauen nicht, die wollen, können wir ganz entschieden dagegenhalten. Ich bin mehr als zuversichtlich, dass von diesen Frauen immer mehr kommen werden.
Steckbrief – Christiane Katschnig-Otter
Christiane Katschnig-Otter – geboren in Graz und wohnhaft in Stattegg – hat in Graz und Australien Management internationaler Geschäftsprozesse studiert und dann im HR-Management in verschiedenen Unternehmen gearbeitet.
Seit 2013 ist sie Geschäftsführerin von Felin, seit 2018 setzt sie sich zusätzlich als Head of Partnerships bei der Online-Beratung "Instahelp" für Mentale Gesundheit ein.
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