Heimatwerk-Herrenschneiderei
Hier werden Männertrachten in Fasson gebracht
"Nachfolger gesucht" – dieser Ruf verhallt allzu oft unerwidert in der heimischen Wirtschaft und endet schließlich mit Betriebsschließungen. Doch es gibt auch Happy Endings, wie nun im Falle des Grazer Traditionsunternehmens "Loden Fürst", das mit Sack und Pack und vor allem viel Know-how vom Steirischen Heimatwerk übernommen wurde. Ab November werden in der eigens eingerichteten Herrenschneiderei Männertrachten von Hand gefertigt.
GRAZ. Johanna Lanz, Stella Probst und Mohamad Ataya fühlen sich sichtlich wohl im 2. Obergeschoß jenes Hauses in der Sporgasse, in denen das Steirische Heimatwerk untergebracht ist. Seit Kurzem sind die hellen Räume ihr "Reich", in dem sie umgeben von Stoffen, Mustern, Vorlagen und rund 14 Maschinen aller Art – bei Weitem nicht nur der klassischen Nähmaschine – Männertrachten in Fasson und schließlich an den Mann bringen.
Lanz, Probst und Ataya sind das Herzstück der Herrenschneiderei, die ab sofort im Heimatwerk angesiedelt ist und ab Herbst auch Männer mit echt steirischer Tracht versorgen wird.

- Für jeden Schnitt gibts ein eigenes Muster - Johanna Lanz hat den Überblick.
- Foto: RegionalMedien
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Tradition wird fortgeschrieben
Dass im Heimatwerk Dirndl und andere Frauentrachten gefertigt werden, zeugt eine bereits jahrzehntelange Geschichte, doch nun wird diese Geschichte weitergesponnen: Bereits im Frühjahr wurde bekannt, dass das Traditionsunternehmen "Loden Fürst" vom Steirischen Heimatwerk übernommen wird – MeinBezirk.at berichtete. "Es war zunächst eine etwas utopische Idee", erinnert sich Volkskultur-Geschäftsführer Simon Koiner-Graupp an die ersten Gespräche mit Hans und Christine Fürst zurück. Aus der Utopie wurde aber rasch Ernst und Realität: Über den Sommer wurde die Schneiderei mit sämtlichen Werkzeugen, Maschinen und teilweise auch Personal gesiedelt und nach den letzten Vorbereitungen soll ab November mit der Maßanfertigung für Männertrachten begonnen werden.

- Brachte nicht nur die Schnitte, Vorlagen und Maschinen, sondern vor allem viel Wissen und Können von "Loden Fürst" in die neue Trachten-Herrenschneiderei mit: Werkstättenleiterin Johanna Lanz
- Foto: Heimatwerk
- hochgeladen von Andrea Sittinger
Und zu tun gibt es da wohl genug, lacht Johanna Lanz, die nicht nur die gesamten Schnittmuster aus ihrer bisherigen Arbeitsstätte "Loden Fürst" mitgebracht hat, sondern auch ihr gesamtes Wissen und Können. In der Steiermark gibt es an die 100 verschiedene Männertrachten. Diese können demnächst alle maßgeschneidert bestellt werden, doch damit nicht genug. "Wir kümmern uns auch um die Ausstattung unzähliger Musik- und Brauchtumsvereine quer durchs Land", verweist Lanz etwa auf ein Sakko der Marktmusik Feldkirchen bei Graz.
Bunte Mischung an Expertise
Und wie lange dauert es eigentlich, bis so ein Männertrachten-Anzug in Fasson gebracht ist? Wie einiges Andere auch im Leben geht auch das bei den Männern schneller und dauert weniger lange als die Fertigstellung eines Dirndls. "Je nach Schnitt und etwaigen Stickereien brauchen wir zwischen sieben und 14 Stunden (bei einem Dirndl sitzen die Schneiderinnen bis von 15 Stunden aufwärts, Anmerk. der Red.)", schildert die Schneidermeisterin. Mit "wir" sind neben Lanz selbst noch Stella Probst und Mohamad Ataya gemeint, die die neu geschaffene Herrenschneiderei komplettieren. Probst ist Lehrling und kommt direkt von der Modeschule, Ataya ist bereits gelernter Herrenschneidermeister.

- Es ist eingefädelt für die Herrenschneiderei im Steirischen Heimatwerk: Hans Fürst, Anita Schmid (Leitung Heimatwerk), LH Christopher Drexler, Simon Koiner-Graupp (GF Volkskultur Stmk. GmbH), Christine Fürst
- Foto: Land Steiermark
- hochgeladen von Andrea Sittinger
Offiziell werden für Kundenanfragen erst ab November Nadel und Faden "geschwungen", ein erster inoffizieller Startschuss fiel bereits am Montag, als die Herrenschneiderei von Landeshauptmann und Volkskulturreferent Christopher Drexler besucht und eröffnet wurde. Drexler fädelte dabei als Startschuss mit dem Ehepaar Hans und Christine Fürst den ersten Faden für das "Weiterspinnen" steirischer Trachtenhandwerkskunst ein. Und dabei hatte der Volkskulturreferent gleich zweifachen Grund zur Freude: Einerseits darüber, dass "so ein volkskultureller Schatz weiterlebt und das Wissen um die Trachtenfertigung der Firma 'Loden Fürst' erhalten" werden konnte. Andererseits, weil "mir beim Altausseer Kirtag eine Hose gerissen ist und ich gleich einmal eine Reparatur in Auftrag geben werde." Aber er werde sich auch demnächst kompetent für einen neuen Steireranzug beraten und einkleiden lassen", so Drexler.
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